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Diskussion um Nutella: Das Palmöl-Problem

Diskussion um Nutella

Das Palmöl-Problem

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    Indonesische Palmöl-Plantagen, soweit das Auge reicht. Oft geht dafür Regenwald verloren.
    Indonesische Palmöl-Plantagen, soweit das Auge reicht. Oft geht dafür Regenwald verloren. Foto: Bagus Indahono, dpa

    Ségolène Royal mag keine Nutella. Das stellte Frankreichs Vizepräsidentin unlängst klar. Ihre Landsleute rief sie sogar zu einem Boykott der Nuss-Nougat-Creme aus dem Hause Ferrero auf. Der Grund für ihre Empörung: Palmöl. Es kommt in fast allen Nahrungsmitteln vor und gilt als günstiges Grundprodukt in der Industrie. Den Preis dafür tragen Tiere und die Umwelt in Asien, Südamerika und Afrika, warnen Umweltschutzorganisationen. Für den Anbau der Ölpalmen wird Regenwald abgeholzt. Die Umweltschützer machen schon lange auf die Folgen des Massenkonsum des billigen Palmöls aufmerksam. Doch bisher führen sie einen aussichtslosen Kampf.

    Vor allem Indonesien spürt die Folgen

    Die Folgen der weltweiten Nachfrage nach Palmöl sind vor allem in Indonesien zu sehen. Seit dem Jahr 1950 verlor das von der Landwirtschaft geprägte Land fast 80 Millionen Hektar Waldfläche. Dies entspricht mehr als der doppelten Fläche Deutschlands. Auf nahezu unüberschaubaren Feldern wachsen heute Millionen Elaeis guineensis – Ölpalmen. Ihre Früchte, die wie Maiskörner anmuten, tragen das wertvolle Öl in sich. Der Urwald und damit auch die Tierwelt mussten ihnen weichen.

    Das hat aber nicht nur verheerende Folgen für die lokale Flora und Fauna, wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace weiß. Vor allem die Trockenlegung und Rodung der torfhaltigen Böden Indonesiens gefährdet das Weltklima. „Dort sind gewaltige Vorkommen Kohlendioxid gebunden“, erklärt Jannis Stöppel von Greenpeace. Er ist Fachmann für die Waldwirtschaft. „Sobald die Biomasse abgetragen und der Boden getrocknet ist, gelangt alles in die Luft. Und trägt damit massiv zum Klimawandel bei.“ Bereits heute ist Indonesien nach neusten Studien von Klimaforschern der drittgrößte Erzeuger des CO2-Gases. Nach den Vereinigten Staaten und China.

    In 68 Prozent der Lebensmittel steckt Palmöl

    Das Konsumverhalten der Deutschen ändert sich trotz dieser Umweltsünden jedoch nur wenig. Der große Palmöl-Check des World Wildlife Fund (WWF) ermittelte bereits im Jahr 2013, dass in 68 Prozent unserer Lebensmittel Palmöl vorkommt. Vor allem in industriellen Produkten. Von Schokolade bis zur Fertigpizza. Grund dafür ist die Beschaffenheit von Palmöl. Es schmilzt bei 30 bis 38 Grad und vermittelt so ein zartes Gefühl im Mund. Zudem ist es leicht anzubauen. Auf einen Hektar Land kommen ganze 3,69 Tonnen Ertrag. Rapsöl schafft im Vergleich nur 1,33 Tonnen. Kokosöl sogar nur 0,52 Tonnen. Zudem ist Palmöl in seinem Rohzustand gesund. So reduziert es die Anzahl der freien Radikalen im Körper, die für Krebsleiden und frühes Altern verantwortlich gemacht werden.

    Auch der WWF-Report macht klar: Palmöl ist kein schlechtes Öl. In vielen Ländern der Welt ist es als Nahrungsmittel nicht wegzudenken. In Europa ist es jedoch auch wegen seiner Verarbeitung umstritten. Raffiniertes Palmöl besteht zur Hälfte aus ungesättigten Fettsäuren. Sie erhöhen die Cholesterinwerte, können Herzleiden fördern und gelten als Dickmacher. Und dank Ségolène Royal hat Palmöl nun auch einen emotionalen Aspekt.

    Doch Frankreichs Vizepräsidentin ruderte nach nur kurzer Zeit zurück und entschuldigte sich bei Nutella-Hersteller Ferrero. Grund dafür waren auch die Umweltschützer von WWF und Greenpeace, die sich schützend vor den Konzern stellten. „Die Kritik ist richtig, trifft aber den Falschen“, sagt Ilka Petersen, die beim WWF das Thema Landnutzung betreut. „Ferrero gehört zu den Guten und geht sogar weiter, als alle Abkommen es verlangen.“ Nutella-Hersteller Ferrero sagt, man habe sich schon lange verpflichtet, nur nachhaltiges Palmöl zu verwenden. Für die Plantagen würden keine Primärwälder gerodet.

    Es gibt den Rohstoff auch aus unbedenklicher Herkunft

    Inzwischen gibt es beim Anbau und der Verarbeitung von Palmöl eine Gruppe von über 300 „good guys“, wie sie von Greenpeace bezeichnet werden – also „gute“ Unternehmen. Organisiert sind sie in der RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil). Dort werden Mindeststandards ausgehandelt und überprüft. Dazu gehört auch eine schrittweise Reduktion von Rodungen weltweit. Ferrero ist seit 2012 festes Mitglied. Die Firma ist zudem Mitglied der Palm Oil Innovation Group (POIG) – und geht damit sogar einen Schritt weiter.

    Aber auch die Abholzung schreitet fort – schließlich sind 80 Prozent des Palmöls nicht zertifiziert.

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