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Kommentar: Europa darf sich von Lukaschenko nicht erpressen lassen

Kommentar

Europa darf sich von Lukaschenko nicht erpressen lassen

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    Weißrusslands Diktator Lukaschenko nutzt Geflüchtete als Waffe.
    Weißrusslands Diktator Lukaschenko nutzt Geflüchtete als Waffe. Foto: Sergei Shelega, dpa

    Die Europäische Union ist vor fünf Jahren an der Flüchtlingskrise beinahe zerbrochen. Der Staatenklub der Europäer hatte Bestand, doch das verbindende Band ist seitdem schwer überspannt. Nun könnte die Festigkeit einer neuen Belastungsprobe ausgesetzt werden.

    Der weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko nutzt Flüchtlinge gezielt als Waffe, um das Band zum Reißen zu bringen. Sein Hebel ist dafür derzeit noch zu klein, wenn sich aber zehntausende Afghanen vor den Taliban in Sicherheit bringen wollen, könnte die Kraft groß genug werden.

    Es rächt sich nun, dass die Europäer es versäumt haben, die europäische Migrationspolitik zu reformieren und einen fairen Kompromiss auszuhandeln. Die Länder an der Außengrenze – wie Griechenland, Italien und in Zukunft vielleicht auch Polen – fühlen sich von den Partnern im Stich gelassen. Das Prinzip, dass das Land zuständig ist, wo Flüchtlinge zuerst EU-Boden betreten, ist dysfunktional.

    Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, ob sich Europa von einem Diktator erpressen lässt.

    Hinzu kommt, dass sich osteuropäische Länder dagegen sträuben, Flüchtlinge aus muslimischen Staaten aufzunehmen. Wenn man ehrlich ist, wird sich an der verfahrenen Lage wenig ändern. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass es in Polen läuft wie in Griechenland. Die EU sieht weg, wenn die Außengrenze durch Sperrwerke abgeriegelt wird und die Grenzer Flüchtlinge zum Teil rabiat zurückweisen.

    Diejenigen, die durchkommen, landen dann in großer Zahl dort, wo sie eher akzeptiert werden und es höhere Sozialleistungen gibt, zum Beispiel in Deutschland. Der Aufschrei über das raue Grenzregime an den europäischen Außenposten ist berechtigt, gerät aber ohne eine gemeinsame europäische Antwort schnell billig. Denn eine Voraussetzung für die Zustimmung einer fairen Verteilung von Flüchtlingen ist, dass die Migration halbwegs geordnet und kontrolliert erfolgt. Das eine wird nicht ohne das andere funktionieren. Deutschland ist bereit, wegen seiner Größe und seiner wirtschaftlichen Kraft mehr Schutzsuchende aufzunehmen als andere.

    Ein zweites „2015/2016“ würde die Gesellschaft aber extrem unter Druck setzen und das innere Band genauso strapazieren, wie es auf EU-Ebene geschehen ist. Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, ob sich Europa von einem Diktator erpressen lässt. Lukaschenko hat die Mittel, die Menschen, die er zu sich ruft, zu versorgen.  

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