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Kommentar: Der Niedergang der Volksparteien krempelt das Parteiensystem um

Kommentar

Der Niedergang der Volksparteien krempelt das Parteiensystem um

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    Für die Volksparteien CDU und SPD und ihre Vertreter ist Wahl ein Debakel.
    Für die Volksparteien CDU und SPD und ihre Vertreter ist Wahl ein Debakel. Foto: Britta Pedersen, dpa

    CDU/CSU und SPD haben diesem Land seit Gründung der Bundesrepublik ihren Stempel aufgedrückt. Sie haben abwechselnd regiert und sind, wenn es die Lage erforderte, in Großen Koalitionen ganz eng zusammengerückt. Nun sieht es so aus, als ob die Ära der Volksparteien zu Ende ginge. Vor vier Jahren brachten die beiden gemeinsam noch fast 70 Prozent auf die Waage – am Sonntag waren es noch ganze 53,5 Prozent. Millionen Bürger sind der Union und der SPD davongelaufen. Die Große Koalition ist abgewählt. Dieser Niedergang der Volksparteien, der ja einhergeht mit dem Comeback der FDP und dem lockeren Sprung der rechts außen operierenden AfD in den Bundestag, krempelt das Parteiensystem um.

    Statt vier sitzen künftig sechs Parteien im Parlament. Das System franst an den Rändern aus, weil die „Großen“ an Bindekraft eingebüßt haben. Vorbei die Zeiten, als die Lager von Rot-Grün und Schwarz-Gelb um die Macht kämpften. Es gibt weder eine Mitte-Links- noch eine Mitte-Rechts-Mehrheit. In Deutschland, dem Musterland der Stabilität, sind die Verhältnisse ins Tanzen geraten. Regierungsbildungen werden schwieriger und erfordern noch mehr Kompromissbereitschaft. Wer wofür genau die Verantwortung trägt, ist für den Bürger künftig noch schwerer zu durchschauen.

    Angela Merkel ist Verliererin der Bundestagswahl 2017

    Die Union tröstet sich in der Stunde ihrer katastrophalen Niederlage damit, dass Angela Merkel ihre vierte Amtszeit in Angriff nehmen und gegen die CDU/CSU keine Regierung gebildet werden kann. Nun gut, so besehen wurden die wichtigsten Wahlziele erreicht. Aber Merkel ist die unzweifelhaft geschwächte Verliererin dieser Wahl, und Verluste von 8,5 Prozent lassen sich nicht schönreden. Der Union sind Millionen jener konservativen Wähler abhandengekommen, die mit Merkels Flüchtlingspolitik und ihrem Modernisierungskurs nicht einverstanden sind. In diese offene rechte Flanke ist die AfD gestoßen, hinter deren Fahne sich Rechte, Rechtsradikale, Konservative, Enttäuschte, Abgehängte sammeln.

    Sollte sich die AfD auf Dauer behaupten, widerfährt der Union jenes Schicksal, das die SPD – am anderen Ende des Spektrums – mit der Gründung der Linkspartei (und zuvor schon der Grünen) ereilt hat. Dann wird aus der CDU/CSU eine 30-Prozent-plus-Partei. Natürlich steht sie noch viel besser da als die SPD, die ja auch den Aufstieg der AfD und das während langer Jahre gewachsene Misstrauen gegenüber den „Eliten“ zu spüren bekommt. Doch zeigt der Absturz der SPD auf deprimierende 20 Prozent, wohin die Erosion der Wählerbasis führen kann. Die SPD blickt in den Abgrund und flüchtet jetzt, nachdem es mit ihr an der Seite Merkels steil bergab gegangen ist, in die Opposition. Ob sie dort, eingeklemmt zwischen Linken und Rechten, die Wiederauferstehung mitsamt einem klaren Profil schafft? Der gescheiterte Kanzlerkandidat Schulz, der das Amt des Parteichefs zu retten versucht, verkörpert jedenfalls nicht den Neuanfang.

    Nach der erstaunlich eindeutigen und umgehenden Absage der SPD an eine neue GroKo steuert Berlin auf ein Bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen zu. Diese vier mit ihren teils gravierenden Differenzen unter einen Hut zu kriegen, wird eine sehr komplizierte Veranstaltung – erst recht für Merkel und Seehofer, die ja Wähler von der AfD zurückgewinnen müssen. Da keiner der potenziellen „Jamaikaner“ an Neuwahlen interessiert sein kann, das Land in turbulenten Zeiten nun mal eine handlungsfähige Regierung braucht und schöne Posten winken, wird man sich irgendwie zusammenraufen und mit den neuen, unübersichtlicheren Verhältnissen arrangieren.

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