Der Streit um geschützte Bäume, die für einen Neubau nahe dem Fischertor fallen sollen, weitet sich aus. Anwohner sind entsetzt, dass umfangreiche Fällungen auf dem Grundstück an der Kilianstraße begonnen haben, obwohl noch keine Baugenehmigung vorliegt. Bei der zuständigen Immobilienfirma betont man, es handele sich um eine zulässige Rodung, die unverzichtbar sei. Aber müssen alle alten Bäume wirklich unbedingt weg? Der Augsburger Architekt Jörg Hilbich sagt: nein. Man könne den Neubau auch anders planen, sodass schützenswertes Grün erhalten bliebe.

Rund 50 Nachbarn, Eigentümerinnen und Eigentümer protestieren gegen einen Kahlschlag auf dem Grundstück an der Kilianstraße 5. Sie fürchten ums Grün im Viertel. Nun wurde bekannt, dass es einen Interessenten gegeben hat, der an genau dieser Stelle neuen Wohnraum schaffen und gleichzeitig geschützte Bäume erhalten wollte. Architekt war damals Jörg Hilbich. Auf Anfrage unserer Redaktion erzählt er jetzt, was damals gelaufen ist. "2019 wollten wir zunächst so viel Wohnraum in das Grundstück packen, wie hineingeht." Als er der Stadt dazu eine Skizze vorlegt habe, sei er ans städtische Amt für Grünordnung verwiesen worden, um sich dort abzustimmen. Ergebnis nach einem Ortstermin: Hilbich plante um, sodass der Großteil der geschützten Bäume im Westen und Süden erhalten worden wäre.
Streit in Augsburg: Beirat empfahl, die Bäume bestmöglich zu schützen
"Mit dem entsprechenden Abstand zum Grün hätten wir drei kompakt ineinander geschachtelte Gebäude errichtet und dort elf Wohnungen unterbringen können", sagt er. Der Entwurf fand 2020 auch die Zustimmung des Baukunstbeirates. Das Expertengremium empfahl ebenfalls, den rückwärtigen Baumbestand im Grundstück bestmöglich zu schützen. Hilbich erzählt, man habe diese Lösung wirtschaftlich durchgerechnet und einen entsprechenden Preis für das Grundstück geboten. Es habe jedoch weitere Mitbewerber gegeben. Diese hätten der Verkäuferin mehr Geld geboten und daraufhin den Zuschlag bekommen.
Letztlich erwarb das Unternehmen tfm Wohnbau die Immobilie in attraktiver Innenstadtlage, um dort anstelle des Altbaus eine neue Anlage mit insgesamt zwölf Eigentumswohnungen zu errichten. Geplant sind zwei Häuser mit einem Verbindungstrakt. Die Wohnungen im Parterre sollen Gärten bekommen. Neben oberirdischen Stellplätzen und einer Feuerwehrzufahrt wird es eine Tiefgarage geben. Laut Prokuristin Irmtraud Michel ist das Vorhaben mit dem jetzt vorhandenen Grüngürtel im Garten nicht machbar. Die Planungen sehen deshalb vor, bei der Stadt einen Fällantrag zu stellen und für die elf geschützten Bäume im Garten eins zu eins Ersatz zu pflanzen. Es handele sich um neues und attraktiveres Grün als jetzt, das ungiftig und deshalb auch für Kinder zulässig sei. Sie betont: "Auch die neu gepflanzten Bäume unterliegen dem Baumschutz und können nicht einfach entfernt werden."
Streit um Bäume in Augsburg: Immobilienfirma will nicht mehr umplanen
Michel sagt zu den Protesten von Nachbarn, bisher sei lediglich nicht schützenswertes Grün gerodet worden, was zulässig sei. Die geschützten Bäume sollen stehen bleiben, bis eine Baugenehmigung der Stadt vorliegt und klar ist, welche Auflagen sie enthält.
Die Frage ist jetzt, ob bei dem Projekt von tfm wirklich alles vorhandene Grün unbedingt weg muss. Architekt Hilbich bezweifelt das. "Auch bei zwölf Wohnungen wäre noch genügend Platz da, um einige Bäume zu schützen, wenn man anders plant." Nach seiner Meinung würde das vorhandene Grün Wohnqualität schaffen und dem Neubau sehr gut tun. Zumal in Augsburg normalerweise darum gekämpft werde, möglichst jeden schützenswerten Baum zu erhalten. Der Architekt kann sich nicht vorstellen, dass die Stadt bei den neuen Planungen von tfm andere Maßstäbe ansetzen wird, als es bei seinem Projekt auf demselben Grundstück der Fall war. "Ich wäre enttäuscht, wenn man dem nachgeben würde und der geschützte Baumbestand fällt."

Bei tfm kann man die Kritik nicht nachvollziehen. Man könne nicht so einfach eine Planung mit der anderen vergleichen und müsse nach dem Kauf des Grundstücks auch auf Wirtschaftlichkeit achten, sagt die Prokuristin. Das Vorhaben sei bereits mit dem Bauordnungsamt abgestimmt und entspreche der umliegenden Bebauung. Deshalb werde die Planung nicht mehr geändert. Michel sagt, Nachbarn, die jetzt protestieren, hätten die Chance gehabt, das Grundstück zu kaufen und das dortige Grün zu erhalten.