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Foto: Foto: Anne Wall
Foto: Foto: Anne Wall

Ein Leben ohne Hut, das können und wollen sich (von links) Anneliese Hartung, Marita Prestel, und Ursula Seidl nicht vorstellen.

Hutsalon am Augsburger Dom
27.04.2011

Behütet wie eine künftige Königin

Von Monika Schmich

Den Hutsalon am Dom gibt es seit 90 Jahren. Inhaberin Anneliese Hartung wird nach der Hochzeit am britischen Königshaus viel zu tun haben.

Sie werden kommen. Das ist sicher. Vielleicht schon am Freitag. Spätestens am Samstag. Die Kundinnen, die behütet sein wollen wie eine künftige Königin, gestylt wie Europas Hochadel. Anneliese Hartung wird vorbereitet sein. So viel ist sicher. Die Hochzeit von Prinz William und seiner Kate, die am Freitag in Millionen Wohnzimmern live über den Fernseher flimmert, ist schließlich nicht das erste royale Großereignis, das die Augsburgerin mitmacht.

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„Die Menschen identifizieren sich mit den Königshäusern“, sagt die 75-Jährige. Sie leiden und feiern mit ihnen und sie lassen sich inspirieren. Anneliese Hartung greift diese Inspirationen gerne auf. Seit 59 Jahren arbeitet sie als Modistin, als Hutmacherin. Ihr Laden, der Hutsalon am Dom, den sie 1964 von ihren Eltern übernommen hat, feiert in diesen Tagen das 90-jährige Bestehen. Er ist der älteste Hutsalon mit Atelier in Augsburg.

Noch heute werden in der kleinen Werkstatt hinter dem Tresen Kopfbedeckungen aller Art handgefertigt. Anneliese Hartung und ihre beiden Mitarbeiterinnen, Ursula Seidl und Marita Prestel, nähen, stecken und formen – so wie es der Kunde wünscht. Seit jeher haben die Adeligen großen Einfluss auf die aktuelle Hutmode, erzählt Hartung.

Kate Middleton zum Beispiel. Ihre Mini-Hüte mit üppigem Schmuck – Headpieces im Fachjargon – sind für viele Frauen ein beliebtes Party-Accessoire. „Vor allem die Jungen tragen das sehr gerne“, sagt Hartung. Oder der fast Wagenrad-große Hut, mit dem sie kürzlich fotografiert wurde. „Da kam eine Kundin und wollte auch so etwas haben.“

Anneliese Hartung wird am Freitag bei der großen Königshochzeit daher genau hinschauen. Vermutlich wird sie sich wundern über einige gewagte Modelle, wie sie Camilla Parker Bowles, Beatrix aus den Niederlanden & Co tragen. Und sie wird staunen, wie sich Maxima aus den Niederlanden gekonnt in Szene setzt. „Die hat immer sehr schöne Modelle auf.“ Anneliese Hartung hat einen Blick dafür. Wie viele Hüte sie bereits selbst gefertigt hat, weiß sie nicht. Etwa zwei pro Tag dürften es sein, schätzt die 75-Jährige. Da dürfen in all den Jahren um die 30000 zusammengekommen sein. Hartung kennt sie alle, die Hutmoden der vergangenen Jahrzehnte. Die Stile, die oft von großen Frauen geprägt wurden. Wie in den 60er-Jahren, als Jacky Kennedy mit schlichtem Pillbox-Hut zur Mode-Ikone aufstieg. Oder der legendäre Kopfschmuck der Audrey Hepburn mit üppigem Rand und Schleifen. Ein ewiger Klassiker, so erzählt Hartung, ist die Hutform, die Queen Elizabeth bevorzugt. Und als Joan Collins damals im Denver Clan mit Kopfschmuck auf dem Bildschirm erschien, da klingelte manchmal sogar noch am Abend das Telefon bei Hartungs. So einen will ich auch haben, hätten die Kundinnen erklärt.

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Doch trotz all des Glamours und royalen Charmes, der dem Hut anhaftet, Anneliese Hartung ist sicher: Ein Kopfschmuck ziert jede Frau. „Für alle Köpfe gibt es einen Hut. Wir sind dafür da, den zu machen.“ Die 75-Jährige selbst verlässt fast nie ohne Hut das Haus. „Weil ich mich sonst nicht wohlfühle“, sagt sie.

In den vergangenen Jahren sind Kopfbedeckungen aller Art wieder zunehmend in Mode gekommen, so Hartung. „Das ist einfach toll.“ Auch für das Geschäft. Das laufe gut. Immer mehr jüngere Kunden kämen in ihren Laden. Manchmal auch Prominente. Doch darüber mag Anneliese Hartung nicht sprechen. Ihre Hutträger seien zwischen 20 und 100 Jahre alt, erzählt sie. Und oft männlich. „Die sind unkompliziert“, findet sie. Hut auf, gekauft.

Ganz so einfach werden es Anneliese Hartung die Kundinnen am Wochenende wohl nicht machen – nicht nach dieser Hochzeit.

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