Neue Runde im VW-Skandal - Justiz ermittelt auch wegen Steuerbetrug
Erst der Verdacht auf Betrug, nun auch Steuerhinterziehung - der Abgas-Skandal bei Volkswagen bekommt auch strafrechtlich erneut eine größere Dimension.
Im VW-Abgas-Skandal hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ihre Ermittlungen ausgeweitet. Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung sei ein zusätzliches Verfahren im Zusammenhang mit den falschen CO2-Angaben eröffnet worden, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe am heutigen Dienstag. "Es gibt derzeit fünf Beschuldigte, bei denen ein Anfangsverdacht auf Straftaten bejaht worden ist", betonte Ziehe. Sie stammten "aus dem Bereich des VW-Konzerns". Über die mögliche Höhe der nicht gezahlten Steuern ist bislang nichts bekannt.
VW-Affäre: Kohlendioxid-Ausstoß hat Einfluss auf Kfz-Steuer
Die Staatsanwälte ermitteln bereits seit Anfang Oktober in einem anderen Verfahren wegen Betrugsverdachts gegen Mitarbeiter von Volkswagen. Der Kohlendioxid-Ausstoß eines Autos ist ein wichtiges Kriterium für die Berechnung der Kfz-Steuer. Wenn - wie von Volkswagen Anfang November mitgeteilt - hier zu geringe Werte angegeben worden seien, könne dem Staat ein entsprechender Schaden aus zu geringen Steuerzahlungen entstanden sein. "Das ist die führende Überlegung", sagte Ziehe zum Hintergrund der Ermittlungen. VW hatte mitgeteilt, dass 800 000 Fahrzeuge von den Manipulationen betroffen seien.
Die Braunschweiger Anklagebehörde hatte wegen der im September von VW zunächst eingeräumten Manipulationen von Stickoxid-Messwerten bei Dieselmotoren schon ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Razzien durchgeführt. Vor drei Wochen teilte der Autobauer dann mit, dass es auch bei Kohlendioxid-Emissionen zu "Unregelmäßigkeiten" gekommen war. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin erst Vorermittlungen ein, die nun zu einem weiteren Ermittlungsverfahren führten.
Neue strafrechtlicher Dimension für VW
Damit bekommt die Affäre auch strafrechtlich eine größere Dimension - einen Tag, nachdem sich der Skandal auch innerhalb des Konzerns nochmals ausgeweitet hatte. Am Montag räumte Volkswagen ein, dass auch in größeren Dieselautos von VW sowie der Konzerntöchter Audi und Porsche eine verbotene Software für niedrigere Abgaswerte gesorgt hat. Audi gab die Installation eines Programms in 3,0-Liter-Motoren zu, das in den USA als Schummelsoftware gilt. VW hatte mitgeteilt, dass 800 000 Fahrzeuge von den Manipulationen betroffen seien.
Von den entsprechenden US-Ermittlungen seien nun etwa 13 000 Cayenne-Modelle betroffen, bisher sei man von 3000 ausgegangen, sagte ein Porsche-Sprecher in Stuttgart. Die VW-Tochter Porsche bezieht ihre Diesel-Motoren von Audi. Demzufolge geht es bei Porsche um die Cayenne-Dieselmodelle ab 2013, bisher war nur das Modelljahr 2015 im Fokus. Dadurch erhöht sich die Zahl der bemängelten Fahrzeuge beträchtlich. Für Porsche ist das Geschäft mit Dieselwagen eher ein Nebenzweig - die meisten Kunden setzen auf Benzinmotoren.
Audi nahm eigenen Chef in Schutz
Als der Abgas-Skandal im September ins Rollen kam, hatte der später zurückgetretene VW-Chef Martin Winterkorn schnell ein umfassendes Schuldgeständnis im Namen des Konzerns abgegeben. Die von den US-Umweltbehörden EPA und CARB erhobenen Vorwürfe gegen den größeren, von der Tochter Audi entwickelten Motor waren bislang aber stets abgestritten worden.
"Die aktuellen Meldungen nähren das Gefühl, dass eine systematische und ehrliche Aufarbeitung fehlt", sagte Renate Künast (Grüne). Die Kunden aber wollten schadlos gestellt werden und VW habe immer noch einen Ruf zu verlieren.
Audi nahm den eigenen Chef Rupert Stadler am heutigen Dienstag gegen Kritik in Schutz. "Herr Stadler treibt die Aufklärung mit hohem Nachdruck persönlich voran", erklärte ein Sprecher. Audi sei zunächst davon ausgegangen worden, dass die fraglichen Software-Komponenten nicht genehmigt werden müssten. "Als klar wurde, dass unerlaubte Software-Bestandteile enthalten sind, hat Audi mit CEO Stadler an der Spitze unverzüglich gehandelt und die Software den US-Behörden offengelegt." Die Gespräche mit den US-Regulierern darüber, wie und wann technisch nachgerüstet werden könne, gingen weiter.
Die beanstandete Software werde in Nordamerika eingesetzt und sei nicht identisch mit der europäischen Software. "Dennoch sind wir dazu im Gespräch mit dem Kraftfahrt-Bundesamt", so der Sprecher. Dass sich im Rahmen der Untersuchungen weitere Probleme ergeben, erwartet er nicht. "Davon gehen wir nicht aus." dpa
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