Startseite
Icon Pfeil nach unten
alfa unplatziert
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Mit 50 Jahren schon dement: "Ein Horrortrip für Angehörige"

Augsburg

Mit 50 Jahren schon dement: "Ein Horrortrip für Angehörige"

    • |
    Ein Spaziergang im Sinnesgarten der Tagesbetreuungseinrichtung „Malta“ hilft den dementen Patienten.
    Ein Spaziergang im Sinnesgarten der Tagesbetreuungseinrichtung „Malta“ hilft den dementen Patienten. Foto: Marcus Merk

    Claus Müller* war erst Mitte 40, als er zwei Schlaganfälle hatte. Danach veränderte er sich, wurde unruhig, uneinsichtig, aggressiv – Jahre später stellten Ärzte die Demenzerkrankung des heute 52-Jährigen fest: Eine Diagnose, die das Familienleben des Augsburgers auf den Kopf stellte.

    Im Gegensatz zur Altersdemenz, die vor allem das Kurzzeitgedächtnis betrifft, findet die frontotemporale Demenz, an der Müller leidet, in dem Bereich des Gehirns statt, der für die Persönlichkeit verantwortlich ist. Laut Neurologen ein „Horrortrip für Angehörige“. Da die Erkrankung in der Regel zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auftritt, werden Betroffene aus ihrer Lebenssituation gerissen und benötigen trotz oder gerade wegen der körperlichen Fitness eine Rundumbetreuung im Alltag.

    Müllers gleichaltrige Lebengefährtin Annette Korn* erzählt: „Einmal kam ich nach Hause und das ganze Haus war voller Leute. Er hatte Gäste eingeladen und mir nicht Bescheid gesagt. Manchmal werkelt er stundenlang an etwas herum und macht wohl mehr kaputt als er repariert.“

    Ein Drahtseilakt zwischen Besorgnis, Pflege und eigenen Bedürfnissen

    Neben ihrer Vollzeit-Beschäftigung kümmert sich Annette Korn rund um die Uhr um ihren Lebensgefährten: „Tagsüber ist er alleine. Diese Vorstellung ist unheimlich belastend. Sobald ich da bin, passe ich auf, dass nichts passiert.“ Dabei kommen ihre eigenen Bedürfnisse zu kurz. Gleichzeitig geht es ihr wie vielen Angehörigen: Sie sind besorgt, möchten ihre Lieben vor Gefahren schützen und nehmen ihm die alltäglichen Aufgaben ab – dabei ist Aktivität für die Betroffenen extrem wichtig.

    Unterstützung bekommt sie seit März durch die Tagesbetreuungseinrichtung „Malta“ der Malteser Augsburg. „Malta“, in Steppach gelegen, ist auf die Förderung von Menschen in der Frühphase der Demenz sowie die Unterstützung pflegender Angehöriger von Anfang an spezialisiert.

    Damit sei sie die einzige Tagesstätte dieser Art im Raum Augsburg, sagt Einrichtungsleiter Michel Goetze: „Auf einen Betreuer kommen etwa drei Betroffene. So können wir in Kleingruppen individuell auf jeden Einzelnen eingehen.“ Im Fokus stehen Aktivitäten und die Förderung sozialer Kompetenzen – mit therapeutischen Mitteln, aber auch beim Essen und Spazierengehen.

    Entlastung und Beratung für Angehörige

    Dank „Malta“ weiß Annette Korn ihren Lebensgefährten zumindest an zwei Tagen pro Woche in professionellen Händen. Sie kann wichtige Dinge erledigen und hat einen Ansprechpartner, wenn es um finanzielle oder organisatorische Angelegenheiten geht, etwa Forderungen an die Krankenkasse. Allein sei die Situation nicht zu bewältigen.

    Trotz aller Vorzüge ist es in der Frühphase der Demenz manchmal nicht leicht, die Betroffenen davon zu überzeugen, eine Tagesstätte zu besuchen. Auch Annette Korn musste ihrem Lebensgefährten Malta erst „schmackhaft“ machen: „Weil er gerne kocht, haben wir ihm gesagt, dass die Einrichtung seine Hilfe braucht. Nachdem er das erste Mal da war, hat es ihm so gut gefallen, dass er gleich wieder hingehen wollte.“ (AZ/kru)

    Tagesbetreuung „Malta“ im Malteser „Begegnungshaus im Park“
    Einrichtungsleiter: Michel Goetze
    Tel: 0821/48651-90
    E-Mail: michel.goetze@malteser-augsburg.de

    *Namen geändert

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden