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Kampagne: Hendricks entschuldigt sich wegen Bauernregeln bei Landwirten

Kampagne

Hendricks entschuldigt sich wegen Bauernregeln bei Landwirten

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    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat sich mit ihren "neuen Bauernregeln" keine Freunde bei den Landwirten gemacht.
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat sich mit ihren "neuen Bauernregeln" keine Freunde bei den Landwirten gemacht. Foto:  Gregor Fischer, dpa

    Auf einmal waren sie weg. Wer am Donnerstagabend auf der Internetseite des Umweltministeriums die umstrittenen „neuen Bauernregeln“ suchte, der wurde plötzlich auf eine neue Seite weitergeleitet. Statt der umformulierten Bauernregeln, die Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in den vergangenen Tagen mehrere Rücktrittsforderungen eingebracht hatten, fanden Besucher der Seite nur noch den Satz: „Hier wird in Kürze ein Forum eingerichtet.“

    Kurz darauf veröffentlicht das Umweltministerium ein Video. Hendricks steht in einem Büro, die Sonne scheint durchs Fenster. Eine „überwältigende Anzahl von Menschen“ habe sich bei ihr gemeldet, sagt die Ministerin und formt mit den Fingern eine Raute, wie es auch die Bundeskanzlerin so oft macht. „Ablehnung und Empörung“ seien ihr entgegengeschlagen, erzählt Hendricks. Viele Menschen hätten sich durch „die Aufmachung der Kampagne persönlich angegriffen oder sich in ihrer Berufsehre verletzt“ gefühlt. „Das tut mir leid, mir auch ganz persönlich“, betont Hendricks, „denn das war selbstverständlich niemals meine Absicht.“ Es ist ein durchaus bemerkenswerter Vorgang, der zeigt, wie groß der Druck auf die Ministerin wohl gewesen sein muss.

    Hendricks: Mit Humor zu mehr Bewusstsein für Landwirtschaft

    Dabei mutet der Grund für all den Ärger ganz harmlos an: Bildchen, die an liebevoll ausgearbeitete Stickmotive erinnern. Auf hellem Hintergrund ein grüner Traktor, eine Maispflanze, ein pausbäckiger Hamster. „Gibt’s nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur“ heißt es darunter in schnörkeliger Schrift. Vorbild waren die traditionellen Bauernregeln, die früher als Wetterwissen über Generationen weitergegeben wurden.

    Glaubt man Barbara Hendricks, dann wollte sie mit den neuen Bauernregeln ebenfalls Wissen weitergeben, auf humorvolle Art und Weise mehr Bewusstsein für eine umwelt- und tierfreundliche Landwirtschaft schaffen. In 70 deutschen Städten sollten die Plakate mit Sprüchen wie „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“ oder „Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm“ eigentlich hängen, auch auf Ansichtskarten und in den sozialen Netzwerken sollte die Kampagne beworben werden.

    Daraus wird nun erst mal nichts, weitere Plakate sollen nicht aufgehängt werden. Wie es mit der 1,6 Millionen Euro teuren Kampagne weitergeht, ist nicht ganz klar. Ein Sprecher des Umweltministeriums spricht von Debatten in sozialen Medien und einer Reihe von Veranstaltungen mit Hendricks. Kurzum: Das Ministerium will wieder ein wenig Ruhe einkehren lassen, nachdem die Kampagne in den vergangenen Tagen eine mittelgroße Krise ausgelöst hatte. Viele Landwirte fühlten sich durch die Sprüche verunglimpft. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wetterte, die Sprüche seien „diffamierend“.

    Für Horst Seehofer sind die Bauernregeln eine Beleidigung

    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer nannte die Bauernregeln bei einem Auftritt in der Oberpfalz eine „Beleidigung“ für alle Bauern. „Die Kampagne muss sofort gestoppt werden“, forderte auch der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl und verlangte den Rücktritt der Umweltministerin. Der schwäbische Bauernpräsident Alfred Enderle kritisierte die Ministerin ebenfalls scharf. Wenn das Umweltministerium Witze auf Kosten der Bauern reiße, dann sei die Zusammenarbeit auf lange Sicht gefährdet. Der bayerische CSU-Landwirtschaftsminister Helmut Brunner hatte sich zuletzt gar in einem offenen Brief an die Bundesministerin gewandt. Bauern müssten sich von der Aktion „gedemütigt, ja verachtet“ fühlen, heißt es darin.

    In ihrem Video wehrte sich Hendricks gegen die Vorwürfe. „Ich komme selbst aus einer landwirtschaftlich geprägten Region“, erzählt die Ministerin, die aus dem nordrhein-westfälischen Landkreis Kleve stammt. „Ich weiß sehr wohl, dass viele von Ihnen sehr hart arbeiten und gleichzeitig immer weniger Auskommen haben“, sagt sie direkt an die Landwirte gerichtet. Sie sei aber nach wie vor der Meinung, dass sich etwas ändern müsse „in der Art, wie wir Landwirtschaft betreiben“. Ihr gehe es „um den Schutz unserer Umwelt und der Natur, um den Schutz von Boden, Wasser und Luft“, sagt Hendricks und fügt hinzu: „Ich glaube, dass wir die gleichen Interessen haben.“

    Am Ende bietet sie den Landwirten an, in den Dialog zu treten, „gerne mit offenem Visier, deutlich in der Sache, gleichwohl mit Offenheit und mit gegenseitigem Respekt“. Hendricks macht eine kurze Pause, versucht ein kleines Lächeln. „Ich freu mich drauf.“

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