Kürzerer Weg für Patienten nach Tagesklinik-Aus: Hilft das Betroffenen?
Die Pläne für eine Psychiatrische Tagesklinik in Aichach sind begraben, dafür sollen Patienten ab sofort in Augsburg unterkommen können. Betroffene sind gespaltener Meinung.
Ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein oder doch eine gangbare Lösung? Nach dem überraschenden Aus der jahrzehntelangen Planungen für eine Psychiatrische Tagesklinik in Aichach und dem darauffolgenden Kampf von Betroffenen, Angehörigen, Sozialverbänden und der Politik vor Ort meldeten sich am Mittwoch die Bezirkskliniken Schwaben zu Wort: Ab sofort können Patientinnen und Patienten aus dem Aichacher Raum, die psychiatrisch-psychotherapeutische Hilfe benötigen, im Bezirkskrankenhaus (BKH) Augsburg behandelt werden – sofern Kapazitäten vorhanden sind. Bis etwa 2030 soll zudem ein Neubau mit Bettenzuwachs am BKH Augsburg realisiert werden, damit der Sektor Aichach-Friedberg (bisher BKH Günzburg) dort stationär behandelt werden kann. Gleichzeitig soll die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) in Aichach schon jetzt mit mehr Personal betrieben werden als geplant. Wie kommen die Ankündigungen bei den Betroffenen selbst an?
Bei dem Treffen am Mittwoch waren neben dem Vorstandsvorsitzenden der Bezirkskliniken Schwaben, Stefan Brunhuber, und dem Ärztlichen Direktor des BKH Augsburg, Prof. Dr. Alkomiet Hasan, auch Vertreterinnen und Vertreter des Fördervereins "Kennen und Verstehen" anwesend. Der Verein setzt sich für die Verbesserung der psychosozialen und sozialpsychiatrischen Versorgung im Landkreis Aichach-Friedberg ein. Vereinsvorsitzende Ingrid Haidle sagt unserer Redaktion: "Unser Gefühl ist nach wie vor sehr zwiespältig." Auch am Mittwoch habe man weiter um die Tagesklinik in Aichach gekämpft. "Die Hoffnung wurde uns endgültig genommen", sagt Haidle.
Tagesklinik-Aus in Aichach: "Kennen und Verstehen" nach wie vor zwiegespalten
Die Ankündigungen der Bezirkskliniken empfindet Haidle dagegen als positiv, sollten sie sich tatsächlich so bewahrheiten: "Optimal ist es nach wie vor nicht, aber wenn das tatsächlich so kommt, ist es auf jeden Fall ein Fortschritt für die Patienten aus dem Aichacher Raum." Gerade der angekündigte Ausbau der PIA in Aichach sei ganz wichtig. Haidle sagt: "Wir hoffen auch auf andere Ansätze, wie beispielsweise verstärkte Hausbesuche."
Auch Elsa G. (Name von der Redaktion geändert) kann den Versprechen der Bezirkskliniken etwas abgewinnen, mit der Klausel: "Wie es sich tatsächlich gestaltet, muss man abwarten." Die 80-Jährige leitet beim Verein "Kennen und Verstehen" die Selbsthilfegruppe für Angehörige, ihre eigene Tochter ist seit 30 Jahren psychisch krank. "Wir mussten da nach Günzburg, ich weiß nicht, wie viele Kilometer wir da verfahren haben." Insofern sei die Möglichkeit, als Patientin oder Patient im Augsburger BKH unterzukommen, positiv zu bewerten.
Zudem habe ihr der Bezirkskliniken-Vorstandsvorsitzende Stefan Brunhuber bei dem Treffen versprochen, dass Menschen aus dem Sektor Aichach-Friedberg in der Augsburger Tagesklinik unterkommen können. "Gerade nach der Entlassung aus der stationären Behandlung brauchen Patientinnen und Patienten Führung oder Begleitung, genau in der Zeit ist die Suizidgefährdung nämlich viel größer", sagt G. Die Möglichkeit, im Anschluss in der Augsburger Tagesklinik unterzukommen, wäre eine gute Lösung für den Übergang zurück in den Alltag.
Unterbringung im BKH Augsburg abhängig von freien Kapazitäten
Hans-Dieter Kandler, nicht nur SPD-Fraktionsvorsitzender im Aichach-Friedberger Kreistag, sondern auch Vereinsmitglied bei "Kennen und Verstehen", war ebenfalls anwesend bei dem Treffen mit den Bezirkskliniken. Er sieht die Entwicklungen als "kleinen Schritt": "Und den können wir begrüßen." Zur Ankündigung der BKH-Erweiterung bis etwa 2030 sagt Kandler: "Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."
Stattdessen bemängelt der ehemalige Meringer Bürgermeister die Kommunikation vonseiten des Bezirks: "'Kennen und Verstehen' arbeitet seit Jahrzehnten an der Tagesklinik in Aichach, und trotzdem wurde der Verein komplett außen vor gelassen." Gegründet wurde der Verein im Frühjahr 1997 auf Initiative der 2003 verstorbenen Friedberger SPD-Bezirksrätin Margit Blaha, die auch im Bezirkstag für die Tagesklinik in Aichach gekämpft hatte. "Das ist jetzt eine Entscheidung des Bezirks, ändern können wir nicht mehr viel", sagt Kandler und schiebt hinterher: "Zumindest für den einen oder anderen wird das eine Erleichterung sein – aber momentan ist man eben auf freie Kapazitäten angewiesen."
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