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Randbemerkung: Schweinsteiger als Kapitän - nicht die beste Wahl

Randbemerkung

Schweinsteiger als Kapitän - nicht die beste Wahl

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    Bastian Schweinsteiger ist neuer Kapitän der Nationalmannschaft.
    Bastian Schweinsteiger ist neuer Kapitän der Nationalmannschaft. Foto: Federico Gambarini dpa

    Sechs Wochen war das Land nun ohne Kapitän. Seit Philipp Lahm die Republik mit seinem Rücktritt aus der Nationalelf überrascht hat, schippert Deutschland ohne einen seiner wichtigsten Steuermänner durch die Zeit. Trotzdem alles gut gegangen. Es ist ja auch keinem aufgefallen. Nur jetzt, da Argentinien antritt, um für das verlorene WM-Finale Revanche zu nehmen, war dieser Zustand nicht mehr haltbar. Also hat Joachim Löw entschieden und Bastian Schweinsteiger zum Lahm-Nachfolger gewählt.

    Eine naheliegende Entscheidung. Der Münchner war bislang „Vize“, Löws „emotional leader“. Er hat das WM-Finale im Stile eines altgedienten Kapitäns geprägt. Ihn nicht zu befördern, hätte er als Affront empfunden. Trotzdem hätte es Gründe gegeben, einen anderen zu berufen. Schweinsteiger ist oft verletzt. Dann fehlt der Kapitän. Zudem ist Kommunikation im öffentlichen Raum nicht seine größte Stärke.

    Der Erste, der zum Anpfiff aufs Spielfeld läuft

    Mag er in die Mannschaft hinein den Ton prägen, nach außen, vor allem in kritischen Situationen, kann er seinem Vorgänger nicht das Wasser reichen. Khedira oder Hummels wären die bessere Wahl gewesen. Aber Jogi hat abgestimmt, nicht die Mannschaft. Kapitän wird man von Trainers Gnaden.

    Die Mannschaft bräuchte keinen Kapitän, wenn nicht einer der Erste sein müsste, der zum Anpfiff aufs Spielfeld läuft. Zudem muss einer zur Seitenwahl antreten und die Weihnachtsgeschenke für den Trainer besorgen.

    Manch Auserwählter leitet daraus eine Sonderstellung gegenüber dem Unparteiischen ab, die im Regelwerk allerdings nicht vorgesehen ist. Der Schiedsrichter erinnert den Kapitän daraufhin gerne mit einer Gelben Karte an die tatsächlichen Machtverhältnisse auf dem Platz.

    Dass der Kapitän (engl. Captain, frz. Capitaine, span. Capitano) im Deutschen auch Spielführer heißt, leitet ebenfalls in die Irre. Oft führt er das Spiel gar nicht. Steht im Tor, ganz vorne, ganz hinten oder auf einem Außenposten. Dass er Spielführer heißt, entspringt der alten Vorstellung und nicht nur der Deutschen, dass es ohne Chef nicht geht.

    Lahm war kein Alphatier

    Das Gegenteil ist der Fall. Philipp Lahm war weder Chef noch Spielführer. Er war auch kein Alphatier wie sein Vorgänger, der von Jürgen Klinsmann zum einzigen deutschen Capitano ernannte Michael Ballack.

    Ballack hat Gräben gezogen, Lahm hat sie zugeschüttet. Ein Teamplayer mit kommunikativem und diplomatischem Talent, der als Spieler in seinem Fach über jeden Zweifel erhaben war.

    Wenn einem das Amt vor allem Arbeit und Ärger beschert, warum will einer dann Kapitän werden? Es ist wie mit allen Spitzenämtern. Es hebt den einzelnen aus der Masse heraus, verschafft Gestaltungsräume und – im Fall des Fußball-Kapitäns – beschert es das Vorrecht, als Erster Hand an die Trophäe zu legen.

    Deshalb Glückwunsch, Bastian Schweinsteiger.

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