„Es ist ein warmer, sonniger Julimorgen, der 17. Juli 2035, als ich gegen 10 Uhr die Johannisstraße entlangfahre. Mit meinem Fahrrad bin ich auf dem Weg zu den Huber-Häusern. Hier ist schon etwas los.“ Mit diesen Worten, die ein wenig wie die ersten Sätze eines Science-Fiction-Romans klingen, begann die Architekturstudentin Brenda Herrera am Freitag die Präsentation eines Architekturmodells, das den Blick für eine mögliche Zukunft der weitgehend leer stehenden ehemaligen Graphischen Kunstanstalt öffnet.
Insgesamt 16 Studierende der Hochschule München haben im Rahmen ihres Entwurf-Seminars bei Professor Nicolas Kretschmann drei Modelle erarbeitet und dazu jeweils die Geschichte eines fiktiven Tagesablaufs in den Huber-Häusern erzählt: Menschen treffen sich beim Frühstück, beginnen ihre Arbeit in Werkstätten, Ateliers, im Co-Working-Space, gehen einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach, besuchen Vorträge, Konzerte oder Ausstellungen. Eltern und Kinder haben Spaß in der Bücherei, in der Spielecke, an der Tischtennisplatte oder im Garten.
Der Professor sieht in der Kunstanstalt eine ganz besondere Ressource
Die Zukunft der ehemaligen Druckerei stellen sich die Studierenden völlig frei als integratives Kulturzentrum für alle vor. Präsentiert wurden die gut durchdachten und detailliert gestalteten Modelle am Freitag im Pop-up-Store neben dem Rathaus gleich zweimal hintereinander. Fotostrecken, die im Inneren der Modelle aufgenommen wurden, ermöglichten den Betrachtern ein Raumgefühl und luden zum fiktiven Sparziergang ein. Wie erwartet war das Interesse riesig und der Applaus groß. Familien, junge Leute, Nachbarn und Anlieger, Mitglieder des Gemeinderats und Bürgermeisterin Sandra Perzul waren gekommen.
„Ich bin hier in Dießen aufgewachsen und kenne den Werdegang der Huber-Häuser aus meiner Jugend“, betonte Professor Nicolas Kretschmann in seiner Anmoderation. Es sei für eine Gemeinde etwas ganz Besonderes, eine derartige Ressource zu besitzen. Vor diesem Hintergrund wurden von den Studierenden Ideen zur Nutzung entwickelt, die als neutrale Diskussionsgrundlage dienen können. Die Modelle sollten einen Möglichkeitsraum eröffnen, den man weiterentwickeln und weitererzählen kann, und woraus sich im weiteren Prozess Konkretisierungen ergeben können. Einig waren sich die Studierenden und ihr Professor insbesondere darin, dass eine kulturelle und weitgehend konsumfreie Nutzung der Huber-Häuser einen großen Teil zur Wiederbelebung der Johannisstraße und des Ortszentrums beitragen könnte.
Werkstätten, Ateliers, Wohnungen und Platz für Gemeinschaft
Eine Besonderheit im Modell von Team 1 war eine kleine Ladenzeile im Erdgeschoss, wo insbesondere Kunstwerke und Gegenstände verkauft werden könnten, die in den Werkstätten und Ateliers der Huber-Häuser entstanden sind. Auch Wohnungen, die von der Gemeinde vermietet werden könnten, sind in den drei Gebäuden an der Straße untergebracht. Das Gemeinschaftszentrum soll von einem gemeinnützigen Verein, der die Interessen der beteiligten Akteure vertritt, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde geleitet werden. Der Betrieb, so die Idee, finanziert sich durch Mieteinnahmen aus Wohnungen und Arbeitsplätzen und den Eintrittsgeldern bei Veranstaltungen.
Eine Besonderheit im Modell von Team 2 ist der begrünte Innenhof. Im Erdgeschoss befindet sich unter anderem eine Gemeinschaftsküche, darüber ein lichtdurchflutetstes Tanzstudio. Ein Hausmeister ist für Reservierungen und Vermietungen zuständig. Auch Appartements werden kurzfristig vermietet. Das zweite Obergeschoss und andere freie Räume können nach und nach genutzt werden.
Auf viel Zuspruch stieß der Entwurf von Team 3. Entlang der Nordseite wird das Gebäude auch für Radfahrer erschlossen. Neben Werkstätten, Ateliers und einem Co-Working-Space gab es hier gestalterische Besonderheiten wie einen Laubengang, der zum Innenhof führt. Beim Yoga-Raum gibt es eine Spielecke und im Garten einen Spielplatz. Eine Besonderheit ist die lichtdurchflutete Westseite, wo mehrere kleine Räume geöffnet und als großer Raum umgenutzt werden. Von dort führt eine Brücke über eine Gemeinschaftsterrasse zu einem neuen Gebäude in Leichtbauweise, das zum Beispiel als Gästehaus genutzt werden könnte. „Es war wieder ein wunderbarer Tag – voller Kreativität, Überraschungen und kleiner Abenteuer, die den Alltag bereichern“, sagt schließlich die fiktive Brenda am 17. Juli 2035 über den Tag, den sie mit ihrer Freundin Clara in den Huber-Häusern in Dießen verbracht hat.
Die Kunstanstalt soll die Dießener vernetzen
„Wir haben versucht, den Bestand der Huber-Häuser größtenteils zu belassen und durch gezielte Veränderungen und Umbauten die Potenziale des Vorhandenen zu stärken“, erklärten die Studierenden der Hochschule München am Ende ihrer Präsentation. Großes Potenzial wurde von allen Teams auch im Garten im westlichen Teil des Grundstücks gesehen. Ein gemeinsames Ziel der Studierenden war es insbesondere, ein Kulturhaus zu entwerfen, das allen offensteht und das die Menschen in Dießen vernetzt.
Wie bereits berichtet, hat der Markt Dießen im Dezember eine Ideenwerkstatt zur zukünftigen Nutzung der Huber-Häuser ausgeschrieben, um Interessenten anzusprechen, die bis zum 31. März tragfähige Konzepte für das Gebäudeensemble anbieten möchten.
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