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Kommentar: Schafft die Relegation ab!

Kommentar

Schafft die Relegation ab!

Florian Eisele
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    Holstein Kiel scheiterte in der Relegation am VfL Wolfsburg.
    Holstein Kiel scheiterte in der Relegation am VfL Wolfsburg. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    Wahrscheinlich gibt es stilvollere Möglichkeiten, eine Niederlage anzunehmen. Dominic Peitz, Mittelfeldspieler bei Holstein Kiel, machte seinem Ärger über das Scheitern seiner Mannschaft gegen den VfL Wolfsburg aber dennoch Luft. Dass am Ende feststand, dass Kiel auch kommende Saison in Liga zwei spielt und der deutsche Meister von 2009 nach der zweiten Katastrophensaison in Folge in der Bundesliga bleibt, sei angesichts der Ausgangssituation auch erwartbar, sagte der 33-Jährige. Die Spieler von Bruno Labbadia hätten sich in zwei Spielen gegen den Underdog zusammen gerissen, während sie in der "restlichen Saison vielleicht mehr damit beschäftigt waren, ihr Geld zu zählen". Was folgte, war eine Fundamentalkritik am Modus: "Es ist zweifelhaft, wenn der Bundesligist einen Rettungsring zugeworfen bekommt und man den Dritten der 2. Liga im deutschen Fußball sein Märchen nicht fortführen lässt."

    Wolfsburgs Etat liegt bei knapp 80 Millionen Euro, der von Kiel bei 6,2 Millionen Euro

    Das ist etwas polemisch formuliert, aber Peitz trifft mit seiner Aussage den Kern des Problems. Die 2009 wieder eingeführte Relegation zwischen dem 16. der Bundesliga und dem Dritten aus Liga 2 - in aller Regel wird sie von dem Bundesligisten genutzt, um den Hals aus der Schlinge zu ziehen. In bislang zehn Duellen seit der Wiedereinführung setzte sich der Zweitligist nur zwei Mal (Nürnberg 2009 und Düsseldorf 2012) durch. Die letzten sechs Relegationen gingen sogar in Folge an den Erstligisten. Das ist eigentlich auch wenig verwunderlich, wenn man sich die finanziellen Ausgangslagen der Klubs ansieht: Wolfsburg hat einen Etat von 80 Millionen Euro, der von Kiel liegt bei 6,2 Millionen. Oder, um es mit Kiels Abwehrspieler Dominik Schmidt zu sagen: "Eine Mannschaft, die sich in der 2. Liga den Arsch aufreißt, muss sich in zwei Spielen gegen eine Mannschaft behaupten, die einen Etat wie in der Champions League hat."

    Das öffentlich formulierte Argument bei Einführung der Relegation lautete, dass damit eine zusätzliche Spannung geschaffen werden sollte. Von Spannung war bei beiden Spielen zwischen Wolfsburg und Kiel nicht wirklich viel zu sehen, zu dominant wirkte der in der Bundesligasaison oft taumelnde Bundesligist gegen das Team, das erst vor einem Jahr aus der 3. Liga aufgestiegen war. Um Spannung ging es aber wohl auch nie. Sondern um zusätzliche Einnahmen durch die TV-Übertragung und eine zusätzliche Absicherung der Bundesligaklubs gegen einen möglichen Abstieg.

    Wer im Profi-Fußball oben steht, dem wird es leichter gemacht

    Es ist ein Muster, das sich durch den gesamten Profi-Fußball zieht: Wer oben ist, dem wird es leichter gemacht dort zu bleiben. Und wer von unten kommt, muss ziemlich strampeln, um hoch zu kommen. Zu sehen ist das zum Beispiel in der Champions League: Dort reichten Borussia Dortmund in dieser Saison zwei Unentschieden und vier Niederlagen in sechs Spielen, um als Dritter nicht etwa auszuscheiden, sondern in der Europa League weiter spielen zu dürfen. Andererseits reicht es dem TSV 1860 München nicht, Meister in der Regionalliga geworden zu sein, um aufzusteigen. Die Löwen - und mit ihnen fünf weitere Viertligisten - müssen in Play-off-Spielen die drei Aufsteiger in Liga 3 ermitteln. Für drei Regionalligisten wird die grandiose Saison also rein gar nichts wert sein.

    TV-Quoten: Ohnehin interessiert sich kaum jemand für die Relegationsspiele

    Und dann gibt es eben die Relegationsspiele zwischen Bundesliga und 2. Liga. Diese bergen keine Spannung, sondern fungieren für Zweitligisten als zusätzliche Hürde. Großes Interesse finden die Partien, die zwischen den Finalspielen des DFB-Pokals und der Champions League stattfinden, ohnehin nicht. Zumal sie in diesem Jahr ausschließlich im Pay-TV beim Eurosport Player zu sehen waren. Der große Aufschrei, dass die beiden Spiele nur gegen Geld zu sehen waren, blieb aus. Die Zusammenfassung des Hinspiels im Free-TV sahen sich nur 2,2 Millionen Zuschauer an. Doch schon im Vorjahr, als ebenfalls der VfL Wolfsburg gegen Braunschweig gewann (die Mannschaft, die mittlerweile in die 3. Liga abgestiegen ist), sahen nur knapp sechs Millionen Zuschauer zu. Damals wurde beide Spiele live in der ARD übertragen. Vielleicht ist das Interesse ja auch deswegen so gering, weil doch irgendwie klar ist, wie das Spiel ausgeht?

    Wenn es der Deutschen Fußball Liga tatsächlich um den Sport, um den Wettbewerbsgedanken und um so etwas ähnliches wie Chancengleichheit geht, kann es nur eine Lösung geben: Diese Relegationsspiele müssen schleunigst wieder abgeschafft werden. Oder, um Dominic Peitz zu zitieren: Was wäre es denn für ein Märchen gewesen, wenn Holstein Kiel in zwei Jahren von der 3. Liga in die Bundesliga aufgestiegen und damit der erste Erstligist des Bundeslandes Schleswig-Holstein geworden wäre?

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