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Großflughafen BER: Der Flughafen wird teurer und teurer: Neue Aufregung in Berlin

Großflughafen BER

Der Flughafen wird teurer und teurer: Neue Aufregung in Berlin

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    Hartmut Mehdorn soll den Bau nun zu einem problemlosen Abschluss bringen. Doch es gibt neue Meldungen, die erschrecken.
    Hartmut Mehdorn soll den Bau nun zu einem problemlosen Abschluss bringen. Doch es gibt neue Meldungen, die erschrecken. Foto: Hannibal Hanschke, dpa

    Das Fiasko am neuen Berliner Flughafen nimmt immer dramatischere Züge an. Spekulationen, nach denen der Airport statt der geplanten 2,4 Milliarden Euro am Ende mindestens acht Milliarden kosten könnte, haben die Betreibergesellschaft und die Berliner Landesregierung zwar dementiert. Bereits jetzt ist aber sicher, dass die bislang bewilligten 4,3 Milliarden bei Weitem nicht ausreichen werden. Die letzten 900 Millionen sind nach den Worten von Flughafenchef Hartmut Mehdorn im Dezember aufgebraucht - bis die ersten Maschinen vom Großflughafen BER im Südosten der Hauptstadt abheben, werden aber vermutlich noch einmal zwei Jahre vergehen. Mindestens.

    Neue Aufregung löste am Wochenende in Berlin ein Brandbrief eines ehemaligen Flughafenmanagers aus, nach dem kurzfristig 500 Millionen Euro an Soforthilfe nötig sind, um überhaupt weiter bauen zu können. In dem Schreiben an drei Aufsichtsräte, aus dem der Tagesspiegel zitiert, macht der von Mehdorn entlassene Liegenschaftsexperte Harald Siegle seinem Frust über das Chaos am Flughafen Luft. Eine Inbetriebnahme im Jahr 2015 hält er für "äußerst unwahrscheinlich" und eine Eröffnung 2016 für "akut gefährdet". Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, der SPD-Abgeordnete Martin Burkert, hatte im Gespräch mit unserer Zeitung vor Wochen bereits ähnlich argumentiert. Er wäre schon froh, sagte Burkert damals, wenn der neue Flughafen noch in dieser Legislaturperiode ans Netz gehen könnte - also bis Herbst 2017.

    Flughafen als "Dödel der Nation"

    Falls Siegle in seinem Groll auf Mehdorn nicht maßlos übertreibt, ist auf der Großbaustelle seit der abgesagten Einweihung im Frühjahr 2012 noch nicht viel passiert: "Die Fortschritte sind minimal und betreffen vor allem das äußere Erscheinungsbild von Gebäuden und Anlagen." Anspruchsvollere Arbeiten wie die an der Entrauchungsanlage scheitern auch an Problemen, die es gar nicht geben dürfte: Unter anderem sollen die Räume im Terminal anders nummeriert worden sein als in den Bauplänen vorgesehen, sodass die Techniker von Siemens die Steuerung der Frischluftzufuhr nicht programmieren können. Mehdorn selbst will über die zu erwartenden Gesamtkosten und einen Termin für die Inbetriebnahme im Moment nicht reden: "Ich sage nur, was feststeht." Die Häme, die über ihm ausgeschüttet werde, halte er schon aus. Der Flughafen sei ohnehin der "Dödel der Nation".

    Siegle ist nicht der erste leitende Mitarbeiter, von dem Mehdorn sich wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Fertigstellung des Flughafens getrennt hat. Vor ihm hatte der 71-Jährige auch schon Technikchef Horst Amann degradiert. Mehdorn allerdings, vor einem Jahr als vermeintlicher Retter in der Not geholt, sitzt trotz steigender Kosten und immer neuer Konflikte um geplante und wieder abgesagte Probeläufe fest im Sattel. Er sehe gegenwärtig keine Alternative zu ihm, betont der Verkehrspolitiker Burkert - auch wenn der Flughafenchef gerne nach dem Motto handle "Gehe keinem Streit aus dem Wege, es wäre schade darum."

    Ursprünglich war die Eröffnung für 2011 geplant

    Berliner Flughafen (BER): Chronologie der Pannen

    Dezember 1991: Gründung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Gesellschafter sind die Länder Berlin und Brandenburg.

    Mai 1996: Berlin, Brandenburg und der Bund einigen sich darauf, dass der zukünftige Hauptstadtflughafen neben dem derzeitigen Flughafen Schönefeld südöstlich von Berlin gebaut wird.

    August 2004: Die Landesregierung in Potsdam erteilt den Planfeststellungsbeschluss für das größte ostdeutsche Infrastrukturvorhaben, den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI).

    März 2006: Die Gegner des Großflughafens scheitern mit ihrem juristischen Kampf gegen das Projekt.

    September 2006: Der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sowie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (alle SPD) setzen den symbolischen ersten Spatenstich. Der neue Flughafen soll zum Winterflugplan 2011 fertig werden.

    Juli 2008: Die Arbeiten am Terminal beginnen.

    Oktober 2008: Der Flughafen Berlin-Tempelhof wird geschlossen.

    Juni 2010: Der Eröffnungstermin des neuen Flughafens wird auf den 3. Juni 2012 verschoben.

    Mai 2012: Nur knapp einen Monat vor der geplanten Eröffnung teilt der Aufsichtsrat mit, dass die Eröffnung erneut verschoben wird, weil der Brandschutz nicht funktioniert und der Flughafen deshalb keine Genehmigung erhält.

