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Börse: So lief das Jahr 2018 für Börsenneulinge und Anleger

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So lief das Jahr 2018 für Börsenneulinge und Anleger

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    Delia Fischer wagte mit Westwing 2018 den Sprung an die Börse.
    Delia Fischer wagte mit Westwing 2018 den Sprung an die Börse. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Für die meisten Anleger war das zurückliegende Jahr eine Enttäuschung. Die Zinsen lagen im Keller, Gold und Silber fielen im Wert und die Börsen verloren deutlich. „Eine solche Konstellation wie 2018 – mit Verlusten über fast alle Anlageklassen hinweg – hat es an den Finanzmärkten nur selten gegeben“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der zum Sparkassen-Verbund gehörenden Deka-Bank. Der Dax sackte im Jahresverlauf von rund 13.000 Punkten an die 10.000er-Marke ab. Doch ganz negativ ist das Bild nicht. Die Börse erlebte gleichzeitig ein Revival: So viele Unternehmen wie lange nicht wagten den Sprung an den Aktienmarkt. Börsengänge haben an Attraktivität gewonnen, für Anleger eröffnen sich neue Möglichkeiten. Im Abwärtssog des Markts ließen viele Börsenneulinge allerdings gleich Federn. Manche Papiere entwickelten sich sogar schlechter als der Dax.

    2018 gab es so viele Börsengänge wie seit der Finanzkrise nicht

    IPO nennen Fachleute einen Börsengang: Initial Public Offering. Dies bezeichnet das erste öffentliche Angebot einer Aktie. Davon gab es in den vergangenen Monaten besonders viele, sagen die Experten des Beratungsunternehmens Kirchhoff Consult aus Hamburg, das jährlich eine Studie zu den Börsengängen erstellt. „2018 war eines der besten Jahre für Börsengänge in Deutschland seit dem Neuen Markt“, schreiben die Experten. Zur Zeit des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende wagten viele Unternehmen den Sprung an die Börse, auch, wenn nicht alle überlebten.

    Die Anzahl der Börsengänge habe sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr auf 16 verdoppelt, berichtet Kirchhoff Consult. Dies sei „der höchste Stand seit 2007, dem Jahr vor dem Ausbruch der Finanzkrise“. Gezählt haben sie die Neulinge im stark regulierten und transparenten Segment „Prime Standard“ an der Frankfurter Börse. Die Einnahmen aus den Börsengängen stiegen um mehr als das Dreifache – auf 11,6 Milliarden Euro. Damit hätten die Neulinge so viel Geld eingenommen wie seit der Jahrtausendwende nicht.

    Das meiste Geld stammt allerdings „aus nur drei Börsengängen“, sagt Nadja Picard, Leiterin des Bereichs Kapitalmarkt bei der Unternehmensberatung PwC, die ebenfalls die Börsengänge dieses Jahres untersucht hat. Dabei handelt es sich um die Siemens-Gesundheitssparte Siemens Healthineers, die Deutsche-Bank-Tochter DWS und den Zulieferer Knorr-Bremse. Mit Einnahmen von insgesamt 9,4 Milliarden Euro stehen die drei Firmen für mehr als 80 Prozent des ganzen Emissionsvolumens, berichten die Experten von Kirchhoff Consult.

    Siemens Healthineers: Gewinner unter den Börsenneulingen

    Vielleicht hätte das Jahr noch besser laufen können. Doch mit den wankelmütigen Aktienmärkten zogen viele andere Unternehmen ihre Pläne für Börsengänge zurück, berichten die Kirchhoff-Fachleute. Die Papiere vieler Börsenneulinge gerieten zudem unter Druck, kaum war der freie Handel eröffnet. Anfang Dezember, berichtet Kirchhoff Consult, lagen gerade noch drei der 16 Neuemissionen im Plus – gut lief es etwa für Siemens Healthineers. Die Siemens-Gesundheitssparte war im März an die Börse gegangen. Während der deutsche Aktienmarkt nachgab, hielten sich die Papiere im Plus. Noch heute liegen sie rund ein Drittel über dem Ausgabepreis von 28 Euro.

