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Königsbrunn: Fairer Handel: Zwei junge Unternehmer steigen ins Kaffee-Geschäft ein

Königsbrunn

Fairer Handel: Zwei junge Unternehmer steigen ins Kaffee-Geschäft ein

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    Das Studium hat Susanne Meisch nach Mexiko geführt. Dort fand sie ihre große Liebe – und eine Geschäftsidee. Mittlerweile führt die 24-Jährige ihr eigenes Café in Königsbrunn.
    Das Studium hat Susanne Meisch nach Mexiko geführt. Dort fand sie ihre große Liebe – und eine Geschäftsidee. Mittlerweile führt die 24-Jährige ihr eigenes Café in Königsbrunn. Foto: Anja Ringel

    Eigentlich wollte Susanne Meisch während ihres Studiums nur für zwei Sozialprojekte ins mexikanische Puerto Escondido reisen. „Und dann holt mich am Flughafen plötzlich dieser Kerl ab“, erzählt sie heute, drei Jahre später. Tito Santaella ist der Neffe ihrer damaligen Gastfamilie. Danach ging alles ganz schnell: Zwei Wochen später haben die beiden ihr erstes Date. Mittlerweile sind sie verlobt – und außerdem auch Geschäftspartner. Sie haben eine Firma in Königsbrunn bei Augsburg gegründet, mit der sie Kaffee aus Mexiko importieren möchten.

    Im Juli eröffneten sie den dazugehörigen Laden „Café Catarina“. Dort können Kunden Kaffee trinken oder direkt kaufen. Der Kaffee, den die beiden vertreiben, ist fair gehandelt, also zu fairen Bedingungen hergestellt und importiert. Das ist Susanne Meisch wichtig. Denn sie will nicht einfach nur Kaffee verkaufen, sondern vor allem auch auf Nachhaltigkeit achten.

    Fair gehandelter Kaffee ist eine Nische mit Wachstumspotenzial

    So wie Meisch denken immer mehr Menschen. Zwar ist fair gehandelter Kaffee noch eine Nische, aber eine, „die großes Wachstumspotenzial hat“, wie Ruth Reinermann vom Deutschen Kaffeeverband betont. Von den 450.250 Tonnen Röstkaffee, die im vergangenen Jahr in Deutschland getrunken wurden, hatten 3,8 Prozent ein Fairtrade-Siegel. Nach den Worten von Edith Gmeiner legen Kunden „immer mehr Wert auf verantwortungsbewussten Konsum“. Gmeiner arbeitet für den Verein Trans- Fair, der Fairtrade in Deutschland vertritt. Wer sich für fair gehandelten Kaffee entscheide, macht das ihrer Ansicht nach, um das Klima zu schützen und die Ursachen von Flucht und Migration zu bekämpfen. Fair gehandelten Kaffee gibt es laut Gmeiner bereits seit 40 Jahren in Deutschland, seit 25 Jahren mit dem Fairtrade-Siegel.

    König Kaffee - Das Lieblingsgetränk der Deutschen in Zahlen

    2,19 Euro pro Kilogramm beträgt die Kaffeesteuer in Deutschland. Sie wird seit 1948 erhoben.

    5,8 Milliarden Euro betrug der Umsatz der deutschen Kaffeebranche 2014.

    9,28 Euro kostet ein Kilogramm Röstkaffee im Durchschnitt inklusive Kaffeesteuer in Deutschland. Zum Vergleich: In den USA sind es 7,55 und in Italien 14,64 Euro - ohne Kaffeesteuer.

    18,8 Millionen Sack Rohkaffee wurden 2014 nach Deutschland importiert - das entspricht mehr als einer Million Tonnen. Ein Drittel kam aus Brasilien.

    26 Prozent des Kaffees trinken die Deutschen außer Haus - ein Drittel davon in Bäckereien und Stehcafés. 

    Um 40 Prozent wuchs der Absatz von Kaffee in Einzelportionen - Kapseln und Pads etwa - von 2013 auf 2014.

