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Foto: Stephanie Pilick, dpa
Foto: Stephanie Pilick, dpa

Bunt im Mund: Solche losen Zahnspangen kommen zu Beginn der Behandlung bei Kindern zum Einsatz, wenn die bleibenden Zähne noch nicht da sind. Feste Spangen werden erst bei älteren Jugendlichen eingesetzt.

Landkreis Augsburg
09.08.2018

Wie eine Zahnspange fürs ganze Leben vorsorgen kann

Von Herbert Bischler

Bei Zahnspangen geht es um viel mehr als schöne Zähne. Experten aus dem Landkreis geben Tipps, auf was Patienten achten sollten.

Die kleine Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen sieht niedlich aus, kann aber auch ganz schön nerven, wenn die Klassenfotos am Ende des Schuljahres gemacht werden. Genauso lästig ist es, wenn in den schiefen Eckzähnen immer Essensreste hängen bleiben. Oder man beim Sprechen vorne an den Zähnen mit der Zunge anstößt und deswegen ein wenig lispelt. Viele Kinder und Jugendliche kommen wegen schiefer Zähne um eine Zahnspange nicht herum.

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Zum Beispiel auch Nico Tassinger aus Gersthofen, der seit einem Jahr eine feste Zahnspange trägt: „Ich hatte am meisten Angst davor, dass ich lispeln würde. Aber das war bei mir zum Glück nicht der Fall.“ Viele Jugendliche fürchten sich aber nicht nur vor Sprachfehlern, sondern genauso vor den Schmerzen im Mund oder, dass sie von ihren Mitschülern gehänselt werden.

Mittlerweile tragen etwa die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland eine Zahnspange, sagt Peter Proff, Direktor im Fachbereich Kieferorthopädie der Uniklinik Regensburg. Vor dem Einsetzen der Zahnspange bereiten sich die Patienten wochenlang vor.

Beim Kieferorthopäden werden Abdrücke von den Zähnen genommen und die Spange an den Mundraum angepasst. Der Kiefer wird geröntgt und fotografiert, um den Verlauf der Behandlung so genau wie möglich zu dokumentieren. Auch wenn die Jugendlichen wissen, was auf sie zukommt, ist der erste Schultag als Spangenträger dann eine Überwindung. Peinlich berührt trauen sich die meisten erst mal nicht zu lächeln oder heben beim Sprechen eine Hand vor den Mund, aus Angst vor doofen Sprüchen.

Eine gründliche Mund- und Zahnpflege ist für Spangenträger wichtig

Viel lästiger als die Witze der Mitschüler zu ertragen, ist der Alltag mit der Spange. „Die Zähne schmerzen nach dem Einsetzen der Spange und nach jeder Sitzung, in der der Draht vom Kieferorthopäden fester gezogen wird“, sagt Nico. Zudem soll man auf hartes oder klebriges Essen verzichten. Nach den Mahlzeiten bleiben meist Essensreste in der Spange hängen, die man mühsam wieder entfernen muss. „Am meisten vermisse ich Karamell“, sagt Nico. „Aber auch das gönne ich mir ab und zu. Selbst wenn ich es hinterher ein wenig bereue.“

Essen, Zähneputzen, Sprechen, Hänseleien: Dass es im Alltag nicht immer ganz einfach ist, weiß auch Andrea Schönauer, Kieferorthopädin aus Neusäß. Gerade deshalb sagt sie: „Eine gründliche Mund- und Zahnpflege ist essenziell für das Gelingen der Behandlung. Deshalb ist man auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen. Er steht dabei absolut in der Eigenverantwortung. Sonst kann sich zum Beispiel das Zahnfleisch entzünden.“

Dem pflichtet auch Thomas Freislederer, Zahnarzt aus Aystetten, bei: „Die Mitarbeit der jungen Patienten ist in der Tat wichtig. Nicht nur die Pflege der Zähne, auch die Ernährung spielt für den Erfolg der Behandlung eine Rolle.“ Doch die Mühen und Nerven, die eine Behandlung mit einer Zahnspange kosten, seien zumindest nicht umsonst, sagt Freislederer. „Zahnspangen sind nicht nur eine ästhetische Korrektur des Gebisses, sondern auch gesundheitlich wichtig und notwendig.“

Fehlstellungen der Zähne können Karies verursachen

Fehlstellungen der Zähne im Kindheitsalter könnten zur Kariesfalle werden, da zum Beispiel ohne eine Korrektur der Zähne mehr Essenreste in den Zahnzwischenräumen hängen bleiben. Dies könne zu Schmerzen, Beschwerden und sogar zu Zahnverlust führen, sagt Freislederer. „Prinzipiell können Menschen nach einer Spangenbehandlung ihre Zähne leichter pflegen und stärker belasten. Und heutzutage leben die Menschen auch länger als früher. Da wird ein gutes Gebiss im Alter sogar noch wichtiger.“

Andrea Schönauer ergänzt, dass neben den Zähnen vor allem der Kiefer bedeutend für die eigene Gesundheit ist. „Eine Fehllage des Kiefers kann später etwa zu Kiefergelenksproblemen oder in extremen Fällen sogar zu Schmerzen in der Wirbelsäule führen.“ Mit einer Zahnspange kann man also nicht nur sein Lächeln begradigen, sondern auch für die eigene Gesundheit vorsorgen.

Um die Behandlung für die Patienten so effektiv wie möglich zu gestalten, forscht die Kieferorthopädie immer weiter nach neuen Methoden. Die vergangenen 20 Jahre hat die Forschung vor allem geprägt, dass die Spangen so ästhetisch wie möglich aussehen, sagt Peter Proff von der Uniklinik Regensburg. Feste Spangen werden zum Beispiel vermehrt an der Zahninnenseite befestigt. „Es ist wichtig, für jeden Patienten die individuell beste Behandlungsoption zu finden“, sagt er.

Obwohl es Nico als einer der Ersten im Freundeskreis traf, litt er nicht so sehr: „Nach zwei Wochen haben sich die Freunde – und auch man selbst – dran gewöhnt. Außerdem wissen alle, dass es jeden treffen kann.“ Zudem weiß Nico, dass die Behandlung nur ein paar Jahre dauert, sich aber für ein ganzes Leben lohnt.

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