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Karstadt: Ohne Konzept ist Karstadt verloren

Karstadt

Ohne Konzept ist Karstadt verloren

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    Kaufhäuser werden immer unbeliebter. Jetzt hat der neue Karstadtbesitzer René Benko die Chance die Kaufhäuser wieder attraktiver zu machen.
    Kaufhäuser werden immer unbeliebter. Jetzt hat der neue Karstadtbesitzer René Benko die Chance die Kaufhäuser wieder attraktiver zu machen. Foto: Oliver Berg (dpa)

    Zu wenig sexy. Kaufhäuser kämpfen mit einem schlechten Image. Während etwa Markenläden und Shoppingcenter in den Innenstädten dem florierenden Onlinegeschäft durchaus etwas entgegenzusetzen wissen, drohen Kaufhäuser aus der Einzelhandelslandschaft zu verschwinden. Dieses Schicksal könnte auch Karstadt ereilen. Dabei müsste das nicht sein. Denn Kaufhäuser können durchaus eine Zukunft haben. Aber nicht in einem geschmack- und lieblosen Ambiente mit wahllos zusammengemixten Waren und nur wenigen Fachkräften für die Beratung.

    Premiumhäuser könnten ihren Charme verlieren

    So wäre Kaufhäusern ihr Siegeszug auch nicht gelungen. Wer in ihre Geschichte blickt, weiß, dass sie nicht nur außen- und innenarchitektonisch oft glänzten, sondern darum bemüht waren, dem Kunden in einer besonders behaglichen Atmosphäre Einzigartiges zu bieten. Und wer sich aktuell erfolgreiche Häuser mit einem breit gemischten Warensortiment ansieht – wie etwa Breuninger in Stuttgart, aber auch Abt in Ulm –, der erkennt, dass die Eigentümer auf Exklusivität setzen.

    Das Kaufhaus - seine Geschichte und seine Kunden

    Mode, Lebensmittel, Elektronik, Bücher – ein Warenhaus bietet alles unter einem Dach. An Standorten in der Innenstadt werden dort auf großen Verkaufsflächen Produkte aus verschiedenen Branchen angeboten.

    Umgangssprachlich werden Warenhaus und Kaufhaus oft synonym verwendet. Streng genommen wird in einem Warenhaus im Gegensatz zu einem Kaufhaus keine Branche besonders herausgehoben.

    Warenhäuser verfügen in der Regel über eine Verkaufsfläche von 6000 bis 30.000 Quadratmetern. Sie erstrecken sich fast immer über mehrere Geschosse.

    Zum Aufblühen der Kaufhäuser Mitte des 19. Jahrhunderts trug unter anderem die Industrialisierung bei. „Es wurden zum ersten Mal Produkte in größerem Maße gefertigt“, erklärt Birgit Adam, die ein Buch über die Geschichte des Warenhauses geschrieben hat.

    Hinzu kam der Import neuer Produkte aus anderen Ländern. „Die Warenhäuser waren die Fläche, um das auszustellen, was es überall auf der Welt an Luxusgütern gab.“

    Auch architektonisch prägten die Warenhäuser das Aussehen vieler westdeutscher Innenstädte. Mit ihren großen, am Abend beleuchteten, Schaufenstern waren die Kaufhäuser ein Symbol des Wirtschaftswunders.

    Als einer der Pioniere für das Kaufhaus in Deutschland gilt die Familie Wertheim. 1852 öffneten die Brüder Abraham und Theodor Wertheim ihr erstes Manufaktur- und Modefachgeschäft in Stralsund. Auf dieser Grundlage schufen Abrahams Söhne den Handelskonzern – das erste Wertheim-Warenhaus gab es 1890 in Berlin. Bereits 1881 war Karstadt gegründet worden.

    Fast zwei Drittel der Bundesbürger kaufen nur noch selten in Warenhäusern ein – jeder zehnte nie. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov zur Zukunft der Warenhäuser hervor.

    Nur noch jeder vierte Befragte geht demnach regelmäßig zum Shoppen zu Karstadt, Kaufhof & Co. Vor allem junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren machen der Umfrage zufolge einen Bogen um die Einkaufstempel.

    Am häufigsten sind dort demnach noch die über 55-Jährigen zu finden. Und Frauen finden generell an den Kaufhäusern mit ihrem umfangreichen Modeangebot mehr Gefallen als Männer. (dpa)

    Nun ist Luxus ein Segment, das der neue Karstadtbesitzer René Benko bestens beherrscht. Umso mehr überrascht die Ankündigung, dass der österreichische Investor offenbar plant, die Premiumhäuser – das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München – im Erscheinungsbild und Sortiment einander anzugleichen. Dieser Schritt könnte sich als kontraproduktiv erweisen. Denn Nobelkaufhäuser leben von ihrer unverwechselbaren individuellen Note.

    Der neue Karstadtbesitzer René Benko will Sparmaßnahmen einführen

    Enttäuschend ist vor allem, dass dem neuen Karstadt-Besitzer bei den über 80 klassischen Häusern offensichtlich nichts anderes einfällt, als den Spardruck noch zu erhöhen. Damit ist zu befürchten, dass vielen Standorten das Aus droht. Nur einen Kürzungskurs anzukündigen, ohne Details zu nennen, ist vor allem gegenüber den rund 17000 verbliebenen Mitarbeitern unfair. Gerade sie, die um ihre Jobs bangen und viele Zugeständnisse gemacht haben, verdienen endlich Klarheit.

    Benko muss bewusst sein, dass er mit noch weniger Beschäftigten, noch weniger Beratungsqualität die Häuser in den Ruin treibt. Karstadt braucht kein Sparpaket. Im Gegenteil. Der Konzern lechzt seit Jahren nach erneuernden Investitionen. Was Karstadt benötigt, ist ein Konzept, das die Häuser von anderen Läden abhebt, sie zu Magneten in den Städten macht. Legen Benko und sein Team dies nicht bald vor, verliert Karstadt noch mehr Zeit und droht kaputtzugehen.

    Benko hat die letzte Chance - Kaufhäuser müssen wieder sexy werden

    Zeit, sich Gedanken zu machen, hatte Benko. Geld ist auch vorhanden. Außerdem ist er ein Handelsprofi. Wenn er nicht nur an den Immobilien Interesse hat, dann bringt er alles mit, um die Filialen aufblühen zu lassen. So gilt es, Sortimente an regionale Bedürfnisse anzupassen, sich auf besondere Marken zu spezialisieren. Das Angebot im Internet muss mit dem stationären so verknüpft werden, dass Karstadt selbst wieder eine attraktive Marke wird. Warum nicht erfolgreichen Vorbildern nacheifern und die Kaufhäuser regelmäßig in Veranstaltungsorte verwandeln? Ihre Lage in den Stadtzentren ist ideal. Und wenn Umfragen ergeben, dass vor allem ältere Kunden Kaufhäuser besuchen, warum nicht einen ganz auf sie zugeschnittenen Service aufbauen?

    Ideen sind gefragt. Denn es ist falsch, zu glauben, dass Kunden nur noch im Internet mittels Klick einkaufen wollen. Sie lassen sich verführen – vorausgesetzt, das Angebot vor Ort stimmt. Und Kaufhäuser sind mit ihrer Warenvielfalt prädestiniert, Kunden zu überraschen, ihre Sinne anzusprechen. Benko bietet sich bei Karstadt nun die letzte Gelegenheit, die Kaufhäuser wieder sexy zu machen.

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