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Ausbildung: Darum beneidet Donald Trump unsere duale Berufsausbildung

Ausbildung

Darum beneidet Donald Trump unsere duale Berufsausbildung

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    Die Handwerkskammer für Schwaben baut auf ihrem Gelände ein neues Berufsbildungs- und Technologiezentrum. Dort können Azubis in Ruhe und ohne Zwänge ihre Fähigkeiten ausbauen.
    Die Handwerkskammer für Schwaben baut auf ihrem Gelände ein neues Berufsbildungs- und Technologiezentrum. Dort können Azubis in Ruhe und ohne Zwänge ihre Fähigkeiten ausbauen. Foto: Annette Zoepf

    Die Chinesen wollen sie, die Koreaner auch. Die Kroaten sind interessiert, genauso die Slowaken, Spanier und Griechen. Und sogar Donald Trump, der sonst kein gutes Wort für Deutschland übrig hat, ist von ihr begeistert. Er lobte Kanzlerin Angela Merkel sogar bei ihrem ersten Besuch für den guten Job, den die Deutschen gemacht haben. Und meinte damit die duale Berufsausbildung.

    Hierzulande ist es eine Selbstverständlichkeit, dass, wer eine Ausbildung macht, gleichzeitig im Betrieb und an der Schule lernt und dafür bezahlt wird. In anderen Ländern ist das unvorstellbar. Wer dort etwas lernt, geht nur zur Schule. Doch immer wieder heißt es, die duale Ausbildung sei einer der Gründe, warum Deutschland wirtschaftlich so gut dasteht, warum die Jugendarbeitslosigkeit so gering ist. Wie es heißt, will Angela Merkel das Erfolgsmodell auch zum Thema beim G20-Gipfel machen. Es ist also an der Zeit, sich umzugucken, und dem Geheimnis hinter dem Erfolg auf die Spur zu kommen.

    Gesellen müssen alle Bereiche ihres Berufes beherrschen

    Ein guter Ort, um mit der Suche zu beginnen, ist die Handwerkskammer für Schwaben. Genauer gesagt ein graues Betongebäude auf dem Gelände der Kammer, das den Namen Berufsbildungs- und Technologie-Zentrum trägt. Es ist ganz neu, der erste Bauabschnitt wurde vor wenigen Tagen eröffnet. Dorthin kommen Azubis für die sogenannte Ülu, kurz für überbetriebliche Lehrlingsunterweisung. Der Gedanke dahinter ist, dass ein Handwerksgeselle, wenn er seine Ausbildung beendet, alle Bereiche seines Berufs beherrschen muss, auch wenn sich sein Lehrbetrieb, nur auf einen Bereich spezialisiert hat. In dem neuen Gebäude bekommen sie in Lehrwerkstätten die verschiedensten Dinge beigebracht.

    Das ist die duale Berufsausbildung

    In Deutschland besuchen Auszubildende zum einen die Berufsschule. Zum anderen arbeiten viele von ihnen auch in Betrieben mit. Es gibt allerdings auch Ausbildungen – etwa im Gesundheitswesen – die vor allem in der Berufsschule stattfinden.

    Was Azubis in der Schule und in ihren Betrieben lernen, ist festgelegt. Durch einen sogenannten Rahmenlehrplan in der Schule und einen Ausbildungsrahmenplan im Betrieb. Im Großen und Ganzen sind diese beiden Pläne in ganz Deutschland gleich. Allerdings gibt es die Möglichkeit für einzelne Betriebe und Bundesländer, die Vorgaben etwas zu individualisieren. Was in den Plänen steht, legen Arbeitgebervertreter, Gewerkschaften und Lehrer zusammen fest. Und sie passen es ständig neu an, wenn sich die Anforderungen ändern.

