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Foto: Sofia Brandmayr
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Säcklerin Liselotte Hofer näht Leder zusammen. Seit Jahrzehnten fertigt die Todtenweiserin Lederhosen an. Damit wird bald Schluss sein.

Todtenweis
15.01.2023

Ein Leben für die Lederhose: Liselotte Hofer näht sie mit Leidenschaft

Von Sofia Brandmayr

Plus Seit Jahrzehnten fertigt die 75-Jährige aus Todtenweis Lederhosen nach Maß an. Auf ihren Tisch kommt nur Hirschleder. Doch bald wird damit Schluss sein.

Liselotte Hofer aus Todtenweis näht Lederhosen nach Maß. Seit Jahrzehnten macht sie das mit Leidenschaft. Mit nunmehr 75 Jahren denkt die Säcklerin allerdings ans Aufhören. Und das hat nicht nur mit ihrem Alter zu tun.

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Die Lederhosenschneiderei wurde Liselotte Hofer in die Wiege gelegt. Auch ihr Vater war Säckler. Er betrieb eine Werkstatt im Augsburger Stadtteil Lechhausen. Als dieser mit 55 Jahren plötzlich verstarb, übernahm die Tochter. Dem Metier ist sie bis heute treu geblieben, seit 1977 in ihrer eigenen Werkstatt in ihrem Wohnhaus in Todtenweis. Unter dem Namen Trachten Hofer machte sie sich bald einen Namen.

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Foto: Sofia Brandmayr
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Liselotte Hofer: Mit nunmehr 75 Jahren denkt die Lederhosen-Schneiderin aus Todtenweis ans Aufhören.

Aus langjähriger Erfahrung weiß die 75-Jährige: Lederhosen sind Mode abhängig. Zu ihren Todtenweiser Anfangszeiten kamen die Kunden aus der weiteren Entfernung. Denn im Bayerischen wurde die „Lederne“ damals kaum noch getragen. Erst später setzte sich das traditionelle Kleidungsstück auch in unserer Gegend wieder durch. 

Auch norddeutsche Kunden wollen Hofer-Lederhosen

Trachten Hofer war bald sehr gefragt. In den 80er-Jahren waren sechs bis zehn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei Lilo, wie sie von vielen genannt wird, angestellt. Ihr Kundenkreis kam im Laufe der vielen Jahre aus der näheren Umgebung, sehr stark aus dem Münchner und Ingolstädter Raum, aber auch aus Nordbayern und manchmal sogar aus Norddeutschland.

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Foto: Sofia Brandmayr
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Diese kurze Lederhose stammt aus der Werkstatt von Liselotte Hofer aus Todtenweis.

Heute arbeitet Liselotte Hofer alleine in ihrer Werkstatt. Sie fertigt die Lederhosen genau nach Maß an. Und sie passen immer, wie die erfahrene Säcklerin erzählt, ganz egal, ob es sich um lange oder kurze Trachtenhosen oder Bundhosen handelt. Darauf ist sie besonders stolz. Hofer schneidert übrigens auch Sonderformen, wie Reithosen oder lange Lederhosen in Jeansform.

In einer Hose steckt viel Arbeit. Hofer ist stolz darauf, dass jedes Teil von Hand aufgezeichnet wird und eventuell auch Muster von Kunden mit berücksichtigt werden. Viele Kundinnen und Kunden haben eine genaue Vorstellung, wie das Kleidungsstück aussehen soll. Unentschlossene schauen sich verschiedene Modelle an.

Liselotte Hofer weiß: Eine Lederhose verzeiht keine Stecknadeln

Für eine Hose verarbeitet die Todtenweiserin nur hochwertiges Leder. Auf ihren Arbeitstisch kommt nur Hirschleder. „Das ist das Beste“, sagt die erfahrene Schneiderin. Das Material bezog sie meist von der Gerberei Sperr aus Pöttmes. Weitere Zutaten wie Stickseide oder Knöpfe bezieht sie aus Oberbayern.

