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Deutsche Bank: Licht am Ende des Deutsche-Bank-Tunnels?

Deutsche Bank

Licht am Ende des Deutsche-Bank-Tunnels?

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    Deutsche-Bank-Chef John Cryan will den Konzern wieder nah oben führen. Das kann dauern. Erst 2018 soll die Bank sauber sein und vor einer besseren Zukunft stehen.
    Deutsche-Bank-Chef John Cryan will den Konzern wieder nah oben führen. Das kann dauern. Erst 2018 soll die Bank sauber sein und vor einer besseren Zukunft stehen. Foto: Boris Rössler, dpa

    Seit Juli vergangenen Jahres steht der Brite John Cryan, 55, an der Spitze der Deutschen Bank. Wenn er öffentlich auftritt, spricht er mit ruhiger, sanfter Stimme. So wie am Donnerstag auf der Jahrespressekonferenz in den Zwillingstürmen in Frankfurt. Die Nachrichten, die Cryan im Gepäck hat, sind dann meist umso härter. Die Deutsche Bank weist für das vergangene Jahr nach vorläufigen Zahlen einen Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro aus.

    Und Cryan bereitete die Mitarbeiter darauf vor, dass die Umsetzung der geplanten Einschnitte erst bevorsteht. „Wir alle wissen, dass eine Restrukturierung sehr herausfordernd sein kann“, sagte er und schwor sein Team und die Anleger darauf ein, trotzdem an den Entscheidungen festzuhalten. Cryan forderte „Zeit, Entschlossenheit und Geduld“. Denn am Ende, davon gab er sich fest überzeugt, werde sich der Kurs auszahlen. „Wir können Licht am Ende des Tunnels sehen.“

    John Cryan zwingt die Deutsche Bank auf einen Schrumpfkurs

    Das Paradoxe am desaströsen Bild der Deutschen Bank ist, dass die Geschäftsfelder – vom Privatkundengeschäft bis zum Investmentbanking – alle gute Gewinne erwirtschaften. In der Summe über 33 Milliarden Euro. Doch die Kosten fressen die Erträge komplett auf, ja treiben die Bank in die tiefroten Zahlen. Der Konzern büßt für die Abenteuer und die Zockerei vergangener Jahre. Immer mehr Skandale kamen ans Licht. Es ging um Zinsmanipulation, Geldwäsche in Russland, Betrug im Handel mit CO2-Zertifikaten, die unrühmliche Rolle auf dem US-Immobilienmarkt. Nun leidet die Deutsche Bank unter hohen Strafen und teuren Prozessen. Allein für Rechtsstreitigkeiten musste das Institut letztes Jahr 5,2 Milliarden Euro aufwenden. Dazu kommen Abschreibungen, Sanierungsausgaben und die Abfindungen an entlassene Mitarbeiter. Cryan zwingt die Bank auf einen Schrumpfkurs. Doch auch Schrumpfen kostet Geld.

    Trotzdem ließ Cryan am Donnerstag keinen Zweifel daran, dass er die Altlasten nicht länger verdrängen, sondern anpacken will. Am Sanierungsplan – der „Strategie 2020“ seines Vorgängers Anshu Jain und des bald scheidenden Co-Chefs Jürgen Fitschen – hält er fest, setzt ihn aber anscheinend konsequenter um. Cryan will unbedingt Kosten senken. Das kostet Jobs. Derzeit laufen noch die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern, doch in der zweiten Jahreshälfte könnte die Bank beginnen, Filialen zu schließen und sich von Mitarbeitern zu trennen, berichtete Finanzchef Marcus Schenck.

    Die Deutsche Bank will 9000 Stellen streichen, davon 4000 hierzulande. Von 700 Filialen sollen noch rund 500 bleiben. Auch die endgültige Trennung von der Tochter Postbank rückt näher. Zudem müssten die Angestellten mit niedrigeren Bonuszahlungen rechnen, sagte Cryan. Die Aktionäre werden nicht nur dieses, sondern wohl auch nächstes Jahr ohne Dividende auskommen müssen.

    Vielleicht erschien es der Bankspitze bei all diesen Kürzungen angemessen, selbst kürzerzutreten. Für den Vorstand gebe es dieses Jahr keine Boni, kündigte Cryan an. „Ich fühle mich selbst verantwortlich für einen Verlust von rund sieben Milliarden Euro.“ Der Deutsche-Bank-Chef schwor sein Team auf ein hartes Jahr 2016 ein. Die Rückstellungen für all die Fälle, in denen die Deutsche Bank vor Gericht steht, könnten nochmals steigen. Wird 2016 abermals zum Verlustjahr?

    Die Deutsche Bank soll erst 2018 wieder sauber sein

    Einen Gewinn konnte Finanzchef Schenck nicht versprechen. „Wir werden unser Möglichstes tun, um keinen Verlust zu machen, ausschließen können wir es aber nicht.“

    Wo erkennt Deutsche-Bank-Chef Cryan bei all diesen Nachrichten ein Licht am Ende des Tunnels? Er hoffe, 2016 einige der größten Rechtsstreitigkeiten abschließen zu können, betonte er. 2016 wird es also nochmals teuer. Auch für 2017 rechnet Cryan mit Ausgaben für die Sanierung. 2018 endlich soll die Bank dann „clean“ sein – sauber. Dann wollen die Spitzenbanker die größten Sünden der Vergangenheit bewältigt haben.

    Skandale aufarbeiten, Kosten senken – wo bleibt bei alldem die Vision für die Zukunft? Das wird der oberste Deutschbanker derzeit häufig gefragt. Er hoffe, seiner Ehefrau sei nicht aufgefallen, dass eine deutsche Zeitung ihn als „eiskalten Aufräumer“ bezeichnet hat, sagte Cryan scherzend, als diese Frage in Frankfurt aufschlug. Für den Spruch erntete er Lachen und Sympathie. „In der jetzigen Situation ist es aber nicht leicht, aufzustehen und viel zu lächeln“, fügte der teils Deutsch sprechende Brite an. „Ich hoffe aber, dass ich Talent habe, auch ein Unternehmen zu führen – und nicht nur aufzuräumen.“

    Cryan setzt jedenfalls auf neue digitale Angebote. Im Kern soll sich am Geschäftsmodell aus Dienstleistungen für Privatkunden, Unternehmen und dem Investmentbanking aber nichts ändern. „Ich bin überzeugt, dass wir erfolgreich sein werden. Es wird nicht über Nacht gelingen, aber es wird gelingen“, sagte Cryan.

    Der Mann mit der ruhigen Stimme, der schon bei der Schweizer UBS erfolgreich war, will der Deutschen Bank eine Zukunft geben.

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