    Im Handwerk gibt es zu den beiden genannten Zügen noch einen dritten. Die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung – kurz Ülu. An ihr nehmen ebenfalls alle Lehrlinge teil. Sie gewährleistet, dass zum Beispiel ein Schreinerlehrling, der in einem Treppenbau-Betrieb arbeitet, am Ende seiner Ausbildung nicht nur Treppen bauen kann, sondern auch alle anderen Bereiche des Schreinerhandwerks beherrscht. (hhc)

    Im Erdgeschoss etwa üben Lehrlinge in eigenen Kabinen, wie man schweißt. Im erster Stock lernen Metallbauer riesige Fräsen zu bedienen. Ganz oben im zweiter Stock ist das Reich von Wolfgang Nowak. Er bildet Maler und Lackierer aus und präsentiert die neue Lackierkabine. Ein ganzes Auto passt hineinein. Wenn der zweite Bauabschnitt fertig ist, sollen die Fahrzeuge mit dem Aufzug nach oben befördert werden. Dann können die Azubis am Original üben, wie man Kotflügel lackiert. Wenn es mal nicht klappt, ist es – anders als im Betrieb – nicht so schlimm. „Unsere Azubis sollen einen geschützten Lernraum haben“, sagte Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Kammer.

    Betriebe und Staat wissen, was sie der dualen Ausbildung verdanken

    Die beiden Bauabschnitte kosten 46,5 Millionen Euro. Rund zwei Drittel davon werden vom Bund und dem Land Bayern übernommen. Den Rest zahlt die Kammer und damit ihre Mitglieder – also die Handwerksbetriebe. Das verdeutlicht: Sowohl die Betriebe als auch der Staat wissen, was sie der dualen Ausbildung verdanken. Ein ähnliches Beispiel findet sich bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben. Auch dort wurde neulich ein neues Prüfungszentrum eingeweiht. Bleibt die Frage: Warum ist das duale System so wertvoll?

    Weil nur durch dieses System gesichert ist, dass der Nachwuchs gut ausgebildet ist. Da sind sich die Vertreter des Handwerks und der Industrie und des Handels einig. Nur so besitzen die Azubis die nötigen Qualifikationen. „Der Vorteil ist, die Lehrlinge werden in Betrieben ausgebildet und der Unternehmer weiß genau, welche Fähigkeiten und Kenntnisse man in seinem Beruf braucht und auch wie sich die Arbeitswelt wandelt“, sagt Handwerksvertreter Wagner.

    Die Ausbildung ist für alle Berufe bundesweit einheitlich geregelt. „Jemand, der Mechatroniker in der Lüneburger Heide gelernt hat, kann mit seinem Abschluss genauso gut in Lindau arbeiten“, sagt Oliver Heckmann. Er kümmert sich bei der IHK um die Berufliche Bildung. Das System steht also für Praxisnähe und Qualität, die durch einheitliche Prüfungen gesichert wird. Lässt sich das auch exportieren?

    In den USA wollen Betriebe ihre Lehrlinge nicht bezahlen

    Ulrich Wagner ist skeptisch. „In den USA haben sie eine ganz andere Einstellung zu Bildung in der Gesellschaft“, sagt er. Das fange damit an, dass Betriebe dort nicht wissen, warum sie ihre Lehrlinge bezahlen sollen. „Und bei uns bezahlen die Betriebe ja auch noch, wenn der Azubi zur Ülu ins Bildungszentrum kommt“, sagt er. Außerdem stehe hinter dem System ein dichtes Netzwerk an Freiwilligen, das betonen Wagner und Heckmann. „Alleine für die IHK arbeiten in unserer Region 5000 ehrenamtliche Prüfer“, sagt Heckmann. Bei der HWK kommen noch einmal fast genauso viele dazu. „Diese Strukturen aufzubauen, halte ich für schwer“, sagt Wagner.

    Heckmann berichtet aber, dass deutsche Unternehmen, die im Ausland produzieren, Bedarf an gut ausgebildetem Personal haben. „Wenn man dort jemand aus der Schule anstellt und der muss eine komplizierte und teure Maschine bedienen, kann er natürlich einen großen Schaden anrichten.“ Deshalb arbeiteten deutsche Firmen daran, die duale Ausbildung zu exportieren.

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