Startseite
Icon Pfeil nach unten
Geld & Leben
Icon Pfeil nach unten

Weltall: Rettung für die ISS durch Vermessung von Weltraumschrott

Weltall

Rettung für die ISS durch Vermessung von Weltraumschrott

    • |
    Die Raumstation ISS muss immer wieder Trümmern von Weltraumschrott ausweichen. Dies könnte mit einer neuen Vermessungsmethode ein Ende haben. Foto: Paolo Nespoli/Archiv dpa
    Die Raumstation ISS muss immer wieder Trümmern von Weltraumschrott ausweichen. Dies könnte mit einer neuen Vermessungsmethode ein Ende haben. Foto: Paolo Nespoli/Archiv dpa

    Wenn es im Weltraum kracht, kann das verheerende Folgen haben. Mehrmals im Jahr müsse die Internationale Raumstation ISS wegen Schrotts Ausweichmanöver fliegen, sagt Wolfgang Riede vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart. "Schon ein 1,4 Zentimeter großes Stück kann die ISS gefährden." Das Problem: Durchs All schwirren Hunderttausende Trümmerteilchen. Sie sind die Überreste von Satellitenkollisionen, Abschüssen, Explosionen oder außer Kontrolle geratenen Geräten.

    Das sind Asteroiden, Meteoriten und Meteoroiden

    Feuerschweife, Explosionen, gleißendes Licht: Himmelserscheinungen wie Meteore und Kometen faszinieren die Menschheit seit Jahrtausenden. Aber was sind Asterioden, Meteorite und Kometen eigentlich genau?

    Asteroiden sind Klein- und Kleinstplaneten, die sich in einer Umlaufbahn um unsere Sonne bewegen. Bekannt sind bislang über eine halbe Million dieser Gesteinsköper, von denen die meisten nur ein paar Kilometer groß sind.

    Meteoroiden sind kleine und kleinste Körper, die sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne bewegen. Sie sind also den Asterioden sehr ähnlich, eine genaue Abgrenzung zwischen beiden Formen von Himmelskörpern gibt es auch nicht.

    Einige Meteoroiden kreuzen auf ihrem Weg die Erdbahn. Wenn sie in unserer Atmosphäre verglühen, nennt man die dabei entstehende Leuchterscheinung Meteor oder auch Sternschnuppe.

    Meteorite sind Körper aus Gestein oder Metall, die auf ihrer Reise durch das All in den Anziehungsbereich der Erde geraten und auf sie stürzen. Jedes Jahr fallen etliche Meteorite auf die Erde und ziehen dabei eine gleißend helle Spur durch die Atmosphäre.

    Meteorite, die auf der Erde einschlagen, können beträchtlichen Schaden anrichten - bis hin zu globalen Katastrophen. So entstand etwa das Nördlinger Ries durch den Einschlag eines 1,5 Kilometer großen Meteoriten.

    Ein Komet ist ein Himmelskörper aus Gestein und gefrorenen Gasen. Wenn sich Kometen bei ihrem Zug durch unser Sonnensystem der Sonne nähern, erhitzt sich ihr Gas und beginnt zu leuchten.

    Manchmal haben helle Himmelserscheinungen einen irdischen Ursprung. So können zum Beispiel verglühende Reste von Raketen oder sogenannter Weltraumschrott aussehen wie Meteore.

    Das amerikanische Space-Surveillance-Network (US SSN) ortet 25 000 Objekte mit einer Größe ab fünf Zentimetern. Unter anderem weil auch Wehrtechnik darunter ist, würden nur 16 000 veröffentlicht, sagt Riede. Über Zehntausende kleinere Teilchen wisse man gar nichts. Das US SSN warnt auf Basis seiner Daten regelmäßig vor Zusammenstößen im All. "Die Angaben sind allerdings relativ ungenau", sagt Riede.

    Vermessung des Weltraumschrotts dank Hightech-Geräten

    Mit seinem Team arbeitet er von der Schwäbischen Sternwarte in Stuttgart aus an einer genaueren Vermessung der Flugbahnen des Weltraumschrotts. Dafür nutzen die Schwaben die passiv-optische Detektion: Während in den Dämmerungsphasen morgens und abends Sonnenlicht die Objekte vor dunklem Himmel anstrahlt, verfolgt ein Teleskop den Verlauf. Ein Computerprogramm erkennt anhand der Sterne die genaue Position. "Wir haben von Stuttgart aus schon 30 Zentimeter große Objekte gesehen", sagt Riede.

    Noch präziser sollen die Ergebnisse mit Hilfe eines Lasers werden, der die Partikel anstrahlt. Messstationen auf der Erde erfassen zurückgestrahlte Photonen, also Lichtteilchen. Erste Tests waren schon erfolgreich, wie Riede sagt. Das Ziel: Entfernungen sollen mit einer Genauigkeit von etwa einem Meter gemessen, die Flugbahnen in 1000 Kilometern Entfernung auf fünf Meter genau ermittelt werden.

    Rekorde im Weltraum

    108 Minuten dauerte der erste Ausflug ins All von Juri Gagarin am 12. April 1961.

    Nur wenige Wochen später flog mit Alan Shepard der erste Amerikaner in den Weltraum. Er umkreiste aber nicht die Erde wie Gagarin.

    Valentina Tereschkowa war 1963 die erste Frau im All.

    Der Amerikaner Neil Armstrong setzte als Erster 1969 seinen Fuß auf den Mond.

    Erster Deutscher im Weltall war 1978 der DDR-Bürger Sigmund Jähn.

    US-Unternehmer Dennis Tito reiste 2001 als erster Weltraumtourist zur Internationalen Raumstation ISS – für rund 20 Millionen Dollar.

    Das erste Lebewesen, das die Erde gen Weltraum verließ, war im November 1957 die russische Hündin Laika.

    Über zwei Jahre verbrachte Sergej Krikaljow im All. Sechsmal flog der Russe in den Weltraum, insgesamt 803 Tage lebte er dort.

    Der längste einzelne Aufenthalt im Universum dauerte 437 Tage. Von Januar 1994 bis März 1995 war der Kosmonaut Waleri Poljakow durchgehend an Bord der Raumstation „Mir“.

    Müllvermessung: die Lichtverhältnisse müssen passen

    Allerdings haben die Stuttgarter morgens und abends je nur etwa zwei Stunden Zeit, in denen die Lichtverhältnisse passen. Zudem brauchen sie einen wolkenfreien Himmel - anders als zum Beispiel bei Radarmessungen, bei denen das Wetter keine Rolle spielt. So blieben im Schnitt sechs bis acht Beobachtungstage im Monat, sagt Riede.

    Und dann muss es schnell gehen: Die Gegenstände, die die Forscher beobachten wollen, rauschen mit einem Tempo von rund acht Kilometern pro Sekunde vorbei und sind dann nur wenige Minuten sichtbar. Für das mehrere Zehntausend Euro teure Spiegelteleskop ist das kein Problem, wie Mitarbeiter Daniel Hampf demonstriert. Gesteuert über einen PC dreht es sich ruckzuck in der geöffneten Schalenkuppel.

    Später einmal will das Team den Weltraumschrott sogar mit einem Hochleistungslaser reduzieren. Die Geschwindigkeit müsse mit der Kraft des Lasers so stark verringert werden, dass die angestrahlten Teile in die Erdatmosphäre sinken, wo sie dann verglühen. Solche starken Laser brauchen laut Riede ein eigenes kleines Kraftwerk.

    Aufräumarbeiten im Weltraum sollen folgen

    Das klingt zwar nach einem teuren Unterfangen. Allerdings werden die Wiederbeschaffungskosten der rund 1000 aktiven Satelliten nach Angaben der europäischen Weltraumagentur Esa auf knapp 100 Milliarden Euro geschätzt. Ein Verlust sei somit deutlich teurer als die Kosten für etwaige Abhilfemaßnahmen.

    Nur gibt es für das Problem Weltraumschrott keine Lösung, bloß ein paar Ideen: So könnten umhertorkelnde Überreste von Weltraummissionen von anderen Satelliten per Greifarm oder mit Netzen aufgesammelt oder Trümmer in erdnahen Bahnen kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Welche Ansätze am meisten Erfolg versprechen, sei heute noch nicht zu beantworten, sagt Rodrigo da Costa, Leiter der Abteilung für Zukunftsprojekte und orbitale Systeme beim Satellitenbauer Astrium.

    Auf die Frage, ob sich auch die Hersteller zu spät Gedanken über den zurückbleibenden Schrott gemacht haben, antwortet er: "Wir sind erst am Anfang der Raumfahrt." Seit 20 Jahren gehe es erst um die tatsächliche Nutzung für Bürger. Jetzt sei "also genau der richtige Zeitpunkt". Mit Blick auf sein Projekt sagt Riede: "Wir haben die Chance, mit dem Laser eine Vorreiterrolle zu spielen." dpa/AZ

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden