„Wer was ändern will, muss auffallen!“
Seit seiner Geburt hat Benedikt Lika eine Stoffwechselkrankheit und sitzt im Rollstuhl. Doch er will für die Normalität des Verschiedenseins sensibilisieren - mit Musik.
Behinderte haben es oft unnötig schwer in unserer Gesellschaft. Einer, der sich damit nicht abfindet, sondern sich einfallsreich und vielseitig engagiert, ist der Augsburger Benedikt Lika. Seit seiner Geburt hat er eine Stoffwechselkrankheit und sitzt im Rollstuhl. Sein Ziel ist es, die Gesellschaft für die „Normalität des Verschiedenseins“ zu sensibilisieren.
Taktstock als Therapie
Dabei spielt die Musik eine große Rolle. Sie bedeutet für ihn, die Behinderung zu überwinden. „Sobald ich als Dirigent den ersten Taktschlag gebe, interessiert die Behinderung nicht mehr. Musik ist ein Brückenbauer“, meint er. Die musische Begabung liegt bei den Likas in der Familie. Vater Peter Lika ist erfolgreicher Opern- und Konzertsänger auch Mutter Heidi ist sehr musikalisch.
Ebenso wie seine drei Brüder, Peter, Maximilian und Matthias, wurde Benedikt Lika von klein auf musikalisch gebildet. Im Alter von sechs Jahren bekam er erstmals Klavierunterricht. Alle vier Jungs sangen bei den Augsburger Domsingknaben und besuchten das musische Gymnasium St. Stephan (Matthias macht dort heuer sein Abitur), waren im Schulorchester. Nach dem Abitur im Jahr 2003 hat der Augsburger Musikwissenschaft studiert.
Steckenpferd als Doktorarbeit
Derzeit schreibt er seine Doktorarbeit über „Musiker mit Behinderung“. „Da gibt es bislang nur wenig Material, ich muss daher viel selbst forschen und kann keinen ,Guttenberg-Effekt‘ nutzen“, sagt er lachend. Sein Steckenpferd ist das Projekt „Roll and Walk“.
Doch nicht nur musikalisch ist Benedikt Lika aktiv. Er ist viel unterwegs, um sich für Behinderte und ihre Interessen stark zu machen. So war er beispielsweise kürzlich bei einem Kongress für Sonderschulpädagogik in Reutlingen und hat über seine Erfahrungen berichtet.
Von Anfang an war es für ihn und seine Eltern selbstverständlich, dass er in die normale Regelschule ging. „Ich habe dabei festgestellt, dass vieles an Unterstützungsarbeit ganz einfach und selbstverständlich von Klassenkameraden übernommen wird.“
Keine Lust auf Mathe
Dadurch sei ein ganz anderes Sozialgefüge in der Klasse entstanden. „Und die Mitschüler hatten durchaus auch ihre Vorteile durch mich“, erinnert er sich. „Da wurde beispielsweise kurzerhand die Luft aus dem Reifen des Rollis gelassen, wenn die Lust auf Mathe mal nicht so groß war“, erzählt er schmunzelnd. „Bevor der Unterricht starten konnte, musste man ganz dringend erst den Reifen reparieren“.
Seit zwei Jahren ist Benedikt Lika auch politisch aktiv in der Jungen Union und dort Mitglied im Bezirksvorstand. „In den Arbeitskreisen Kultur und Soziales versuche ich meine Kompetenzen einzubringen und das gelingt mir ganz gut“, ist er zuversichtlich. Er ziehe auch viel Kraft aus der politischen Arbeit, denn es tue gut, wenn man Respekt und Wertschätzung von engagierten Bürgern erfahre. Dr. Christian Ruck nahm ihn bei einem Treffen von Behinderten mit in den Deutschen Bundestag.
Wo stehen wir - wo geht es hin?
Ein großes Thema ist für ihn auch die Mobilität in Augsburg. Er bringt verantwortliche Politiker und Wirschaftsvertreter an einen Tisch, um zu diskutieren: Wo stehen wir – wo geht es hin. „Bei den vielen Baumaßnahmen haben wir jetzt große Chancen, dass Augsburg barrierefrei und rollstuhlgerecht wird. Dabei ist jedoch das Gespräch miteinander wichtig. Nur wer sich austauscht, kann sich gegenseitig voranbringen“, vertritt Benedikt Lika. „Es profitieren längst nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch junge Familien mit Kinderwägen und die steigende Zahl von Benutzern von Rollatoren“.
„Jetzt ist es an Zeit, dass wir noch mehr machen“, fordert er auf. „Wer etwas verändern will, muss auffallen! Wir Menschen mit Behinderung fallen von Natur aus auf, das müssen wir mehr nutzen“, meint er. „Je mehr Behinderte sich politisch engagieren desto schneller werden beispielsweise die UN-Richtlinien für Inklusion umgesetzt. Inklusion ist kein Gnadenakt, sondern ein Menschenrecht, das uns zusteht!“
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