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Kommentar: Wo ist Olaf Scholz? Er muss das Kommando in der Corona-Krise übernehmen

Kommentar

Wo ist Olaf Scholz? Er muss das Kommando in der Corona-Krise übernehmen

Stefan Lange
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    Olaf Scholz ist in der aktuellen Corona-Krise bisher kaum zu sehen.
    Olaf Scholz ist in der aktuellen Corona-Krise bisher kaum zu sehen. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Man werde sich, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu Beginn der Corona-Pandemie erklärt, einst wohl viel zu verzeihen haben. Der CDU-Politiker konnte damals nicht ahnen, wie sehr er recht behalten sollte. Das Virus wütet seit bald zwei Jahren in Deutschland und die Liste der Versäumnisse ist lang. Die neue Ampel-Koalition und ihr Chef tun gerade alles, um sie noch zu verlängern. 

    „Wo ist Scholz?“, möchte man angesichts des Führungsvakuums in Berlin ausrufen. Der designierte Kanzler scheint abgetaucht zu sein, ein letztes politisches Lebenszeichen gab es am vergangenen Mittwoch bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages.

    Olaf Scholz stellte da die Einrichtung eines Bund-Länder-Krisenstabes in Aussicht. Die Einrichtung eines solchen Stabes darf hinterfragt werden, da die erforderlichen Daten zur effektiven Pandemie-Bekämpfung, RKI-Chef Lothar Wieler wies am Freitag sichtlich angesäuert ausdrücklich darauf hin, auch jetzt schon in Echtzeit zur Verfügung stehen. Vor allem aber: Der Krisenstab ist immer noch nicht eingesetzt.

    Wo ist Scholz? In der Corona-Krise ist der künftige Kanzler kaum zu sehen

    Deutlich mehr als 100.000 Corona-Tote sind in Deutschland bereits zu beklagen. Wie viele Menschen denn noch sterben müssten, damit eine Verhaltensänderung einsetze, fragte Wieler kürzlich. Er bezog das auf die Impfverweigerer, aber mittlerweile muss sich auch die neue Regierung diese Frage stellen lassen. Sie ist formal noch nicht im Amt, aber das ist kein Grund dafür, wichtige Entscheidungen aufzuschieben.

    Scholz und seine Sozialdemokraten waren bekanntlich schon an der alten Regierung beteiligt, er betritt kein Neuland, wie Grüne und FDP es tun müssen. Wichtige Akten aus dem Kanzleramt wanderten ohnehin schon über seinen Tisch. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm ihren Nachfolger zuletzt auf wichtige Auslandsreisen mit, führte ihn in den Kreis der Regierungschefinnen und Staatschefs ein. Die CDU-Politikerin machte damit deutlich, dass sie zur Stabübergabe schon bereit sei, bevor Scholz vor dem Bundesadler im Reichstagsgebäude seinen Amtseid ablegt.

    Scholz hat noch nicht einmal einen Gesundheitsminister oder eine Gesundheitsministerin benannt

    Der SPD-Politiker jedoch verhält sich merkwürdig zurückhaltend. Noch nicht einmal eine Gesundheitsministerin oder einen Gesundheitsminister hat er benannt. Dabei stünden mit Sabine Dittmar oder Karl Lauterbach mindestens zwei qualifizierte Sozialdemokraten zur Verfügung, die sich schon einmal einarbeiten könnten, damit bis zur Amtsübergabe keine Zeit verloren geht.

    Die Untätigkeit kommt im Volk gar nicht gut an. Laut dem von Forsa ermittelten RTL/ntv-Trendbarometer wird die Kompetenz der Ampel-Regierung jetzt schon deutlich niedriger eingeschätzt als nach der Bundestagswahl, die ja erst zwei Monate zurückliegt. Demnach traut nur noch etwas mehr als ein Viertel (27 Prozent) den drei Ampel-Parteien zu, mit den Problemen in Deutschland fertig werden zu können. Mit 60 Prozent erreichte der Anteil derer, die keiner Partei mehr politische Kompetenz zutrauen, einen Höchststand. Gesunken ist der Umfrage zufolge auch das Vertrauen in die Fähigkeiten von Olaf Scholz.

    Scholz muss in der Corona-Krise handeln - jetzt

    Schon im Oktober hätte es erste Maßnahmen mit Blick auf die vierte Corona-Welle geben müssen. Das wurde sträflich unterlassen und die Lage ist dramatisch. Experten weisen darauf hin, dass selbst für den theoretischen Fall, es würde ab sofort keine Neuinfektionen mehr geben, die Intensivstationen die nächsten Wochen mit den bereits Infizierten trotzdem überfrachtet würden.

    Scholz hat die Möglichkeiten zum Handeln und er muss es jetzt tun. Nicht erst nach dem SPD-Parteitag in ein paar Tagen, nicht erst nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages oder dem Erhalt seiner Ernennungsurkunde, sondern unverzüglich. Alles andere wäre unverzeihlich.

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