    September 2012: Der Termin im Frühjahr 2013 wird ebenfalls gestrichen, weil die Arbeiten mehr Zeit brauchen. Der neue Technikchef Horst Amann hält eine Eröffnung des Flughafens Ende Oktober 2013 aber für machbar.

    Dezember 2012: Mehrere Gutachten werden bekannt, laut denen der Flughafen für die Zahl der erwarteten Passagiere zu klein geplant ist.

    Januar 2013: Nachdem der Technikchef den Eröffnungstermin im Oktober 2013 als nicht mehr haltbar bezeichnet hat, wird Geschäftsführer Rainer Schwarz entlassen.

    Januar 2013: Wowereit gibt das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden an Brandenburgs damaligen Ministerpräsidenten Platzeck ab.

    März 2013: Der Aufsichtsrat teilt überraschend mit, dass der ehemalige Bahn-Chef Mehdorn als neuer Geschäftsführer des BER die Bauarbeiten vorantreiben soll.

    Ende 2013 ist noch immer kein Eröffnungstermin in Sicht. Noch 2014 will Hartmut Mehdorn allerdings täglich einen Flieger vom Nordpier des Airports starten lassen, um die Systeme zu testen.

    Im April 2014 verkündet Hartmut Mehdorn, dass er weitere 1,1 Milliarden Euro bei den Gesellschaftern anfragen wird. Die Gesamtkosten steigen damit von 4,3 Milliarden Euro auf 5,4 Milliarden Euro.

    November 2014: Nun stehen weitere Mehrkosten in Höhe von 2,19 Milliarden Euro wegen weiterer Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen im Raum.

    Im Dezember 2014 kündigt Hartmut Mehdorn ein neues Eröffnungsdatum an: 2017 soll der BER in Betrieb gehen, heißt es nun.

    Im Januar 2017 wird offiziell verkündet, dass BER im Jahr 2017 nicht eröffnet wird.

    September 2017: Eine Mehrheit der Berliner stimmt in einem Volksentscheid für den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel, selbst wenn BER eröffnet ist. Denn: Der Flughafen wäre wegen den Verspätungen bereits zur Eröffnung zu klein.

    Dezember 2017: Flughafen-Chef Lütke Daldrup will ein Eröffnungsdatum nennen. Spekuliert wird über ein Datum zwischen 2020 und 2023. Zwar könnten die Bauarbeiten vermutlich noch 2018 abgeschlossen werden. Dann müsste der Flughafen aber noch unter Praxisbedingungen getestet werden - wobei wieder Fehler auftreten könnten.

    Januar 2018: Daldrup gibt bekannt, am 2. März genaue Angaben zu den Mehrkosten machen zu wollen. Die veranschlagten 6,5 Milliarden Euro galten nur für einen Start im Jahr 2018. Die Bauarbeiten dauern aber noch länger. Die CDU will nicht weiter in die Fertigstellung des Flughafens investieren.

    Im März 2018 erklärt die Flughafengesellschaft, den Ausbau künftig privat unterstützen zu lassen. Das Terminal 2 soll als Mietkauf- oder Leasingobjekt gebaut werden. Die Eröffnung des BER wird auf Herbst 2020 terminiert.

    Mai 2018: Wichtige Baufirmen wie Bosch und Siemens lassen sich für die Arbeiten an der Haustechnik auf feste Terminpläne ein. Zudem wird bekannt, dass die Flughafengesellschaft 83,6 Millionen Euro Verlust im Jahr 2017 verzeichnet. Und eine Projektsteuerungsfirma stellt fest, dass sie bei der Kabel-Sanierung elf Monate im Verzug sei.

    Im Juli 2018 erteilt das Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald die Genehmigung für den Bau von Terminal 2.

    Der selbstständige Berater und Flughafenplaner Patrick Muller übernimmt im August 2018 die Betriebsleitung der Flughäfen Tegel und Schönefeld. Zu seinen Aufgaben werden auch der Probebetrieb und die Eröffnung des BER gehören.

    November 2018: Der Bauingenieur Carsten Wilmsen wird neuer Bau- und Technikchef.

    März 2019: Der Tüv äußert Bedenken über den Zeitplan bis zur Intriebnahme. Es ist unklar, ob die Tests der Anlagen im Terminal im Frühjahr 2019 beginnen können.

    Mehdorn selbst beteuert: "Wir haben den BER im Griff." Ende des Jahres will er den drei Gesellschaftern, dem Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg einen Termin für die Eröffnung nennen - einen, den er auch einhalten kann.

    Ursprünglich hätte der Flughafen schon im Jahr 2011 eröffnen sollen. Am Freitag will Mehdorn dem Aufsichtsrat nun vorrechnen, wie viel Geld er noch benötigt, um die rund 150 000 Mängel zu beheben, den Flughafen ans Netz zu nehmen und 24 000 Haushalte möglichst gut vor dem Fluglärm zu schützen. Für schalldichte Fenster, Dämmungen und ähnliche Maßnahmen hatte die Flughafengesellschaft zunächst knapp 140 Millionen Euro veranschlagt, tatsächlich wird sie nach verschiedenen Gerichtsurteilen dafür weit über 700 Millionen Euro ausgeben müssen - und das ist nur einer von vielen Posten im Berliner Milliarden-Monopoly.

    Klaus Wowereits Große Koalition allerdings hat auch dafür vorgesorgt: Insgesamt kann die Berliner Finanzverwaltung Bürgschaften und Garantien zur Absicherung von Krediten im Gesamtwert von sechs Milliarden Euro übernehmen.

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