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Foto: Silvio Wyszengrad
Foto: Silvio Wyszengrad

Eva Maria Krauß wollte sich im Augsburger Impfzentrum impfen lassen, durfte aber nicht.

Augsburg
02.05.2021

Warum das Impfzentrum sich weigerte, eine Schwangere zu impfen

Von Christina Heller-Beschnitt

Plus Schwangere dürfen sich nicht gegen Corona impfen lassen - es gibt aber Ausnahmen. Eva Maria Krauß ist eine. Dennoch weigerte sich das Impfzentrum. Warum?

Es ist knapp zwei Wochen her, da stand Eva Maria Krauß voller Hoffnung vor dem Augsburger Impfzentrum. Doch die wurde bitter enttäuscht. Ihr Frauenarzt hatte der 43-Jährigen empfohlen, sich für eine Impfung gegen das Coronavirus anzumelden. "Ich wäre ehrlich gesagt gar nicht auf die Idee gekommen, mich impfen zu lassen. Ich dachte, das dürfen Schwangere eh nicht", erzählt Krauß nun. Aber weil ihr Arzt es der Augsburgerin nahelegte, meldete sie sich an und hoffte so, einem schweren Krankheitsverlauf zu entgehen und sich und ihr Baby vor dem Virus schützen zu können. Doch daraus wurde nichts. Vor Ort schickte eine Ärztin Krauß wieder nach Hause. "Ich war den Tränen nahe", sagt Krauß. Warum es so kam, versteht sie bis heute nicht. Das zuständige Gesundheitsreferat der Stadt Augsburg versucht aber, es zu erklären.

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Krauß ist Risikopatientin: Sie hat eine Vorerkrankung der Lunge - ihre Lunge ist sogar schon einmal kollabiert. "Ich kenne das Gefühl, fast zu ersticken. Das möchte ich nie wieder erleben", sagt die 43-Jährige. Weil sie zudem älter als 35 ist, zählt ihre Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft. Gründe, warum ihr Frauenarzt ihr zu einer Corona-Impfung riet.

Schwangere Risikopatientinnen dürfen geimpft werden - in Augsburg macht es aber niemand

Er stellte ihr auch ein Attest aus und Krauß gab bei der Anmeldung für das Augsburger Impfzentrum an, dass sie schwanger sei. Kein Problem. Sie bekam trotzdem online einen Termin zugewiesen. Nur geimpft wurde sie nicht. Der Grund: ihre Schwangerschaft. Das Impfzentrum wolle keine Haftung übernehmen, hieß es. "Obwohl ich ein Attest von meinem Arzt hatte, der mich seit 29 Jahren kennt. Und obwohl ich bereit bin, das Risiko selbst zu tragen", sagt Krauß. Warum haben sich die Impfärzte in Augsburg so entschieden?

Tatsächlich ist es so, dass Schwangere nach der aktuellen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) nicht gegen das Coronavirus geimpft werden sollten. Darauf beruft sich auch das Augsburger Gesundheitsamt, als es von Krauß' Fall erfährt. Auch wenn andere Länder anders vorgehen, fehlen der Stiko noch belastbare Daten, um eine Impfung von Schwangeren zuzulassen. So steht es im aktuellen Schreiben der Kommission. Doch danach folgt ein weiterer Absatz, den im Augsburger Impfzentrum anscheinend niemand gelesen hat - oder der den Ärzten nicht zur Absicherung ausreicht.

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Sind die Schwangeren nämlich Risikopatientinnen und haben in Absprache mit dem Arzt, der sie betreut, entschieden, dass in ihrem Fall eine Impfung sinnvoll ist, dann rät auch die Stiko zur Corona-Impfung. Eine Ausnahme gewissermaßen. Und genau die ist Eva Maria Krauß. Dennoch teilt das Gesundheitsamt Augsburg, das für das Impfzentrum zuständig ist, mit: "Die Atteste, die die Gynäkologie-Praxen ausstellen, können den Impfarzt im Impfzentrum nicht von der Haftung befreien, und es bleibt eine Reihenimpfung beziehungsweise Massenimpfung, dabei kann eine sorgfältige Nutzen-Risikoanalyse im Impfzentrum nicht erfolgen." Heißt: Schwangere werden im Impfzentrum in Augsburg nicht geimpft - auch wenn die Stiko dagegen keine Einwände hat.

Augsburger Gesundheitsreferat rät Schwangeren, sich von ihren Gynäkologen impfen zu lassen

Stattdessen rät das Augsburger Gesundheitsreferat allen Schwangeren, sich direkt an ihre Frauenärzte zu wenden: "Jede Gynäkologin und jeder Gynäkologe kann Impfstoff bestellen. Somit kann hier auch nach sorgfältiger Nutzen-Risikoanalyse die Impfung in der Praxis durchgeführt werden", heißt es. Nur Krauß sagt: Ihr Arzt könne noch keinen Impfstoff bestellen, weil dieser erst einmal nur an die Hausärzte verteilt werde. Und ihre Hausärztin wiederum verimpfe nur wenige Dosen AstraZeneca. "Und sie hat mir gesagt, in der Schwangerschaft sei das Thromboserisiko sowieso schon erhöht, da wäre es ihr zu riskant, mich mit AstraZeneca zu impfen."

Was also tun? Einen neuen Termin im Impfzentrum kann Krauß nicht vereinbaren - und es wäre wohl auch aussichtslos. Ihre Hausärztin kann sie ebenfalls nicht impfen. Also hat sich die Augsburgerin mit Briefen an Politiker, das bayerische Familienministerium und verschiedene Ärzte gewandt, in der Hoffnung, noch irgendwoher Hilfe zu bekommen. Bisher aber ohne Erfolg.

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