
Hubertushof: Der Gastwirt aus Leidenschaft verabschiedet sich

Plus Als Josef Riß in der Gastronomie begann, konnte er zwischen vier Häusern wählen. Er entschied sich für das große Lokal in der Firnhaberau. Nun steigt er aus.

Der 69-Jährige nennt sich "Gastwirt aus Leidenschaft", doch Josef Riß, der vor 29 Jahren den Hubertushof in der Firnhaberau übernahm, befindet sich auf der Zielgeraden. 30 Jahre wollte er den Hubertushof bewirtschaften. "Jetzt", sagt er, "haben wir 29 geschafft." Nach einem "Supersommer", in dem es wettermäßig gepasst hat, übergibt er den Betrieb an Romy Boles, der als Wirt der Maximiliansklause in der Jesuitengasse bekannt ist. Nur die Pandemie durchkreuzte Riß' Pläne, weshalb er an Silvester die schwere Holztüre ein letztes Mal persönlich zusperrt. Denn: "Für nächstes Jahr möchte ich kein Personal suchen müssen", sagt der Geschäftsmann, der sich in den vergangenen Jahren auf drei Festangestellte verlassen konnte, immer wieder aber auch auf bewährte Saisonkräfte zurückgriff.
Josef Riß, der, wie er sagt, "schon immer gerne organisiert" hat, fühlt sich als Landmensch und gleichermaßen als Vereinsmensch. Wenn er erzählt, ist herauszuhören, dass er sich inmitten der Firnhaberauer Siedlergemeinschaft deshalb stets am richtigen Ort fühlte. Obwohl er zunächst über Wehrdienstverweigerung nachgedacht hatte, begann seine gastronomische Laufbahn bei der Bundeswehr. Dort diente er zunächst in der Truppenküche, wurde Verpflegungsverwalter, machte Speisepläne und stieg bei den Gebirgsjägern zum Casino-Chef in Lenggries im Isartal auf. Nach sieben Jahren wechselte er im achten auf die Hotelfachschule, bevor es in den ersten Jahren Sechs-Tage-Wochen zu bestreiten galt. Erst im vergangenen Jahrzehnt gönnte sich Riß auch einmal eine Auszeit und hielt den Hubertushof nach dem Fasching für zwei Wochen geschlossen.

Spaß am gemeinsamen Kochen
Er sei eigentlich "der Riß Josef IV.", sagt er mit einem hintersinnigen Lächeln. Dass es sich bei der Familie mit Wurzeln in Sand im Norden von Augsburg um einen regelrechten "Riß-Clan" handelt, lässt sich am besten örtlich beschreiben. Sein Haus sei das erste, wenn man nach Sand reinfährt, das letzte gehöre auch einem Riß - seinem Cousin. Sicher ist sich der Wirt aus der Firnhaberau, dass sich in seinem Ruhestand viel im Garten abspielen wird. Dort wolle er sich ein Hochbeet aus Paletten bauen, denn er und seine Frau Inge, 65 - sie ist Geschäftsführerin des Hotels Klostergasthof in Thierhaupten - hätten auch privat viel Spaß am gemeinsamen Kochen. Überhaupt hat der familiäre Zusammenhalt für den beruflichen Wahl-Firnhaberauer eine starke Bedeutung. Das wird deutlich, wenn er die gängige Meinung von Bekannten zitiert, die da heißt: "Die Riß-Buam, die halten zusammen."

Überhaupt sind es sozialer Zusammenhalt und Geselligkeit, die Josef Riß seit jeher antrieben. Pro Woche kamen in seinen Gasthof 50 bis 250 Besucher. Egal, ob bei der Gewerkschaftsversammlung oder der Premiere der Theaterleut' des TSV Firnhaberau - jede Veranstaltung forderte auf ihre Weise Organisationstalent und Weitsicht. Zum Stammpublikum durfte Riß unter anderem auch die Labskaus-Esser des Marinevereins zählen. Und dann waren da die "gigantischen Veranstaltungen" von und mit dem mittlerweile nach Berlin entschwundenen, aber immer noch eng mit dem Stadtteil verbundenen Theater-Mann Rainer Lechner. Dessen Vater hatte seinerzeit den Hubertushof an Josef Riß vermittelt.
Geburts- und Todestag zugleich
Wieder einmal steht Silvester vor der Tür und wieder einmal ist es ein Zeitpunkt des Abschieds. Josef Riß feiert an diesem Tag nicht nur Geburtstag, sondern auch das Ende seiner Tätigkeit als Gastgeber im Hubertushof. Doch nicht immer war der 31. Dezember ein Tag der Freude. Es war an Silvester, als Josef Riß eine seiner beiden Töchter durch einen Autounfall verlor. Doch auch Schicksalsschläge wie dieser konnten den kontaktfreudigen, positiv eingestellten 69-Jährigen nicht dauerhaft aus dem Gleichgewicht bringen. Die jüngere Tochter, die den Unfall überlebte, half ihm mit der Geburt seines Enkels über diesen "düsteren Abschnitt unseres Lebens" hinweg. Einmal pro Woche dürfe er sich nun auf den Opa-Tag freuen, an dem ihn der Fünfjährige mit seinen für die Familie atypisch blonden Haaren und blauen Augen an seine verstorbene Tochter erinnert.
Allein wie sich die Stammkundschaft an diesem Nachmittag von ihm verabschiedet, zeigt, wie sie ihn als einen der Ihren schätzen und schon jetzt vermissen. Er selbst hat inzwischen reichlich Pläne für seinen Ruhestand. Sportlich will er sich wieder mehr dem Tennis zuwenden und außerdem Radfahren. Fest eingeplant sei eine Radtour nach Bozen. Und auch den Stammgästen fühle er sich in den Tagen des Abschieds verpflichtet, betont Riß. Aus diesen Grund hat er seinem Nachfolger als "Starthilfe ohne Gleichen" sein Terminbuch überlassen. Wegen Corona werde das Geschäft aber womöglich nicht nahtlos schon im Januar weitergehen können.
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