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Leitartikel: Griechenland ist ein Fass ohne Boden

Leitartikel

Griechenland ist ein Fass ohne Boden

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    Die griechische Krise ist zurück.
    Die griechische Krise ist zurück. Foto: Patrick Pleul (dpa)

    Griechenland strapaziert die Geduld seiner Überlebenshelfer. Das Land ist praktisch pleite und wird seit 2010 mit Hilfskrediten über Wasser gehalten. Ohne die 240 Milliarden Euro, die bisher nach Athen geflossen sind, wäre Griechenland längst im Schuldensumpf versunken. Doch kaum stellen sich erste kleine Erfolge des von den Geldgebern verordneten Spar- und Reformkurses ein, werfen die Machtspiele der unfähigen und verrotteten Parteien das Land wieder zurück.

    Noch ist nicht entschieden, ob das unglückliche griechische Volk bei den nach der gescheiterten Wahl eines Staatspräsidenten fälligen Neuwahlen dem Linkspopulisten Tsipras auf den Leim gehen und dessen Parolen vom bevorstehenden „Ende der Fremdherrschaft“ folgen wird. Doch selbst wenn der konservative Premier Samaras irgendwie am Ruder bleiben sollte, werden sich die Probleme wieder zuspitzen. Griechenland ist ein Fass ohne Boden. Und die schöne, von Merkel, Schäuble, Gabriel und Co. erzählte Geschichte, wonach Griechenland gut vorankomme und der Euro aus dem Gröbsten raus sei, entpuppt sich zunehmend als Märchen. Jedenfalls lässt die Wirkung der Beruhigungspillen, die dem deutschen Steuerzahler verabreicht wurden, angesichts der neuen griechischen Kalamitäten nach.

    Es ist ja nicht nur Griechenland, das für neue Verunsicherung sorgt. Die Euro-Krise meldet sich zurück, weil die großen Staaten Frankreich und Italien zur Sanierung ihrer maroden Haushalte außerstande sind und trotz aller Mahnungen dringend nötige Reformen nicht anpacken. Und wie soll das Vertrauen in die Währung wiederhergestellt werden, wenn der ohnehin aufgeweichte Stabilitätspakt nach Belieben gedehnt und verwässert wird? Bei kleinen Ländern wie Griechenland oder Portugal besteht die EU auf der Einhaltung der Neuverschuldungsgrenzen.

    Der Sparer zahlt die Zeche

    Gegenüber Rom und Paris, die weiter ungeniert auf Pump leben und – was für eine Chuzpe! – Merkels „Spardiktat“ für ihre Misere verantwortlich machen, lässt man Milde walten. Da zudem die Sanierung überschuldeter, ebenfalls auf Kosten des Steuerzahlers geretteter Banken europaweit nur schleppend vorankommt, hält vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) die Währungsunion am Leben. Die Notenpresse läuft auf Hochtouren. Draghi flutet die Märkte mit billigem Geld, kauft Schrottpapiere von Banken und demnächst sogar Staatsanleihen. Das rettet, für den Augenblick, den Euro. Nur: Der Sparer zahlt die Zeche. Der Steuerzahler – zumal der deutsche – trägt die ungeheuren Risiken. Und es ist, durch die Hintertür, die Gemeinschaftshaftung für die Schulden ganz Europas, ohne dass eine Kontrolle der nationalen Haushalte gewährleistet ist. Damit wird das einstige Versprechen, Staaten hafteten niemals für die Schulden anderer, endgültig gebrochen.

    Der Fall Griechenland, das einst durch Tricksereien in die Euro-Zone geschleust wurde, zeigt einen weiteren Konstruktionsfehler: Es gibt keine Möglichkeit, ein reformunwilliges, miserabel regiertes Land vor die Tür zu setzen. Griechenland ist viel Hilfe zuteilgeworden: aus Angst vor dem Dominoeffekt, aber auch aus Solidarität zumal mit dem griechischen Volk, das unter der jahrzehntelangen Misswirtschaft leidet. Aber irgendwann ist die Geduld erschöpft. Und dann muss ein Plan B her: Ende der Hilfszahlungen, erzwungener Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Noch schreckt die Bundesregierung davor zurück. Nicht wegen der Ansteckungsgefahr für andere Länder; die ist heute viel kleiner als 2010. Sondern vor allem deshalb, weil dann bis zu 80 Milliarden Euro Steuerzahlergeld unwiderruflich verloren wären.

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