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Übernahme: Was dieser Handschlag für Opel bedeutet

Übernahme

Was dieser Handschlag für Opel bedeutet

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    Was dieser Handschlag für Opel bedeutet
    Was dieser Handschlag für Opel bedeutet

    Für Carlos Tavares ist die Opel-Übernahme erst der Anfang: „Wir wollen einen europäischen Champion schaffen“, sagt der Chef des französischen Autokonzerns PSA Peugeot Citroën, als er den Kauf des Rüsselsheimer Unternehmens vom bisherigen US-Mutterkonzern General Motors für 1,3 Milliarden Euro verkündet. Mit der Übernahme wird PSA nach Verkaufszahlen die Nummer zwei in Europa nach Volkswagen. Doch ohne Risiko ist der Coup nicht.

    Sich Opel einzuverleiben ist das bisher gewagteste Vorhaben des PSA-Chefs. „Eines Tages hat man Appetit, die Nummer eins zu werden“, ist ein bekannter Spruch des 58-Jährigen. Er stammt aus dem Sommer 2013, gut ein halbes Jahr später wird der Automanager Chef der PSA-Gruppe. Nun frisst der „Löwe“ – so das Peugeot-Logo – Opel. Bei PSA schafft es der gebürtige Portugiese Tavares innerhalb von rund zwei Jahren, die Gruppe in die Gewinnzone zu fahren. Der Erlös stieg 2016 um fast 80 Prozent auf knapp 2,2 Milliarden Euro. Und das nur drei Jahre nach der Beinahe-Pleite und dem Einstieg chinesischer Investoren und des französischen Staats. Bis 2020 will PSA nun auch den verlustreichen deutschen Hersteller wieder flott machen.

    Bis beide Seiten wie in der französischen Komödie „ziemlich beste Freunde“ werden können, sind nach Meinung von Experten noch harte Sanierungsschritte nötig. Vor allem in den Opel-Werken geht die Sorge um, dass nach einer Trennung von der bisherigen Konzern-Mutter GM tausende Jobs auf der Strecke bleiben könnten.

    Denn die Chance auf zusätzliche Märkte oder erhebliche Mehrverkäufe bestehe mit der Übernahme nicht, sagt Branchenspezialist Ferdinand Dudenhöffer. PSA und Opel seien mit ähnlichen Modellpaletten beide zu stark auf Europa konzentriert und hätten in den vergangenen Jahren beständig Marktanteile verloren. Tavares habe PSA in den vergangenen Jahren allein mit drastischen Sparmaßnahmen auf Gewinnkurs gebracht – ein Konzept, das er nun bei Opel wiederholen könnte.

    Im fernen Paris versucht Tavares, Bedenken zu zerstreuen. Seit er vor drei Jahren bei dem französischen Autobauer das Ruder übernommen habe, sei kein Werk auf der Strecke geblieben: „Eine Fabrik zu schließen, ist eher eine allzu simple Lösung“, sagt er. Die Pläne seien auch nicht auf Stellenstreichungen gebaut: „Wir geben den Menschen eine Chance.“

    Doch die Wende ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Das Zauberwort heißt bei Tavares Wettbewerb, auch innerhalb des Unternehmens. Jeder habe die Möglichkeit, „Richtgrößen zu erreichen“ – und in dem neuen Verbund werde es „europäische Richtgrößen“ geben. Die Ansage ist klar: Opel-Werke müssen sich künftig bei Kosten und Qualität an Fabriken in Frankreich, Spanien oder Großbritannien messen lassen.

    Dennoch könnten bei Opel „locker“ 10000 Arbeitsplätze wegfallen, glaubt der Berater Marc Staudenmayer. „Am Ende macht ein Käufer doch, was er will“, sagte er dem Manager Magazin. Zusagen zur Eigenständigkeit des Unternehmens Opel und Jobgarantien für die gut 38000 Opelaner bis Ende 2018 scheinen wenig wert zu sein. Nach den Maßstäben solcher Großübernahmen ist das bereits übermorgen.

    Tavares unterstreicht, dass gemachte Vereinbarungen mit den Gewerkschaften eingehalten würden. Aber was kommt danach? Dazu fehlen noch klare Antworten. Die Zukunft solle gemeinsam gestaltet werden, erklärt Tavares – die Verantwortlichkeit von allen Beteiligten sei dabei gefragt. Der Autoboss aus Paris, der lange bei Renault arbeitete, lobt mehrfach Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Das Signal nach Rüsselsheim: Neumann soll bei Opel an Bord bleiben. Neumann selbst befand gestern: „Heute ist ein historischer Tag für Opel und Vauxhall.“

    Die Gewerkschaften wissen, dass sie auch mit GM neu hätten verhandeln müssen und sind stark daran interessiert, in die Planung der neuen Mutter eingebunden zu werden. Daher verzichtet die IG Metall auf öffentliche Kritik und Machtdemonstrationen. Der europäische Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug sucht über die Ländergrenzen hinweg nach gemeinsamen Strategien.

    Wohin die Reise im neuen Konzern gehen wird, ist schon an aktuellen Modellen zu besichtigen, die aus einer 2012 gestarteten Kooperation zwischen GM und PSA entstanden sind. In weiten Teilen baugleich rollen gerade der Opel Crossland X, der Citroën C3 Picasso und der Peugeot 2008 auf die Straßen, allesamt im Opel-Werk Saragossa gefertigt. „Alles was man sehen und berühren kann, stammt von Opel“, sagt Crossland-Chefingenieur Olaf Kaden. Das Übrige kommt weitgehend aus dem PSA-Baukasten. (afp, dpa)

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