    Nicht ganz so rund lief es für die Knorr-Bremse AG aus München. Das Unternehmen stellt Bremssysteme für Züge und Lkw her. Nach einem soliden Börsenstart im Oktober ging es für die Papiere mal hoch, mal runter – zum Jahresende notiert das Papier in der Nähe des Ausgabepreises von 80 Euro. Rund vier Milliarden Euro sollen Knorr-Bremse-Eigentümer Heinz Hermann Thiele und seine Tochter Julia durch den Börsengang eingenommen haben. Das Geld soll nicht ins Unternehmen fließen, auf den Kopf hauen wollte es der Selfmade-Milliardär aber auch nicht: Er kündigte die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung an und sah den Börsengang als Weg, sein Erbe zu regeln.

    Weniger erfolgreich war der Börsenstart des Frankfurter Vermögensverwalters DWS. Für die Aktionäre gab es die Papiere im März für 32,50 Euro, heute haben sie rund ein Drittel eingebüßt. Alles andere als eine Freude sind bisher auch Firmen, die Produkte für ein schönes Zuhause anbieten – und von denen 2018 gleich zwei an die Börse gingen. Zum einen der Online-Möbelhändler Home24 mit Sitz in Berlin. Er gehört zur Firmenschmiede Rocket Internet der Gebrüder Samwer, die eine um die andere Online-Plattform ins Leben rufen. Home24 ist in sieben Ländern vertreten und hat rund tausend Mitarbeiter. Die Aktien aber stürzten seit dem Börsengang im Juni ab und haben seitdem rund die Hälfte an Wert verloren.

    Federn gelassen haben auch die Papiere von Westwing, die Verluste fallen aber geringer aus. Gegründet hat Westwing die früheren Elle-Redakteurin Delia Fischer. Mit Sitz in München vertreibt das Unternehmen europaweit Produkte für ein schönes Zuhause. Doch nicht nur das Thema Wohnen erwies sich an der Börse als Flop: Unter den Neulingen mussten zum Beispiel auch der Autozulieferer STS Group oder der Münchner Telefon-Spezialist Nfon Rückschläge verkraften. Ihre Papiere haben seit dem ersten Handelstag deutlich eingebüßt.

    Wie wird das Börsenjahr 2019?

    Trotz der verhaltenen Börsenstimmung rechnen die Fachleute damit, dass 2019 eine noch größere Zahl an Firmen an die Börse geht. „Die Kandidaten-Pipeline ist prall gefüllt“, schreiben die Fachleute von Kichhoff-Consult. Schließlich hätten mehrere Firmen ihre Börsenpläne nur aufgeschoben. Gerüchten zufolge könnten knapp 80 Firmen einen Börsengang anstreben. „Darunter befinden sich große Namen wie die VW-Trucksparte Traton, die Continental-Antriebssparte Powertrain und der Modehändler Takko Fashion“, schreiben sie.

    Leicht wird das Jahr an der Börse wohl nicht: Deka-Chefvolkswirt Kater rechnet mit einem „holprigen“ Start. Themen wie der Brexit und der Handelskonflikt halten die Politik in Atem, zudem ziehen die Notenbanken die Zügel an. Höhere Zinsen aber belasten die Konjunktur und die Aktienmärkte. „Mit einer Klärung der Konjunkturperspektiven im Jahresverlauf sollte eine Erholung einsetzen, die den Dax Ende 2019 über 12000 Punkte steigen lässt“, meint er. „Trotz des verhaltenen Ausblicks sollten Anleger dem Kapitalmarkt nicht den Rücken kehren. Wer die Nerven behält, könnte in den kommenden Jahren belohnt werden“, sagt er.

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