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Foto: Judith Roderfeld
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Nikki wartet im Tierheim in Augsburg auf ein neues Zuhause. Allem Anschein nach wurde die kleine Katze von ihren Besitzern ausgesetzt.

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Die Feuerwehr fand Mucki in einem Käfig an der Petristraße in Meitingen. Mit dabei: eine Anleitung für die richtige Haltung. Jetzt lebt das Kaninchen im Tierheim in Augsburg.

Augsburg
01.08.2018

Immer mehr Menschen wollen ihre Haustiere loswerden

Von Judith Roderfeld

In den Sommerferien sind die Tierheime besonders voll - denn bei einigen Familien bleibt neben Kindern und Koffern kein Platz mehr für das eigene Haustier.

An der Petristraße in Meitingen im Landkreis Augsburg hat die Feuerwehr den kleinen Käfig entdeckt. Darin hockte Mucki, ein Kaninchen mit Schlappohren. Daneben lag eine Anleitung - wie das Tier artgemessen zu halten sei, stand darauf. Dass Mucki ausgesetzt wurde, passierte am 2. Juli dieses Jahres. Vier Wochen vor Ferienbeginn.

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Mucki ist nicht das einzige Haustier, das den Besitzern in der Urlaubszeit lästig wurde. Gerade im Sommer steigt die Zahl ausgesetzter Haustiere. Im Augsburger Tierheim gibt es jedes Jahr mehr Fundtiere.

Pünktlich zum Start der Sommerferien sehnen sich die Menschen nach der Ferne. Es geht zum Campen an den Gardasee, zum Wandern in die Alpen oder Schwimmen ans Mittelmeer. Zwischen Kindern und Gepäck wollen einige Familien keinen Platz für ihr Tier schaffen. Mit ein Grund, warum so viele Katzen, Hunde und Kleintiere in den deutschen Tierheimen auf ein Zuhause warten.

Waren es in Augsburg 2015 noch knapp 1600 Tiere, wurden 2017 rund 2000 Haus- und Wildtiere im Tierheim aufgenommen. Dieses Jahr liegt die Zahl schon bei 1400 - und das im Juli. "Wenn die Zahl jetzt schon so hoch ist, werden wir dieses Jahr die meisten Aufnahmen haben", sagt Heinz Paula, Vorsitzender des Augsburger Tierschutzvereins.

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Nicht verwunderlich, dass die Aufnahmen in den Tierheimen steigen: Nach Angaben des Industrieverbandes Heimtierbedarf (IHV) ist die Zahl der Heimtiere in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren gewachsen. Demnach lebt in fast jedem zweiten Haushalt ein Haustier.

34,3 Millionen Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Ziervögel sind es nach dem Ergebnis des  IHV im Jahr 2017. Zum Vergleich: 2016 waren es noch 2,7 Millionen weniger. Die Katzen bilden hierbei den Vorreiter. Im Tierheim in Augsburg stellen Katzen die größte Gruppe der Fundtiere dar.

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Jedes Jahr steigt die Zahl der Aufnahmen im Tierheim in Augsburg

Stößt das Tierheim Augsburg an seine Kapazitätsgrenze, helfen Pflegestellen oder andere Tierheime aus der Region. Die Zusammenarbeit reicht außerdem bis nach Oberbayern, manchmal sogar über die Landesgrenze hinaus.

Heinz Paula ist jedes Mal erschüttert. Noch genau erinnert er sich an den Hund, der im Februar 2017 in einer Schachtel neben Abfalltonnen entsorgt wurde. "Der Hund wäre in der Müllpresse gelandet." Ebenfalls ein trauriges Schicksal erfuhr ein Hundewelpe, der in einer zugeschnürten Plastiktüte auf der Straße lag, im Hochsommer. Das ist jetzt schon einige Jahr her. "Aber sowas vergisst man nicht." Sein Blick ist ernst. So viel Grausamkeit, sagt er, könne er nicht verstehen.

Wären die beiden Hunde nicht gefunden worden - sie hätten einen qualvollen Tod sterben müssen. "Viele haben keinen Respekt vor der Kreatur. Die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft nimmt zu."

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Heinz Paula über ausgesetzte Tiere in der Ferienzeit

Mit ein Grund für die Zunahme der Fundtiere ist nach Angabe von Paula der illegale Tierhandel. "An jeder Ecke können die Menschen ein Tier kaufen. Sogar direkt aus dem Kofferraum." Zukünftige Hundebesitzer würden nach einem Schnäppchen suchen. Doch am Ende zahle das Tier. "Und zwar mit einem jämmerlichen Leben." Tierarztrechnungen können bei einem sogenannten Billigwelpen ebenso schnell in die Höhe schnellen. Das wiederrum führt dazu, dass einige Halter ihr Tier schnell wieder loswerden wollen.

Eltern würden den Kindern mit einem Haustier oft eine Freude machen wollen, sagt Tierpflegerin Tamara Hofmann. "Viele schaffen sich deshalb unüberlegt ein Tier an und unterschätzen, wie viel Arbeit das macht." Spätestens dann, wenn das Kind in der Pubertät sei und plötzlich andere Interessen Vorrang hätten.

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Border-Collie-Mix Ella steht hinter den Gittern des Ausgburger Tierheims.

Werden die Tiere nicht in einem Behälter vor das Augsburger Tierheim-Tor gestellt, an einem Parkplatz angebunden oder im Wald ausgesetzt, kommen die Halter oder Finder persönlich vorbei. Nicht immer mit der Wahrheit, weiß Paula. Doch dass das eigene Tier im Urlaub stört oder als Geschenk nicht versprach, was erhofft wurde, gibt niemand ehrlich zu.

Einer habe bei einer Aufnahme mal behauptet, den Hund gefunden zu haben, erzählt Paula. "Der Hund hat den Mann angeschaut und gejault." Es sei nicht zu übersehen gewesen, dass der Mann der Besitzer des Hundes war. "Aber wir können nichts beweisen." Der Vorsitzende vermutet, dass die Gebühren eines Tierheims eine Rolle spielen.

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Die Abgabegebühr beträgt im Augsburger Tierheim bei ungeimpften Hunden 150 Euro und bei nichtkastrierten Katzen ohne Impfung 120 Euro. Für Kleintiere zahlt ein Halter mindestens 10 und maximal 50 Euro.  Nicht jeder ist bereit, das zu zahlen und setzt sein Tier lieber aus. "Dabei ist die Summe im Vergleich zu der Größe des schlechten Gewissens sehr klein", betont Paula.

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