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Abklärungspauschale: Notaufnahme: Ärzte haben zwei Minuten für den Patienten

Abklärungspauschale

Notaufnahme: Ärzte haben zwei Minuten für den Patienten

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    Die Abklärungspauschale gilt seit dem 1. April. Unumstritten ist sie aber nicht. Dabei sollen Ärzte in kurzer Zeit abklären, ob der Patient in der Notaufnahme ein Notfall ist.
    Die Abklärungspauschale gilt seit dem 1. April. Unumstritten ist sie aber nicht. Dabei sollen Ärzte in kurzer Zeit abklären, ob der Patient in der Notaufnahme ein Notfall ist. Foto: Marijan Murat/dpa

    Seit dem 1. April gilt eine neue Regelung, was die Notfallversorgung in Krankenhäusern und Kliniken betrifft. Wie unsere Zeitung bereits berichtete, ist die damit verbundene Abklärungspauschale jedoch umstritten. Dabei bekommen Ärzte eine Pauschale, um zu entscheiden, ob der in der Notaufnahme aufgenommene Patient wirklich die Kriterien eines Notfalls erfüllt. Das soll dazu führen, dass man sich schneller um „echte“ Notfälle kümmern kann, sodass viel Zeit gespart werden könnt.

    Abklärungspauschale: Mehr Zeit für "echte" Notfälle in der Notaufnahme

    Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, dass die Notfallambulanzen sehr entlastet werden würden, wenn in einer ersten Abklärung Kassenärzte zwischen den Notfallgraden entscheiden. Dabei können die Ärzte die Patienten entweder zu einem niedergelassenen Arzt weiterschicken oder die stationäre Behandlung im Krankenhaus oder der Klinik für den Betroffenen wählen. Für diese Abklärung erhalten Kassenärzte tagsüber 4,74 Euro pro Patient und in der Nacht 8,42 Euro. Gassen erklärt: „Für diese Abklärung hat es bisher keine Honorierung gegeben. Seit dem 1. April ist dies anders. Nun gibt es für genau diese Abklärung eine Honorierung“.

    Haben Ärzte in zwei Minuten genug Zeit zum Abklären?

    Was viele durch die Abklärungspauschale befürchten, ist eine unzureichende Diagnostik unter Zeitdruck. Diese Meinung teilt auch der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer Dr. Max Kaplan:  „Ich muss als Arzt die Beschwerden jedes Patienten ernst nehmen. Ich muss seine Beschwerden abklären, und dazu gehört eine Diagnostik, die mindestens zehn bis 20 Minuten dauert".

    So viel Personal ist in den Kliniken der Region im Einsatz

    Augsburg: Das Klinikum Augsburg beherbergt 1735 Patientenbetten. Auf „Normalstationen“, die 42 oder 44 Betten beinhalten, betreut eine Pflegekraft nachts bei Maximalauslastung durchschnittlich 22 Patienten, sagt Stefan Graf aus dem Pflege-Vorstand des Klinikums. Auf den Intensivstationen betreut eine Kraft zwei Patienten, auf den sogenannten „Intermediate Care“-Stationen, die zur Überwachung der Patienten da sind, kommt auf vier Patienten eine Pflegekraft.

    Dillingen: Für Patienten in 200 Pflegebetten sind laut Pflegedirektor Max Kapfer nachts drei Ärzte vor Ort, drei ärztliche Hintergrunddienste stehen in Rufbereitschaft. Zwölf Pflegekräfte versorgen die Kranken: sechs auf der internistischen, drei auf der chirurgischen und drei auf der Intensivstation. Das entspricht bei voller Auslastung einem Schnitt von 16,7 Patienten pro Pflegekraft.

    Kempten: Das Klinikum Kempten hat 490 Patientenbetten. Es wollte sich an der Umfrage unserer Zeitung zunächst nicht beteiligen, weil wir die Zahlen nicht genau für alle einzelnen Fachbereiche aufgeschlüsselt haben.

    Landsberg am Lech: Um die Patienten in insgesamt 221 Betten kümmern sich nachts laut Pressestelle 16 Pflegekräfte, eine zusätzliche Pflegekraft steht als Rufbereitschaft zur Verfügung. Eine Pflegekraft kümmert sich nachts also durchschnittlich höchstens um 13,8 Patienten.

    Memmingen: Das Krankenhaus beherbergt 500 Patientenbetten auf zwanzig Stationen. Nachts sind dafür nach Angaben der Klinikleitung zehn Ärzte vor Ort im Einsatz, dazu kommen die Ärzte, die als „Hintergrunddienst“ im Notfall angerufen und einbestellt werden können. 36 Pflegekräfte sind nachts tätig, das heißt bei voller Auslastung: Eine Pflegekraft ist für 13,9 Patienten zuständig.

    Mindelheim: Um Patienten in 199 Betten kümmern sich laut Vorstand Franz Huber drei Ärzte. Vier Hintergrunddienste stehen rufbereit. Zudem sind nachts vierzehn Pflegekräfte vor Ort. Zwei Pharmazeutische Assistenten stehen im Labor und für Röntgenaufnahmen bereit. Ein Pflege-Assistent für Herzkatheter ist in Rufbereitschaft. Demnach kommen statistisch gesehen maximal 14,2 Patienten auf eine Pflegekraft.

    Ottobeuren: 120 Patientenbetten werden von zwei Ärzten im Nachtdienst betreut, sagt Vorstand Franz Huber. Im Rufdienst stehen drei Ärzte telefonisch bereit. Acht Pflegekräfte kümmern sich, im Labor und für Röntgenaufnahmen stehen zwei Pflegekräfte bereit, vier sind im Rufdienst. Demnach kommen höchstens 15,0 Patienten auf einen Pfleger.

    Ulm: Nach der bundesweiten Verdi-Umfrage hat das Klinikum Ulm eine Nachtdienst-Umfrage im eigenen Haus gestartet. Demnach wurden am vorvergangenen Wochenende 639 Patienten von 42 Pflegefachkräften und zwölf Hilfskräften versorgt. Die Intensivstation, die Notaufnahme und der Kreißsaal versorgten 106 Patienten mit 36 Pflegefachkräften, zwei Hilfskräften und drei Schülern. Im Schnitt kamen auf eine Fachkraft demnach tatsächlich 15,2 Patienten, in der Intensivstation pro Fachkraft 2,9 Patienten.

    Wertingen: Für 117 Patientenbetten sind nachts zwei Ärzte vor Ort zuständig, sagt Pflegedirektor Max Kapfer. Zwei Ärzte stehen im Hintergrund als Rufbereitschaft zur Verfügung. Zudem kümmern sich acht Pflegekräfte vor Ort um die Patienten. Pro Pflegekraft sind das nachts bei voller Auslastung also 14,6 Patienten.

    Die Daten beruhen auf dem Stand von 2015.

    Der Idee, dass die Patienten innerhalb von nur zwei Minuten durchgecheckt werden sollen, verwirft Gassen: Es sei „Unsinn, wenn behauptet wird, in zwei Minuten müssten alle medizinischen Entscheidungen getroffen werden.“ Ziel sei bloß, überfüllte Notaufnahmen zu entlasten und das möglichst schnell. AZ/dpa

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