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Tischtennis: Tischtennis: Darum gibt es nun einen neuen Ball

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Tischtennis: Darum gibt es nun einen neuen Ball

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    Optisch gibt es zwischen dem alten und dem neuen Tischtennisball keine Unterschiede.
    Optisch gibt es zwischen dem alten und dem neuen Tischtennisball keine Unterschiede. Foto: Ulrich Wagner

    Die Zeiten der Zelluloidballartisten, so werden Tischtennisspieler auch genannt, gehören bald der Vergangenheit an. Denn das aus Zelluloid hergestellte Spielgerät ist gerade dabei, auf das Altenteil verabschiedet zu werden. Dies hat der Internationale Verband entschieden. Tischtennis, im Volksmund auch Pingpong genannt, soll künftig mit Plastikkugeln gespielt werden. Damit geht eine mehr als 100-jährige Ära zu Ende.

    Auf internationaler Ebene und in den höheren nationalen Spielklassen in Deutschland ist der neue Ball bereits seit 1. Juli Pflicht. In den unteren Ligen herrscht in der kommenden Spielzeit noch freie Ballwahl.

    Kartons mit Zelluloidbällen sind als Gefahrgut deklariert

    Dass den Zelluloidkugeln der Garaus gemacht wird, hat mit dem Sicherheitsdenken des Weltverbandes zu tun. Zelluloid wird als gesundheitsschädlich eingestuft und ist leicht entflammbar. Deshalb werden Kartons mit Zelluloidbällen auch als Gefahrgut deklariert.

    Im Tischtennissport gab es in der Vergangenheit schon einige einschneidende und auch umstrittene Regeländerungen. Die Farben der Schlägerbeläge müssen seit vielen Jahren auf beiden Schlägerseiten verschieden sein, das Zählsystem wurde geändert, die Sätze von 21 auf elf Punkte verkürzt, die Bälle von 38 auf 40 Millimeter vergrößert.

    Entscheidung hat heftige Diskussionen ausgelöst

    Korrekturen, die zunächst für heftige Diskussionen und Ärger sorgten, allerdings auch plausible Gründe hatten: Tischtennis wollte sich zuschauer- und medienfreundlicher präsentieren. Dabei ist dieses aus England kommende Spiel seit Jahrzehnten ein echter Breitensport. Rund vier Millionen Deutsche greifen mehrmals im Jahr zum Schläger. Beim Deutschen Tischtennisbund (DTTB) sind 700000 Mitglieder gemeldet.

    Wir waren neugierig, wie es sich mit dem neuen Plastikball denn spielen lässt. Ist er härter? Ist er weicher? Besitzt er andere Flugeigenschaften? Zunächst war es gar nicht so einfach, an das neue Spielgerät zu kommen. Beim SC Biberbach (Landkreis Augsburg) etwa, der insgesamt neun Mannschaften im Spielbetrieb hat, wird zumindest in der kommenden Saison noch mit den herkömmlichen Kugeln trainiert und gespielt.

    „Wir haben noch einige hundert Zelluloidbälle. Wir brauchen zunächst mal unsere Bestände auf“, sagt Abteilungsleiter Markus Wirth. Zumal auch die neuen Plastikkugeln teurer sind als das bisherige Material.

    Wirth kritisiert, wie viele seiner Kollegen, vor allen Dingen die freie Ballwahl in der neuen Spielzeit. „Das kann bei Spielen zu kuriosen Situationen führen. Am Freitag spiele ich gegen eine Mannschaft mit Zelluloid-, zwei Tage darauf gegen ein Team mit Plastikbällen.“

    Versorgung läuft noch zögerlich

    Auch im Handel ist man gespannt, wie sich die Dinge entwickeln. Im Moment werden die neuen Bälle nur in China produziert. Die Versorgung der restlichen Tischtenniswelt läuft noch etwas zögerlich. Franz Kaps, der in Augsburg ein Fachgeschäft, die „Tischtenniskiste“, betreibt, hat die Bälle schon im Angebot. Er hofft, in den nächsten Monaten bei seinen Bestellungen richtigzuliegen, „solange mit beiden Bällen gespielt werden darf“.

    In seinem Laden konnten wir auch die neuen Bälle testen. Rein optisch ist die Plastikkugel vom alten Ball nicht zu unterscheiden. Größe, Gewicht und Farbe sind identisch, nur der Klang beim Aufprall auf die Platte ist neu und gewöhnungsbedürftig. Statt des vertrauten „Ping“ und „Pong“ wird bald nur ein Plock-Plock-Ton zu hören sein.

    Neuer Ball könnte Nachteil für Abwehrspieler sein

    Zudem wirkt der neue Ball etwas träger. Gerade für Konterspieler dürfte die Umstellung deshalb nicht zu groß sein. Abwehrspieler mit langen Noppen könnten allerdings im Nachteil sein. Doch Kaps, der selbst seit 35 Jahren im Verein am Tisch steht, warnt vor endgültigen Urteilen: „Die Produkte sind noch nicht ausgereift, da wird sich in den kommenden Jahren sicher noch einiges verbessern.“

    Deutschlands Superstar Timo Boll machte zunächst aus seiner Abneigung gegen den Plastikball kein Hehl, hat mittlerweile seine Meinung aber revidiert. „Die neuen Bälle sind fast besser, härter und leichter zu kontrollieren. Ich denke, man wird sich daran gewöhnen“, erklärte der Nationalspieler jetzt.

    Ein Streit um das Patent bahnt sich an

    Trotzdem, es sind noch Fragen offen. Das Patent für den zelluloidfreien Ball besitzt die Würzburgerin Insook Yoo. Sie ist mit dem Physikprofessor Joachim Kuhn verheiratet, der bis zum vergangenen Jahr im Material-Ausschuss des Weltverbandes tätig war. Beim Tischtennis-Weltverband (ITTF) ist man darüber natürlich alles andere als erfreut.

    Doch der bisherige Präsident des internationalen Verbandes, Adham Sharara, ist sich sicher, dass dieses Patent dem Internationalen Verband gehört, „denn Kuhn hat dies als Mitglied des ITTF-Komitees geleistet“. Doch Kuhn möchte davon nichts wissen, „denn das Patent gehört meiner Frau“. Rechtlich eine sehr verzwickte Situation.

    Probleme, um die sich künftig ein Deutscher kümmern muss. Denn seit 1. September heißt der neue Präsident des Weltverbandes Thomas Weikert. Der 52-jährige Rechtsanwalt aus Limburg löst den langjährigen Tischtennis-Chef Sharara an der Verbandsspitze ab. Auch er kann eine Frage noch nicht beantworten: Wie wirkt sich der Ballwechsel auf diese Sportart aus?

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