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Augsburger Philharmoniker: Fuhrys Finale steht in Augsburg an

Augsburger Philharmoniker

Fuhrys Finale steht in Augsburg an

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    Augsburgs 1. Kapellmeister Lancelot Fuhry wird noch eine Opernpremiere dirigieren, dann wird er das Staatstheater Augsburg und die Augsburger Philharmoniker verlassen.
    Augsburgs 1. Kapellmeister Lancelot Fuhry wird noch eine Opernpremiere dirigieren, dann wird er das Staatstheater Augsburg und die Augsburger Philharmoniker verlassen. Foto: Nik Schölzel

    Eine Premiere noch, dann wird Lancelot Fuhry in Augsburg den Dirigierstab einpacken. Den Eröffnungsabend der Oper „JFK“ wird der 1. Kapellmeister des hiesigen Staatstheaters noch leiten und gewiss auch noch die ein oder andere Folgeaufführung. Dann aber verabschiedet sich der 48-Jährige vom Orchester, irgendwann im Mai wird das sein, das genaue Datum steht noch nicht fest. Fuhry wechselt nach München an die dortige Musikhochschule, wo er eine Professur in Orchesterleitung für Schul- und Kirchenmusiker übernimmt.

    Fuhry, eine drahtige Erscheinung mit Gesichtszügen, die verraten, dass ihr Träger gerne lacht, ist seit knapp sechs Jahren in Augsburg engagiert. „Gar nicht so wenig“, findet er in Anbetracht der Tatsache, dass der Posten des ersten Mannes hinter dem Generalmusikdirektor zu den Stellen im klassischen Musikgeschäft gehört, die für erhöhte Fluktuation bekannt sind – Fuhrys unmittelbarer Vorgänger zog schon nach einer Spielzeit wieder von dannen. Er selbst war zum Herbst 2013 vom Theater Dortmund nach Augsburg gewechselt, damals noch unter der Ägide des Generalmusikdirektors Dirk Kaftan. Seither war er vor allem in der Oper am Pult der Augsburger Philharmoniker zu erleben gewesen, immer wieder aber auch im Konzert – hier wie dort ein stets hellwacher und inspirierter Dirigent, das Gegenbild vom Klischee des Gediegenen, das dem Amt des Kapellmeisters noch immer anhaftet. Im Gegenteil, Eloquenz und Spannkraft zeichneten Fuhrys Interpretationen aus, ebenso wie sein konsequenter Verzicht dick auftragenden Überschwangs.

    Auch die Nachdirigate müssen gründlich einstudiert sein

    Dass Fuhry sich nun verabschiedet, hat im wesentlichen zwei Gründe. Zum einen ist der Aufgabenbereich des 1. Kapellmeisters nicht gerade schmal. Im Falle Fuhrys gehörten dazu fünf Opernproduktionen pro Spielzeit. Und auch, wenn es sich dabei lediglich in zwei Fällen um Premieren handelte, so erfordern auch die Nachdirigate – jene Aufführungen, die der Generalmusikdirektor dem Kapellmeister überlässt – nicht weniger gründliche Werkeinstudierung. Dazu kam in der Regel noch mindestens ein großes Sinfoniekonzert sowie das ein oder andere weitere Programme mit dem Orchester dazu, etwa zu Neujahr oder zu anderen Sondergelegenheiten. „Es ist ja nun nicht so, dass ich nicht gerne arbeiten würde“, sagt Fuhry und hebt abwehrend die Hände, „aber das ist schon ein Quantum, bei dem man das ein oder andere Mal gerne mehr Zeit zum Einstudieren hätte.“

    Es gibt aber noch einen weiteren Grund. Schon seit seiner Studienzeit in Weimar liebäugelt Fuhry mit dem Gedanken, einmal selbst als Dozent an einer musikalischen Lehranstalt tätig zu sein. In München hat er schon seit ein paar Jahren einen Lehrauftrag an der Musikhochschule. Als ihn von dort nun das Angebot für eine reguläre Professur erreichte, sagte er zu. Was aber nicht heißen soll, dass er sich vom Dirigieren grundsätzlich verabschieden will.

    Augsburg, versichert er, verlasse er keineswegs „mit einem lachenden, sondern auch einem weinenden Auge“. Seine Zeit am Theater und mit dem Orchester war reich an Aufgaben, wie sie einen Orchesterleiter zu beflügeln vermögen. Zu den Höhepunkten zählt Fuhry etwa die Wiederaufnahme von Wagners „Lohengrin“ oder die Begegnung mit dem Regisseur Peter Konwitschny bei Janáčeks „Jenufa“ und Schostakowitschs „Lady Macbeth“, allesamt Produktionen, die er von seinen vorgesetzten GMDs übernahm. Und dann war da ja auch das Interim zwischen dem Weggang von Dirk Kaftan und dem Antritt von Domonkos Héja, eine Zeit, in der Fuhry kommissarisch die Geschäfte eines Generalmusikdirektors führte.

    Ist der unfreiwillige Wechsel in den Industriehallen-Martinipark für einen Dirigenten wie Fuhry ein Argument, sich leichteren Herzens aus Augsburg zu verabschieden? Der Kapellmeister schüttelt den Kopf. Nein, mit der Interimsspielstätte habe man sich ausgesöhnt, er habe sogar den Eindruck, das Orchester bekomme hier mehr Applaus, weil es nun nicht mehr in einem Graben versenkt, sondern offen sichtbar musiziere. Und doch, räumt Fuhry ein, er und Generalmusikdirektor Héja würden es schon sehr genießen, wenn sie, bei Gastspielen etwa, mal wieder in einem richtigen Orchestergraben ans Pult träten: „Es ist einfach heimeliger“.

    Ein Hauch von Musical über der Musik

    Im Martinipark läuft jetzt die heiße Probenphase für „JFK“, Fuhrys letzte Opernproduktion. Es ist die europäische Erstaufführung eines Stücks des US-Komponisten David T. Little, eine Oper, deren Handlung auf der Vita des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy basiert. „Das ist im besten Sinne amerikanisches Musiktheater“, so viel mag der Dirigent schon mal verraten. Der Komponist habe ein Händchen für verschiedenste Stile, in manchen Momenten liege über der Musik sogar ein Hauch von Musical. Gut möglich allerdings, gibt Fuhry zu bedenken, dass europäische Ohren in dieser Musik eines Zeitgenossen doch ein wenig die Klangreize der Avantgarde vermissen mögen. Am 24. März ist Premiere.

    Dem gebürtigen Berliner Fuhry ist Augsburg ans Herz gewachsen. Ein Ort mit allen Vorteilen einer großen Stadt, schwärmt er, der in der Innenstadt wohnt, „trotzdem bin ich mit dem Fahrrad in fünf Minuten eigentlich überall.“ So gut gefällt es ihm hier, dass er und seine Frau beschlossen haben, in Augsburg wohnen zu bleiben, mit dem Zug nach München, das sei ja ein Leichtes. Ehefrau Natalia, einige Zeit Dramaturgin am Augsburger Ballett und zuletzt bei den Opernfestspielen Heidenheim engagiert, hat es da weiter: Sie pendelt künftig nach Ludwigsburg zur Pädagogischen Hochschule.

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