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Tennis: Petkovic ist nicht die neue Gräfin

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Petkovic ist nicht die neue Gräfin

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    Andrea Petkovic ist auf dem Weg in die Weltklasse. Steffi Graf hat sie jahrelang bestimmt.
    Andrea Petkovic ist auf dem Weg in die Weltklasse. Steffi Graf hat sie jahrelang bestimmt. Foto: dpa

    Der Ritterschlag dauerte 45 Minuten. So lange gab sich die Gräfin vor Kurzem höchstselbst die Ehre und schlug mit Newcomerin Andrea Petkovic ein paar Bälle. Anschließend lobte Steffi Graf die 23-Jährige, von der manche bereits sagen, sie trete in ihre Fußstapfen, in höchsten Tönen. „Wir werden noch viel von ihr sehen“, schrieb Graf auf ihrer Facebook-Seite. Setzt Petkovic in Stuttgart beim Fed Cup ihre Erfolgsserie fort, schafft sie es gar bei den anstehenden French Open noch einmal ins Viertelfinale, wird das Bedürfnis nach einer neuen deutschen Tennislegende steigen. Der Vergleich mit Steffi Graf verbietet sich.

    Graf beherrschte die Szene. 22 Grand-Slam-Siege und 377 Wochen auf Ranglistenplatz eins sprechen eine deutliche Sprache. Doch damit nicht genug: Die Gräfin drückte dem Frauentennis mit ihrer Eleganz und Variabilität einen unverwechselbaren Stempel auf. Auch darin offenbart sich ein zentraler Unterschied zwischen Graf und Petkovic. Grundsätzlich lässt sich das Frauentennis damals und heute nicht mehr miteinander vergleichen.

    Petkovic spielt so, wie es fast alle Spielerinnen unter den Top 20 tun. Kraftvoll, laufstark, schnörkellos. Ob Maria Sharapova, Jelena Jankovic oder die Weltranglistenerste Caroline Wozniacki, im Frauentennis dominiert das zwar athletische, jedoch kaum variable Grundlinienspiel, ohne großen Schnitt und ohne Netzspiel. Überraschende Momente sind Mangelware. Nur Nuancen im Stil trennen die Top-Leute, die weiterhin vom Power-Tennis der Williams-Schwestern inspiriert sind. Petkovic reiht sich ein in diese Spielerinnen-Generation, die – anders als bei den Männern – gleichförmig daherkommt. Unterschiedliche Spielertypen wie zu Grafs Zeiten gibt es kaum noch.

    Mit Ballkünstlerin Justine Henin trat zu Saisonbeginn eine der letzten Individualistinnen ab. Das Frauentennis kann sich glücklich schätzen, dass zumindest Kim Clijsters nach ihrer Babypause auf die Tour zurückgekehrt ist. Sie hat das Power-Tennis ihrer Kolleginnen fast bis zur Perfektion verinnerlicht. Wirklich anders spielt jedoch auch die Belgierin nicht.

    Positiv machte zuletzt die Italienerin Francesca Schiavone von sich reden. Mit ihrer einhändigen Rückhand und ihrem offensiven Spiel am Netz wirkt die 30-Jährige fast wie ein Relikt aus alten Zeiten. Doch Schiavone steht am Ende ihrer Karriere. Nachfolgerinnen, die ebenso technisch variabel spielen wie sie, sind nicht in Sicht. Petkovic ist es bislang ebenso wenig, so erfrischend die 23-Jährige für den Tennissport in Deutschland ist. Wer im heutigen Frauentennis ernsthaft in die Fußstapfen einer Steffi Graf treten will, darf nicht nur im Pulk mitspielen, sondern muss sich auf lange Sicht deutlich von der Konkurrenz unterscheiden.

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