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Debatte: Spahn kooperiert mit Google: Macht er den Konzern noch mächtiger?

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Spahn kooperiert mit Google: Macht er den Konzern noch mächtiger?

Michael Stifter
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    Jens Spahn steht in der Kritik.
    Jens Spahn steht in der Kritik. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Die Macht von Google wird vielen Menschen langsam unheimlich. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aber offenbar nicht, im Gegenteil: Er kooperiert mit dem Internet-Riesen, um seriöse Informationen zu Gesundheitsthemen zu verbreiten. Nur macht er Google damit womöglich noch ein bisschen mächtiger.

    Spahns Pläne sehen so aus: Wer künftig in der Suchmaschine Stichworte rund um Krankheiten, Symptome oder Behandlungsmöglichkeiten eingibt, soll vorrangig auf dem staatlichen Gesundheitsportal landen. Dafür blendet Google einen besonders hervorgehobenen Infokasten auf der ersten Seite mit den Suchergebnissen ein. Der Minister erhofft sich davon eine möglichst große Reichweite – löst mit seinem Vorgehen allerdings massive Irritationen aus.

    Google-Kooperation: Spahn will eine möglichst große Reichweite

    Kritiker halten es für fragwürdig, wenn der deutsche Staat mit einem US-amerikanischen Konzern gemeinsame Sache macht, der nicht dafür bekannt ist, Nutzerdaten sonderlich zu schützen. Zudem fühlen sich Verlage und andere Medien, die ihre Leser gerade während der Corona-Pandemie mit zahlreichen aufwendig recherchierten Beiträgen ständig auf dem Laufenden halten, entscheidend benachteiligt.

    Spahn begründete die Operation Google damit, dass er möglichst viele Menschen erreichen wolle. Es sei nun mal Tatsache, dass die große Mehrheit der Deutschen die US-Suchmaschine täglich nutze. „Wenn wir ein Interesse daran haben, objektive, fundierte, evidenzbasierte Informationen rüberzubringen, dann bringt es mir nichts, wenn wir bei Google an Stelle 783.000 auftauchen“, erklärte der CDU-Politiker.

    Verleger warnen vor Angriff auf die Pressefreiheit

    Rudolf Thiemann, Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, hat für das Vorgehen des Ministers kein Verständnis. „Eine solche Verdrängung der privaten Presse durch ein staatliches Medienangebot auf einer digitalen Megaplattform ist ein einmaliger und neuartiger Angriff auf die Pressefreiheit“, sagte Thiemann. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger, Dietmar Wolff, wirft dem Ministerium außerdem vor, „die quasimonopolistische Stellung des Suchmaschinenkonzerns zulasten kleinerer Anbieter“ zu stärken.

    Die Verlage wehren sich nicht nur dagegen, dass ihre journalistischen Inhalte von Google künftig nachrangig behandelt werden sollen, sie ärgern sich auch über den Slogan, mit dem das staatliche Angebot wirbt. „Verlässliche Informationen für Ihre Gesundheit“, verspricht Spahn den Nutzern des Portals. Soll das im Umkehrschluss bedeuten, dass man sich auf die Texte von Journalisten in Tageszeitungen, in Magazinen oder auf Gesundheitsportalen nicht verlassen kann? Dieser Eindruck kann entstehen – auch wenn Spahn sein Angebot sicherlich anders versteht.

    Bremst der Staat die Medien aus?

    Der Gesundheitsminister hat nicht erst mit Beginn der Pandemie zu spüren bekommen, welche Macht halbseidene Nachrichten, Behauptungen und Falschmeldungen entfalten können, wenn sie im Netz verbreitet werden. Es geht ihm darum, dubiosen Scharlatanen oder Verschwörungsideologen seriöse Informationen entgegenzustellen. Doch genau das ist eben auch der Anspruch von Zeitungen, Magazinen oder Fachpublikationen wie der Apotheken Umschau. Deren Chefredakteur Dennis Ballwieser legt im Gespräch mit unserer Redaktion Wert darauf, dass er kein Problem damit habe, wenn auch der Staat diese Aufgabe erfüllen wolle.

    Es gehe ihm darum, dass der Staat sich dabei keinen unlauteren Startvorteil verschaffen dürfe. „Mit Spahns Modell wird die Auffindbarkeit unserer Inhalte zugunsten eines staatlich finanzierten Angebots systematisch heruntergedreht“, kritisiert Ballwieser. Mit einem fairen Wettbewerb habe das dann nichts mehr zu tun. „Ich finde es nicht in Ordnung, wenn das Ministerium hier in Kooperation mit einem Monopolisten an allen anderen vorbei die freie Autobahn zum Bürger nutzen will“, sagt der Journalist.

    Zwar ist die Redaktion des Gesundheitsportals nicht direkt im Ministerium angesiedelt. Ballwieser ist dennoch davon überzeugt, dass ihre Autoren nicht in gleichem Maße unabhängig vom Einfluss der Regierung sind wie Journalisten, die für private Verlage arbeiten.

    Lesen Sie dazu auch: So will Jens Spahn die Pflege in Deutschland reformieren

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