Wenn die Kunden dann die Bestellung aufgegeben haben, natürlich auch mit der passenden Stickerei, und die Maße genommen sind, beginnt die Arbeit: Schnitte heraussuchen, die sie in vielen Jahren gesammelt hat, ausschneiden und zusammennähen. Die Säcklerin muss sehr genau arbeiten, denn bei Leder kann man nicht Heften oder mit Stecknadeln arbeiten. „Da würden Löcher im Leder entstehen, die für immer sichtbar blieben“, sagt sie. 

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Foto: Sofia Brandmayr
Foto: Sofia Brandmayr

Säcklerin Liselotte Hofer bei der Arbeit: Hier klopft sie Leder.

Die Nähte werden mit einem Holzhammer geklopft. Einige Teile, wie Latz, Taschen oder der Steg an den Trägern, müssen doppelt sein, damit sie lange halten und stabil sind. Dafür verwendet Hofer selbst hergestellten Leim aus Kartoffelstärke und Wasser, denn andere Kleber, so ihre Erfahrung, werden hart und brechen mit der Zeit. Doch „der Kartoffelstärkekleber bleibt elastisch und geschmeidig“, erklärt die 75-Jährige. 

Die geklebten Teile kommen in eine Presse. Dafür verwendet die Schneiderin eine „Buchbinderpresse“ mit Holzbrettern. Anschließend wird weiter gearbeitet, natürlich mit Spezialgarn. Nach etwa zehn bis 15 Stunden Arbeit ist eine Lederlatzhose fertig genäht. Für die Stickerei zeichnet Liselotte Hofer freihändig ein Muster mit Kreide auf das Leder. Dann kommen Federkiel und Gummiarabikum zum Einsatz. Damit zeichnet sie das Muster nach. Das Sticken erfolgt außer Haus.

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Foto: Sofia Brandmayr
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Liselotte Hofer presst Lederteile zusammen. Seit Jahrzehnten arbeitet sie für ihre Firma Trachten Hofer. Doch nun naht das Ende des Betriebs.

Hofer kann auch die passenden Riemen zur Lederhose liefern. Sie kommen wiederum aus der Familie. Ihr Bruder und Neffe haben sich in Augsburg auf die Fertigung von Gürteln in Handarbeit spezialisiert (riemenmeister.de). 

Wie aber fühlt sich so eine maßgeschneiderte Lederhose an? Liselotte Hofer kann nur schwärmen: „Wunderbar weich und samtig ist dieses Leder – wie eine zweite Haut und es verströmt einen typisch ledernen Duft.“ 

Die Spatenbrauerei hat Lederhosen bei Liselotte Hofer bestellt

In ihrer langjährigen Schneiderei hat die Fachfrau viele Latzhosen angefertigt. Sie war auch für Vereine, wie Musikkapellen oder Schützenvereine tätig. Besondere Kunden waren die „Spatenbrauerei“ und Bierkutschenfahrer aus München, erinnert sie sich. Doch nun naht das Ende von Trachten Hofer. Zum einen wegen ihres Alters. Doch hauptsächlich liegt es daran, dass kaum noch gutes Leder zu bekommen sei, wie Hofer erzählt. Sie weiß jetzt schon: Wenn es so weit ist, wird sie am meisten die netten Kunden vermissen. Ihre Arbeit sieht die 75-Jährige bis heute als „Kür und nicht als Pflicht“.

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Foto: Sofia Brandmayr
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Eine Lederhose aus Holz bekam Liselotte Hofer zu ihrem 75. Geburtstag geschenkt.

Wie sehr Lederhosen zu ihrem Leben geworden sind, symbolisiert ein ganz besonderes Geschenk zu ihrem 75. Geburtstag: eine hölzerne Lederhose. Das passende Material dafür, eine Astgabel aus Buche, hatte ihr Ehemann im Garten entdeckt. Ein Freund aus der Nachbarschaft, Bruno Ullmann, schnitzte daraus die Holzlederhose mit dem Monogramm der Jubilarin „LH“ an der Seite und im Latz prangt das Firmenlogo „Trachten Hofer“. 

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