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Tabuthema: Italienischer Arzt will kompletten Kopf transplantieren

Tabuthema

Italienischer Arzt will kompletten Kopf transplantieren

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    Der italienische Chirurg Sergio Canavero zeigt in Turin Details zur Kopftransplantation. Die Operation soll körperlich kranken Patienten wieder einen gesunden Körper geben.
    Der italienische Chirurg Sergio Canavero zeigt in Turin Details zur Kopftransplantation. Die Operation soll körperlich kranken Patienten wieder einen gesunden Körper geben. Foto: Sismondi/Fotogramma/ROPI, dpa

    Ärzte können heute so gut wie jedes Körperteil transplantieren. Seit Jahrzehnten sind Herz-, Nieren-, Lungen-, und Knochenmarktransplantationen möglich. Eines der letzten Tabus der Medizin ist die Kopftransplantation. Technisch scheinbar unmöglich und ethisch fragwürdig. Wer fühlt sich bei einem aus zwei Körpern zusammengesetzten Wesen nicht an den Frankenstein-Mythos erinnert?

    Es gibt jedoch einen Mann, der dieses futuristische Szenario Wirklichkeit werden lassen will. Der italienische Neurochirurg Sergio Canavero will den Beweis führen, dass eine Kopftransplantation technisch möglich ist. „Als die Brüder Wright das erste Flugzeug konstruierten, wurden sie auch als verrückt bezeichnet“, entgegnet Canavero seinen Kritikern.

    Kopftransplantation: Ein Ärzte-Team gibt es schon

    Der medizinische Sinn seines Himmelfahrtskommandos leuchtet ein. Schwere Krankheiten, insbesondere Lähmungen, aber etwa auch Krebs oder Diabetes, könnten so besiegt werden. In Wirklichkeit ist die Kopftransplantation nämlich der Austausch eines kranken Körpers durch einen gesunden. Der funktionsfähige Kopf des Empfängers würde auf den gesunden Körper eines hirntoten Menschen gesetzt, des Spenders. Damit hören die Gewissheiten aber schon auf. Es sei denn, man heißt Sergio Canavero.

    Den „Rockstar der Neurochirurgie“, nennt ihn der italienische Wissenschaftsjournalist Edoardo Rosati, mit dem Canavero ein Buch über sein Projekt geschrieben hat. Canavero ist exzentrisch, bezeichnet sich selbst als Einzelgänger, betreibt japanischen Kampfsport, spricht angeblich acht Sprachen und soll eines seiner raren Interviews sogar auf Chinesisch gegeben haben. „Er ist ein hochgebildeter Nerd“, behauptet Rosati.

    Kopftransplantation bei einem Affen vor fast 50 Jahren

    Seit über 30 Jahren beschäftigt sich Canavero mit der Kopftransplantation, in renommierten Zeitschriften beschrieb der Italiener seinen verwegenen Plan. Danach würde in einem eigens einzurichtenden Operationszentrum mit bis zu 150 im Turnus arbeitenden Chirurgen zunächst der zu versetzende Kopf auf bis zu zwölf Grad heruntergekühlt und dann vom gelähmten Körper abgeschnitten. Der entscheidende und medizinisch umstrittenste Schritt ist die notwendige Durchtrennung der Rückenmarksnerven des Empfängers und ihre Zusammenführung mit denen des fremden, gesunden Körpers.

    1970 gelang in den USA die Kopftransplantation bei einem Affen, der anschließend jedoch gelähmt blieb und nach 36 Stunden starb. Canavero behauptet, er habe die Lösung: ein von Spezialisten angefertigtes, extrem scharfes Messer zur glatten Durchtrennung der Nervenfasern sowie den chemischen Stoff Polyethylenglykol als Klebstoff. Die Fachwelt ist skeptisch, aber der Italiener hat bereits ein Basisteam aus Ärzten in China, Südkorea und den USA beisammen, die seiner Idee folgen. „Die Wissenschaft interessiert sich für ihn, weil die Reparatur von zerstörten Nervenfasern ein großer Fortschritt wäre, etwa zur Heilung von Querschnittsgelähmten“, behauptet Rosati.

    Ein Chinese soll der erste Mensch sein, dem ein Kopf transplantiert wird

    Diese Aussicht ist Canaveros Trumpf, die Unbekannten sind zahlreich. Welche Überlebenschancen hätte der Patient mit seinem neuen Körper? Sind die Operation und die unkalkulierbaren Folgen einem Menschen zumutbar? Wie reagieren dessen Mitmenschen auf das neue Wesen?

    Im Frühjahr 2018 soll es in China so weit sein, endlich aus Canaveros Sicht. Eigentlich war das Vorhaben bereits für 2017 geplant, musste aber wohl deshalb verschoben werden, weil sich der Freiwillige, der Russe Valery Spiridonov, umentschieden hat. Nun soll Medienberichten zufolge ein Chinese der erste Mensch sein, dem ein Kopf transplantiert wird. AZ/maris

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