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Leitartikel: Deutschlands Wirtschaftsboom muss täglich neu erarbeitet werden

Leitartikel

Deutschlands Wirtschaftsboom muss täglich neu erarbeitet werden

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    Beim Spitzengespräch mit der Deutschen Wirtschaft auf der Handwerksmesse in München am Montag kann sich die Kanzlerin über die gute Lage der Firmen freuen.
    Beim Spitzengespräch mit der Deutschen Wirtschaft auf der Handwerksmesse in München am Montag kann sich die Kanzlerin über die gute Lage der Firmen freuen. Foto: Peter Kneffel/dpa

    Unsere heimische Wirtschaft blickt in einen strahlend blauen Frühlingshimmel. Als Kanzlerin Angela Merkel gestern am Rande der Handwerksmesse die Spitzen der deutschen Industrie traf, konnte sie sich über die gute Lage der Firmen freuen. Obwohl es in der Politik an vielen Ecken kracht und US-Präsident Donald Trump für das Ende der Verlässlichkeit steht, herrscht in unserer Region eine erstaunliche Hochkonjunktur: Das Handwerk brummt. Über 90 Prozent der schwäbischen Betriebe waren zuletzt mit dem Geschäft zufrieden – das gibt es selten. Und die Industrie hat ein Exportboom erfasst. Selbstverständlich ist das alles nicht.

    Die heimischen Betriebe haben ihren Erfolg hart erarbeitet – insbesondere durch begehrte, innovative Produkte. Es zahlt sich heute aus, dass Bayern lange Jahre Spitzentechnologie und Universitäten gefördert hat. Technik, wie sie hierzulande für Autos oder Maschinen entwickelt und gebaut wird, findet sich nicht überall auf der Welt. Daneben profitieren die Betriebe aber von zwei momentanen Sondereffekten – das macht die Zukunft schon unberechenbarer. Erstens kurbelt der niedrige Zins im Euroraum den Bau an. Das Bauhandwerk ist bis zur Decke ausgelastet. Erste Stimmen warnen sogar vor einer Überhitzung. Und zweitens stützt der immer noch günstige Eurokurs die Exportindustrie.

    Risiken, die Erfolg in Wirtschaft trüben, gibt es genug

    Bleibt alles wie bisher, hat die Wirtschaft dieses Jahr und wahrscheinlich auch 2018 gute Chancen, die Erfolgsserie fortzusetzen. Risiken, die eine schnelle Eintrübung des neuen deutschen Wirtschaftswunder-Himmels mit sich bringen können, gibt es aber genug. Auch wenn unsere Wirtschaftsvertreter Optimisten sind, kennen sie die Gefahren: der mögliche Sieg von Rechtsaußen-Kandidatin Marine Le Pen in Frankreich, ein Auseinanderfallen des Hauses Europa, die irrlichternde Politik Trumps. Wirtschaftliche Schocks kommen immer überraschend. Zur Erinnerung: Nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers 2008 waren auf deutschen Autobahnen kaum mehr Lkw zu sehen.

    Wirtschaft und Politik müssen deshalb bereits heute die Weichen stellen, damit das Land widerstandsfähig gegen Erschütterungen bleibt. Die deutsche Außenpolitik wird sich bemühen, Stabilität zu wahren. Aber auch in der Innenpolitik müssen die Weichen gestellt werden – egal, wie die neue Bundesregierung nach der Wahl aussehen wird. Schauen wir uns drei kurze Beispiele an.

    Energie: Rückgrat der Wirtschaft unserer Region ist die Industrie. Da macht es hellhörig, wenn Wirtschaftsvertreter beharrlich vor steigenden Strompreisen warnen. Energie darf deshalb nicht noch teurer werden.

    Bildung: Dem Handwerk darf man glauben, dass es nicht genügend Fachkräfte findet. Die Betriebe müssen die Lehre attraktiver machen. Aber auch die Politik sollte es unterstützen, dass auch Gymnasiasten ihren Weg ins Handwerk finden. Akademische Bildung, Handwerk und Industrie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden: Was spricht dagegen, nach der Lehre ein Fachstudium zu machen? Denn die Anforderungen steigen – gerade mit der Digitalisierung. Die Beschäftigten brauchen zudem bessere Aufstiegsperspektiven – auch gesellschaftlich. Es darf nicht sein, dass ein Teil der Bevölkerung abgehängt wird.

    Entlastung: Auch der Staat muss an seine Bürger ein Signal senden, dass sich die Arbeit lohnt: Ein Plus auf dem Konto stärkt die Kaufkraft und die Wirtschaft. Es ist an der Zeit, den Solidaritätszuschlag mehr als 20 Jahre nach seiner Einführung zu überdenken – vor allem bei Rekord-Steuereinnahmen.

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