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Berlin: Die neue rot-grün-rote Regierung in Berlin knöpft sich die Autofahrer vor

Berlin

Die neue rot-grün-rote Regierung in Berlin knöpft sich die Autofahrer vor

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    Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer, Franziska Giffey, die Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin der SPD, und Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.
    Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer, Franziska Giffey, die Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin der SPD, und Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Foto: Carsten Koall, dpa

    Die erste offene Flanke hat Franziska Giffey bereits geschlossen. Anders als ihr Vorgänger Michael Müller wird die designierte Bürgermeisterin von Berlin nicht auch noch Senatorin für Wissenschaft und Forschung sein. Eine Regierungschefin, die gerade erst ihren Doktortitel verloren hat, als politisch Verantwortliche für die Akademia der Hauptstadt? Um sich diesem Vorwurf, dem zu erwartenden Spott und der Häme erst gar nicht auszusetzen, überlassen die Landes-SPD und ihre Spitzenfrau die Zuständigkeit für die Wissenschaft im neuen Senat dann doch lieber den Grünen. Sicher ist sicher.

    Zwei Monate nach den Wahlen steht inzwischen nicht nur die neue Ampelkoalition im Bund, auch in der Bundeshauptstadt haben sich drei Parteien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Und obwohl auch hier andere Bündnisse möglich gewesen wären, hat sich auch in Berlin rasch die naheliegendste Lösung durchgesetzt – in diesem Fall eine Fortsetzung der Koalition von Sozialdemokraten, Grünen und Linken, wenn auch unter neuer Führung.

    Der Streit um die Enteignung von Wohnbauunternehmen ist nicht beigelegt

    Die 43-jährige Franziska Giffey hat mit ihrer SPD zwar nur knapp zwei Prozentpunkte Vorsprung vor den Grünen, lässt an ihrem Führungsanspruch aber keinen Zweifel. Während Grüne und Linke noch berieten, wie sie gemeinsam mit der SPD die Botschaft von der Einigung denn am telegensten verkünden könnte, hatte die frühere Familienministerin bereits Fakten geschaffen und diese in den sozialen Medien schon bekannt gegeben – demonstrativ neben einem Berliner Bären in sozialdemokratischem Rot stehend.

    Die Aufregung über Giffeys kleine Provokation hat sich zwar schnell wieder gelegt, ein gelungener Start in eine neue Legislaturperiode allerdings sieht anders aus. Außerdem ist eines der heikelsten Themen nicht wirklich geklärt – nämlich die Umsetzung eines Volksentscheids, der die Enteignung der großen Wohnungsunternehmen in Berlin fordert. Mehr als das Einsetzen einer Expertenkommission, die nach einem Jahr eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen abgeben soll, ist den drei Parteien dazu bisher nicht eingefallen. Krach könnte es überdies in der Justizpolitik geben, die künftig von der Linkspartei verantwortet wird. Ohne Details zu nennen, hat deren Vorsitzende Katina Schubert bereits eine „linke Rechtspolitik“ angekündigt, die „deutliche Spuren“ hinterlassen werde.

    Die frühere Linken-Chefin Katja Kipping wird Sozialsenatorin

    Wie die Regierung genau aussehen wird, wollen SPD, Grüne und Linke erst öffentlich machen, wenn die Parteigremien und die Mitglieder der Linkspartei der Koalition formell ihren Segen gegeben haben. Als sicher gilt, dass die gebürtige Augsburgerin Bettina Jarasch dem Senat angehören wird: Die 53-jährige Ex-Journalistin, die gerne selbst Regierende Bürgermeisterin geworden wäre, wird als Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft gehandelt. Das bundesweit bekannteste Mitglied neben Franziska Giffey dürfte allerdings die ehemalige Parteichefin der Linken, Katja Kipping, sein. Die 43-jährige Dresdnerin, im Moment noch Bundestagsabgeordnete, soll neue Senatorin für Soziales werden. Finanzsenatorin könnte mit der Grünen Lisa Paus ebenfalls ein Import aus dem nahe gelegenen Bundestag werden.

    Berlin-Touristen sollen ein BVG-Ticket mitbuchen müssen

    Vorgenommen hat sich die neue Koalition jede Menge – 20.000 neue Wohnungen pro Jahr, neue Stellen in den Schulen und bei der Polizei, eine Modernisierung der ineffizienten, geradezu bürgerfeindlichen Verwaltung, einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Schwimmkurse für alle Kinder, die Verbeamtung von mehreren Tausend Lehrern, die bisher als Angestellte arbeiten, und die energetische Sanierung von Gebäuden im großen Stil.

    Rot-Grün-Rot wolle Berlin zu einer grünen, klimaneutralen Hauptstadt machen, sagt Bettina Jarasch. Geschätzter Finanzbedarf für den Umbau: drei Milliarden Euro pro Jahr. Finanzieren wollen die Koalitionäre ihre Klimaoffensive unter anderem mit deutlich höheren Parkgebühren, 60 zusätzlichen Blitzern für Temposünder und einem verpflichtenden Gästeticket für Berlin-Touristen. Wer vom Jahr 2024 an in einem Hotel absteigt oder über eine Buchungsplattform ein Quartier findet, muss dann immer ein Ticket für den Nahverkehr mitbuchen.

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