    84,6 Prozent der deutschen Haushalte haben eine Kaffeemaschine - die meisten eine klassische Filtermaschine.

    162 Liter Kaffee trinkt jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr. Zum Vergleich: Es sind nur 107 Liter Bier. (dpa)

    Der Kaffeemarkt ist hart umkämpft. Für die Bauern sei vor allem der schwankende Weltmarktpreis ein Problem, sagt Gmeiner: Kaffee wird an der Börse gehandelt, weshalb den Kaffeeproduzenten die finanzielle Sicherheit fehle. Für fair gehandelten Kaffee erhalten die Bauern dagegen einen stabilen Mindestpreis, der ihnen finanzielle Stabilität und Planungssicherheit geben soll, erläutert die TransFair-Expertin. Zusätzlich bekommen sie eine Fairtrade-Prämie für Gemeinschaftsprojekte und bei biologisch angebautem Kaffee einen Bio-Zuschlag. Laut TransFair gibt es weltweit 475 Kleinbauernorganisationen, die Kaffee nach Fairtrade-Standards anbauen. In Deutschland bieten über 300 Firmen fair gehandelte Produkte an.

    Meisch verkauft in Königsbrunn fair gehandelten Kaffee aus Mexiko, aber auch aus Ländern wie Costa Rica und Brasilien. Aus der spontanen Idee ist für sie und ihren Verlobten schnell eine Geschäftsgrundlage entstanden. Ein Filmprojekt für ihr Masterstudium im Fach Anglistik führte Meisch und Santaella auf Fincas in der Region Oaxaca, bei denen Kaffee angebaut wird. Das Paar knüpfte so Kontakte zu den Bauern. Santaellas Onkel besitzt ebenfalls eine Finca und half den beiden.

    Demnächst soll ein Onlineshop dazukommen

    Meisch stellte rasch fest, dass der einstige Reichtum der Fincas nicht mehr vorhanden ist: „Die Gebäude sind sehr verfallen. Teilweise gibt es auch keinen Strom.“ Hurrikans und Erdbeben haben dafür gesorgt, dass die Anwesen immer wieder zerstört wurden. Geld für Renovierungen fehlte. Auch, weil der Kaffeepreis laut Meisch immer weiter sank. Die Fincas sind deshalb fast leer gefegt: Waren es früher bis zu 200 Bewohner, sind es heute teilweise nur noch drei. Momentan zerstört der Kaffeepilz „La Roya“ einen Teil der Ernte: Viele Früchte werden nicht mehr reif und fallen grün ab. Meisch träumt deshalb davon, eine Stiftung zu gründen, die den Menschen bei der Bekämpfung der Plage hilft.

    Um die Bauern zu unterstützen, möchte sie ihnen den Kaffee außerdem direkt abkaufen. Zu fairen Preisen. „Die Kunden sollen wissen, woher ihr Getränk kommt“, sagt sie. Um den Import realisieren zu können, müssen sich die Kaffeebauern jedoch erst zur einer Kooperative zusammenschließen. In die nächsten Schritte, die nötig sind, um die Kaffeebohnen nach Königsbrunn holen zu können, arbeitet sich die 24-Jährige momentan noch ein: „In Mexiko heißt es: Mach den ersten Schritt, danach sagen wir dir, was der zweite ist.“

    Bis auch der letzte Schritt getan ist, verkauft sie weiter Kaffeesorten aus anderen Regionen. Demnächst soll noch ein Onlineshop dazukommen. Das nötige Wissen für ihr Unternehmen hat sich die 24-Jährige selbst angeeignet. Hilfe bekommt sie außerdem von ihrer Familie, die auch am Kaffeeladen beteiligt ist. Nebenbei arbeitet Meisch an ihrer Promotion, hat Nebenjobs an der Universität und pendelt zwischen Deutschland und Mexiko. Dort pflegt ihr Verlobter momentan die geknüpften Kontakte. Im November kann Meisch ihn dann vom Flughafen abholen, denn im Dezember wird in Königsbrunn geheiratet.

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