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Tennis: Was hat er, was andere nicht haben?

Tennis

Was hat er, was andere nicht haben?

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    Am Samstagabend, bei der traditionellen „Fashion Night“ der Gerry Weber Open, hatte sich Alexander Zverev noch ein kleines Scherzchen auf Kosten Roger Federers erlaubt: Es sei doch unglaublich, hatte der 20-jährige Hamburger vor 1600 Partygästen in Richtung des Maestro gesagt, „was du in deinem Alter noch alles leistest“. Federer, inzwischen 35 Jahre alt, nahm es dem Youngster nicht krumm bei der lockeren Talkrunde und pflichtete ihm augenzwinkernd bei: „Genau richtig, Sascha. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Und selbstverständlich ist das alles sowieso nicht, schon gar nicht in diesem Jahr.“

    Am Tag danach dann war das Staunen bei allen Beteiligten nicht geringer geworden. Nicht bei Federer, der auf dem Centre Court in Halle mit jugendlicher Frische zu seinem neunten Titel stürmte und Zverev beim 6:1, 6:3 in 53 Minuten eine kostenlose Lehrstunde in der eigenen Paraderolle als Rasenflüsterer erteilte. Und auch nicht bei Zverev, dem leicht konsternierten Statisten, der anschließend bekannte: „Er spielt Wahnsinns-Tennis. Ich glaube nicht, dass noch einmal ein Spieler erreichen wird, was er erreicht hat. Es ist immer eine Freude, gegen ihn zu spielen. Außer heute natürlich.“ Das Traumfinale jedenfalls, der angedachte Höhepunkt sogar der 25-jährigen Turniergeschichte, geriet so zum kurzen, äußerst flüchtigen Vergnügen.

    Es war tatsächlich an diesem 25. Juni auch das nächste Ausrufezeichen in einer Spielzeit 2017, in der Federer selbst für seine Verhältnisse oft das scheinbar Unmögliche möglich macht. „Ich kann das auch nur mit einem Wort beschreiben: Unfassbar. Das ist der Hammer, einfach nur verrückt“, sagte Federer, der aus einer sechsmonatigen Verletzungspause heraus zunächst den Sensationscoup bei den Australian Open gelandet hatte und dann auch noch als Sieger aus den Wettspielen bei den ATP-Masters-Wettbewerben in Indian Wells und Miami hervorgegangen war.

    „Ich hoffe, dass mir die klasse Woche hier in Halle auch in Wimbledon hilft“, sagte Federer hinterher, nach der neuerlich geglückten Titelmission von Halle. Federer hat vor dem Grand-Slam-Turnier, das wie immer ganz im Zentrum seiner Aufmerksamkeit und Arbeit steht, wieder rechtzeitig seine Form gefunden. Vor zwei Wochen hatte er sich mit seiner Auftaktniederlage in Stuttgart gegen Tommy Haas selbst unter Druck gesetzt. „Du gehst schon mit einer gewissen Nervosität ins Rennen, wenn du weißt, dass du nicht viele Möglichkeiten mehr hast, in Schwung zu kommen“, so der Schweizer.

    Doch dann fand Federer seinen Rhythmus schnell – und besonders gegen deutsche Konkurrenz. Er schlug Zverevs Bruder Mischa in der zweiten Runde, Titelverteidiger Florian Mayer im Viertelfinale und dann noch den neuen nationalen Hoffnungsträger Alexander Zverev.

    Federer hat schon immer diebisches Vergnügen daran, sich mit den jüngeren Herausforderern zu messen, dieser besondere Thrill in Generationen-Duellen zieht sich wie ein roter Faden durch seine Karriere. Auch gegen die Posterboys aus der sogenannten NextGen-Kampagne der ATP Tour hat er bisher nur einmal verloren, im vergangenen Jahr gegen Alexander Zverev, als ihm im Halle-Halbfinale die Knie und der Rücken zwickten. Er hatte deshalb auch noch eine Rechnung offen mit dem jungen Deutschen.

    Federer beglich sie eindrucksvoll: Noch ist er die große Autorität in Halle. Der Mann, der elf Mal bei 15 Teilnahmen das Finale erreicht hat. Nirgendwo in der weiten Welt des Profitennis hat Federer häufiger gewonnen als hier an den Ausläufern des Teutoburger Waldes, in dieser abgeschiedenen Beschaulichkeit, die er so sehr schätzte und schätzt – nämlich zwischen den stressigen, hektischen Grand-Slam-Turnieren in Paris und London. „Als ich dieses Jahr nach Halle abreiste, sagten mir meine Töchter: Können wir nicht dahin reisen, und du bleibst dann hier“, sagte Federer, „sie mögen es immer, hier im Wald spazieren zu gehen.“ Daddy Federer musste das leider ablehnen, er wird höchstselbst gebraucht. Der ewige König von Halle.

    Zverev indes konnte sich nicht einmal mit einem Sieg im Doppel trösten. Im Anschluss an das Endspiel gegen Federer verlor er an der Seite seines Bruders Mischa das Finale gegen das polnisch-brasilianische Duo Lukasz Kubot/Marcelo Melo 7:5, 3:6, 8:10.

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