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Ulm: Sparkasse darf hochverzinste Sparverträge nicht einfach kündigen

Ulm

Sparkasse darf hochverzinste Sparverträge nicht einfach kündigen

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    Die Sparkasse Ulm darf Hochzins-Verträge nicht vorzeitig kündigen. Das hat das Landgericht Ulm entschieden und damit Sparern den Rücken gestärkt.
    Die Sparkasse Ulm darf Hochzins-Verträge nicht vorzeitig kündigen. Das hat das Landgericht Ulm entschieden und damit Sparern den Rücken gestärkt. Foto: Alexander Kaya

    Für die Sparkasse Ulm ist es eine Niederlage auf ganzer Linie, die sie vor dem Landgericht kassiert hat: Richterin Julia Böllert, die Vorsitzende der 4. Zivilkammer, hat es der Sparkasse untersagt, spezielle S-Scala-Vorsorgesparverträge vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit zu kündigen. Das heißt: Die Sparkasse muss in vollem Umfang zu ihren Zusagen stehen, was für sie in Zeiten von Niedrigzinsen teuer werden kann.

    Mit den Scala-Verträgen hat die Bank tausende Kunden gelockt. Denn die Anlage ist mit bis zu 3,5 Prozent nicht nur gut verzinst, sondern auch flexibel: Die Sparrate kann im niedrigsten Fall 25 Euro betragen – und bis zu 2500 Euro.

    Bei Laufzeiten bis maximal 2029 können so stolze Sparbeträge zusammenkommen. Für die Sparkasse sind die Verträge zur Last geworden: Denn seit die Zinsen im Keller sind, haben viele Kunden ihre Scala-Verträge stärker bespart. Das zeigt sich an der Gesamt-Summe, die auf den betreffenden Konten angelegt war. Sie stieg von 130 Millionen Euro Anfang 2009 auf über 220 Millionen Ende 2012.

    Sparkasse in Erklärungsnot

    Von einst 22000 Sparverträgen wurden nach Angaben der Sparkasse 14000 „freiwillig“ umgestellt. Nicht zuletzt weil übereifrige Berater telefonisch und persönlich viele Kunden glauben machten, später vielleicht noch schlechter dazustehen, wenn sie nicht auf ein vermeintlich attraktives „Alternativangebot“ der Sparkasse eingehen. Faktisch ist das am Montag gesprochene Urteil zwar nur rechtsverbindlich für den Kläger, den Vater des Ulmer Anwalts Christoph Lang. Doch die Sparkasse Ulm dürfte nun vor Tausenden anderen Kunden in Erklärungsnot geraten.

    Vermutlich wird das vom Vorstandsvorsitzenden Manfred Oster geführte Bankhaus in Berufung gehen, wenngleich ein Sprecher gestern nur ausrichtete, man wolle das Urteil in Ruhe und sorgfältig auswerten. Auf Grundlage dieser Analyse werde die Sparkasse entscheiden, ob weitere und welche Schritte „im Interesse aller S-Scala-Vorsorgesparer angemessen und angeraten“ sind.

    Sparverträge müssen eingehalten werden

    Von einem entstandenen Imageschaden will Sparkassen-Sprecher Boris Fazzini indes nichts wissen. „Es geht hier nicht ums Image. Es geht um eine Lösung. Wir haben Verantwortung gegenüber unseren Kunden.“ Dass diese so weit gehe, dass die Scala-Verträge theoretisch existenzbedrohend für die Sparkasse Ulm sein könnten, bestritt der Vorstandsvorsitzende Oster bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz. Längst seien Rücklagen dafür gebildet worden.

    Wie hoch diese sind, dazu gibt die Bank keine Auskunft. Auch auf diese Geheimniskrämerei ging Richterin Böllert ein: Die Sparkasse habe nicht ausreichend dargelegt, warum eine Vertragsfortführung unzumutbar sein soll. Verträge müssten eingehalten werden, auch wenn es teuer wird.

    Der siegreiche Anwalt badete gestern im Blitzlichtgewitter, wohl wissend, dass es sich um ein erstinstanzliches Urteil handelt. „Für mich als Jurist ist es schon etwas Besonderes, wenn das Gericht zu 100 Prozent meiner Begründung folgt“, sagt Christoph Lang. Vier Wochen hat die Sparkasse nun Zeit, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Dann würde es am Oberlandesgericht in Stuttgart und danach möglicherweise am Bundesgerichtshof weitergehen.

    Urteil stärkt Bausparer

    Die Chancen dort bewertet Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, als begrenzt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Oberlandesrichter den Sachverhalt grundsätzlich anders bewertet“, sagt der Verbraucherschützer. Schon jetzt seien die Rechte der Verbraucher gegenüber Finanzinstituten gestärkt worden. Auch, weil das Gericht ausdrücklich Werbemittel wie Prospekte und Flyer letztlich als Vertragsbestandteil wertete.

    Das Urteil des Landgerichts Ulm stärkt auch vielen Bausparern den Rücken: Denn einige Bausparkassen haben laufende Bausparverträge nach einer strittigen Auslegung des Darlehensrechts gekündigt.

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