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Wahlkampf: Warum schweigt Robert Habeck zu den Vorwürfen gegen Baerbock?

Wahlkampf

Warum schweigt Robert Habeck zu den Vorwürfen gegen Baerbock?

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    Robert Habeck im „Wohnzimmer“ auf der Parteitagsbühne: Was denkt der Grünen-Chef heute über seine Kollegin Annalena Baerbock, die in großen Wahlkampfschwierigkeiten steckt?
    Robert Habeck im „Wohnzimmer“ auf der Parteitagsbühne: Was denkt der Grünen-Chef heute über seine Kollegin Annalena Baerbock, die in großen Wahlkampfschwierigkeiten steckt? Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Mit ihrem Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ wollte Annalena Baerbock den Bundestagswahlkampf aufmischen. Das ist der Grünen-Kanzlerkandidatin gelungen – aber völlig anders, als sie es sich vorgestellt hat.

    Seit sich um das Werk eine Plagiatsaffäre entsponnen hat, hält sich hartnäckig die Frage: Tauscht ihre Partei Baerbock doch noch gegen Robert Habeck aus? Schließlich scheint die Union mit Armin Laschet (CDU) an der Spitze schon weit enteilt. Wenn der Abwärtstrend anhält, könnte für die Grünen sogar der Kampf um Platz zwei eng werden.

    Die Baerbock-Affäre ist ein unerwartetes Geschenk für die SPD

    Für die Sozialdemokraten um Frontmann Olaf Scholz ist die Plagiatsaffäre ein unerwartetes Geschenk. Sie wittern die Chance, endlich aus ihrem Umfragetief herauszukommen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte unserer Redaktion: „Während Laschet sich versteckt und die Grünen einen Fehler nach dem nächsten machen, sind wir mit Olaf Scholz im Land unterwegs und im Gespräch mit den Menschen.“

    „Während Laschet sich versteckt und die Grünen einen Fehler nach dem nächsten machen, sind wir mit Olaf Scholz im Land unterwegs und im Gespräch mit den Menschen.“, sagt Lars Klingbeil.
    „Während Laschet sich versteckt und die Grünen einen Fehler nach dem nächsten machen, sind wir mit Olaf Scholz im Land unterwegs und im Gespräch mit den Menschen.“, sagt Lars Klingbeil. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Vom Grünen-Spitzenpersonal ist dagegen wenig zu hören. Baerbock hat sich in den Sommerurlaub verabschiedet, nachdem sie zuvor die Vorwürfe, sie habe Passagen aus Zeitungen und anderen Quellen fast wörtlich abgeschrieben, lächelnd dementierte. Auffällig geschwiegen hat Habeck, der anerkannte Autor. Wie es in Parteikreisen heißt, liege das aber nicht daran, dass er nun auf seine Chance lauere. Er selbst und alle jene, die ihn von Anfang für den besseren Spitzenkandidaten gehalten haben, wüssten, dass es schlichtweg zu spät ist für eine Kehrtwende. Eine Kampagne lasse sich nun mal nicht einfach keine drei Monate vor der Wahl auf ein neues Gesicht ummünzen. Für alle wäre am Ende womöglich der Schaden noch größer.

    Ausgerechnet die linksalternative Tageszeitung taz hatte Baerbock den Rücktritt als Kanzlerkandidatin zugunsten Habecks nahegelegt. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner stellte klar, dass ein solcher Schritt keinesfalls geplant sei. Im Umfeld von Robert Habeck heißt es, dass dies nicht bloß eine Durchhalteparole sei. Obwohl Habeck, der Schriftsteller und Philosoph, nach eigenem Bekunden einen Lebenstraum begraben musste, als Baerbock nach der Kanzlerkandidatur griff, sei er nun nicht bereit, in die Bresche zu springen.

    Habeck will nicht für Baerbock in die Bresche springen

    Habeck bliebe die äußerst undankbare Aufgabe, den von Baerbock in den Dreck gefahrenen Karren wieder herauszuziehen. Gelänge ihm dieses Wunder nicht, wäre auch er beschädigt, heißt es weiter. Stelle er sich dagegen im Wahlkampf-Endspurt brav hinter Baerbock, wahre er nicht nur die Chance, in einer möglichen schwarz-grünen Regierung Finanzminister zu werden. Ohne den Nimbus des Verlierers könnte er irgendwann sogar auch noch Kanzler werden.

    Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock hat in den jüngsten Umfragen an Zustimmung verloren.
    Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock hat in den jüngsten Umfragen an Zustimmung verloren. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Dass Baerbock von selbst ihre Kandidatur zurückzieht, glaubt fast niemand in Grünen-Spitzenzirkeln. Dazu drängen werde sie niemand, am allerwenigsten Habeck. Die intern ausgegebene Strategie lautet also etwa: Eisern festhalten an Baerbock, die Vorwürfe zurückweisen und relativieren, aber nicht mehr so hysterisch wie teils bisher geschehen. Denn die Plagiatshinweise werden konkreter, neue Negativschlagzeilen kommen hinzu. So berichtet der Tagespiegel, dass Baerbock für ihre nicht beendete Doktorarbeit über 40000 Euro Unterstützung von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung erhalten habe. Das sei nicht verboten, aber ungewöhnlich, so der Tenor. Womöglich, so die Überlegung bei den Grünen, könne es nötig sein, der Plagiatsdebatte um Baerbock durch eine Art einsichtiges „Teilgeständnis“ die Schärfe zu nehmen. Dann werde sich die Aufregung legen und wieder eine Debatte über Sachthemen möglich sein.

    Die Grünen sind in Umfragen abgerutscht

    Zum ersten Mal seit März sind die Grünen in einer Forsa-Umfrage wieder unter 20 Prozent der Wählergunst gefallen. 19 Prozent würden aktuell die Grünen wählen, die Union dagegen 30 Prozent. Dabei hatten sich die Grünen zeitweise in Schlagweite der Union bewegt, gerade als Armin Laschet (CDU) noch mit Markus Söder (CSU) um die Spitzenkandidatur rang. In der Partei versucht man nun, die Verluste kleinzureden. Die Umfragewerte seien eben nicht im freien Fall, sondern trotz der Affäre noch immer so hoch, wie es die Grünen vor kurzem kaum zu träumen gewagt hätten.

    Die Haushaltspolitikerin Ekin Deligöz (Neu-Ulm) macht gerade Wahlkampf in ihrer Heimat. Unserer Redaktion sagte sie: „Unterwegs in Bayern spüre ich jeden Tag den Wunsch nach politischer Veränderung. Die Klimakrise beschäftigt die Unternehmen und Betriebsräte. Eltern und Jugendliche wollen wissen, wie es im Herbst mit der Schule weitergeht. Sozialverbände rufen nach Zusammenhalt und Gerechtigkeit.“ Deligöz hat festgestellt: „Dort sind die derzeitigen Berliner Debatten sehr weit weg, aber unser Wahlprogramm und die inhaltliche Auseinandersetzung sehr präsent.“

    Noch immer sind die Chancen ja alles andere als schlecht, dass die Grünen der nächsten Regierung angehören. Am wahrscheinlichsten als Juniorpartner der Union, selbst eine Koalition mit SPD und Linkspartei unter grüner Führung scheint nicht ganz ausgeschlossen.

    SPD will weiter aufholen

    Die SPD hat aber längst noch nicht aufgesteckt, konnte bei Forsa um einen Punkt auf 15 Prozent zulegen. Klingbeil sagte: „Wir setzen ganz klar auf Olaf Scholz. Wer Scholz kennt, weiß, dass er die Dinge beharrlich angeht und durchsetzt.“ Das habe man zuletzt bei der globalen Mindeststeuer gesehen: „Dank seines internationalen Netzwerks muss Amazon endlich Steuern bezahlen. Das ist ein großer Erfolg und zeigt, dass Olaf Scholz Profi ist. Gerade in den kommenden Jahren, in denen es um wichtige außen- und innenpolitische Entscheidungen geht, ist es von großer Bedeutung, dass im Kanzleramt jemand sitzt, der weiß, was er tut.“ Die Stoßrichtung ist klar: Scholz, der Profi, die SPD als Garant der Stabilität.

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