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TTIP-Leaks: TTIP: Was die EU und die USA wollen

TTIP-Leaks

TTIP: Was die EU und die USA wollen

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    TTIP ist umstritten. Greenpeace hat am Montag in Berlin bislang geheime Gesprächsdokumente der Verhandlungspartner veröffentlicht. Das befeuert die Debatte zusätzlich.
    TTIP ist umstritten. Greenpeace hat am Montag in Berlin bislang geheime Gesprächsdokumente der Verhandlungspartner veröffentlicht. Das befeuert die Debatte zusätzlich. Foto: Wolfram Steinberg, dpa

    Rund 240 Seiten des amerikanischen Vertragsentwurfes für das Freihandelsabkommen TTIP sind seit Montag im Internet abrufbar. Worum geht es und was zeigen die bislang geheim gehaltenen Dokumente nun wirklich? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

    Was ist TTIP noch einmal genau?

    TTIP steht für „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, also eine transatlantische Partnerschaft für Handel und Finanzmarkt. Die USA und die EU wollen einen gemeinsamen Markt für rund 800 Millionen Verbraucher schaffen. Vor allem die gegenseitigen Zölle sollen in einem ersten Schritt abgeschafft werden. Sie liegen – quer über alle Wirtschaftsgüter – im einstelligen Bereich. Zum Zweiten geht es um Standards in der Wirtschaft wie einheitliche Stecker bei Ladegeräten oder Vorgaben für Maschinen- und Autohersteller. Und zum Dritten sollen auch sogenannte nichttarifäre Handelshemmnisse beseitigt werden. Darunter werden solche Vorschriften verstanden, die ein Partner erlassen hat und die den Handel behindern können.

    Was ist das zum Beispiel?

    Das europäische CE-Kennzeichen zeigt, dass der Hersteller den Sicherheitsbestimmungen der EU einhält. In den USA gilt es nicht und muss aufwendig neu beantragt werden. Auf der anderen Seite fordert die EU, dass die Vereinigten Staaten bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht mehr nur amerikanische Anbieter zulassen, sondern sich auch für europäische öffnen.

    TTIP-Leaks: Es geht unter anderem um Lebensmittelvorschriften

    Was steht in den Geheimpapieren?

    Es geht um viele Details, die aber für die Wirtschaft wichtig sein können. So soll zum Beispiel ein Container nicht noch einmal bei der Einfuhr kontrolliert werden, wenn er bereits bei seinem Versand gecheckt wurde. Einen breiten Raum nehmen Lebensmittelvorschriften ein, die für die USA eine große Rolle spielen. So heißt es in dem Rohentwurf der amerikanischen Seite, dass die EU die Zölle für Agrarprodukte senken und den Markt für Lebensmittel öffnen sollen, um mehr landwirtschaftliche Güter von US-Farmern zu kaufen. Im Gegenzug sei man bereit, auch die Einfuhrabgaben für europäische Autos zu senken.

    Warum ist das ein Problem?

    Es geht um einen weitgehenden Paradigmenwechsel. In Europa gilt das Vorsorgeprinzip. Produkte und Lebensmittel werden zugelassen, wenn sie nachweisbar nicht schädlich sind. In den USA dagegen gilt das Risikoprinzip. Waren dürfen so lange verkauft werden, bis ihre Gefährlichkeit nachgewiesen wurde. Im konkreten Einzelfall ist das schwierig. Aus amerikanischer Sicht gibt es keine Probleme, genmanipulierte Lebensmittel oder Fleisch, das mit Wachstumshormonen behandelt wurde, zu verzehren. Die EU verlangt zumindest einen deutlichen Hinweis auf der Verpackung, was viele US-Anbieter als Stigma und damit als Handelsbarriere empfinden. Ein mit Chlor behandeltes Hühnchen wollen die Europäer nicht, obwohl die US-Hersteller wissenschaftlich belegen können, dass diese Art der Desinfektion weder ein Risiko beinhaltet noch schädlich ist.

    TTIP-Leaks: Die Dokumente zeigen die amerikanische Maximalforderung

    Was wäre, wenn sich der US-Standpunkt durchsetzen würde?

    Zum einen würde die bisherige Umwelt- und Verbraucherschutz-Gesetzgebung der EU auf den Kopf gestellt, die ja darauf ausgerichtet ist, Risiken und Gefahren vorsorglich auszuschließen. Zum anderen wollen die USA die Europäer sogar zwingen, künftig die Notwendigkeit einer Verordnung zu prüfen und dem Partner Kosten und Nutzen von Alternativen darzulegen. Das könnte nach Einschätzung von Experten dazu führen, dass sich die EU-Mitgliedstaaten schwertun werden, neue Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards zu erlassen.

    Akzeptiert man in Washington denn den europäischen Kompromissvorschlag für Schiedsgerichte?

    In den nun veröffentlichten Papieren wird darauf kein Bezug genommen, aber ein eigener Vorschlag präsentiert. Die EU-Kommission hatte ja für öffentlich tagende Handelsgerichte plädiert, die von beiden Partnern mit Richtern besetzt werden. Dagegen setzen die USA nun ihre Idee von weiterhin privaten Schiedsgerichten, wie es sie im internationalen Handel seit Jahrzehnten gibt. Allerdings sollen diese transparenter werden. Verhandlungen könnten im Internet übertragen werden, Vertreter der Zivilgesellschaft sollen an den Verhandlungen teilnehmen dürfen. Öffentliche Gerichte lehnt Washington aber weiter ab.

    Was passiert denn jetzt?

    Die Echtheit der Papiere vorausgesetzt, zeigen die Dokumente nur die amerikanische Maximalforderung, mit der man in die nächsten Verhandlungsrunden geht. So sieht man das auch in Brüssel. Am vergangenen Freitag trafen in Washington die beiden Delegationsleiter zusammen. Dabei wurde deutlich, dass man sich über den Abbau von rund 97 Prozent der Zölle einig ist. Da geht es nur noch um Übergangsfristen und unterschiedlich lange Laufzeiten. Bei den restlichen drei Prozent scheint es allerdings wirklich schwierig zu werden, weil es vorrangig um Lebensmittel geht. Und das ist für beide Seiten ein hochsensibles Thema.

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