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Friedberger Schloss: Aus der alten Burg wurde ein „Bürgerschloss“

Friedberger Schloss

Aus der alten Burg wurde ein „Bürgerschloss“

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    Die vielgestaltige Dachlandschaft des Friedberger Schlosses wirkt bewegt und lebendig.
    Die vielgestaltige Dachlandschaft des Friedberger Schlosses wirkt bewegt und lebendig. Foto: Stefan Heinrich

    Warum gibt es eigentlich im Landkreis Aichach-Friedberg so viele Burgen und Schlösser? Mehr als ein Dutzend existente, auch genutzte Schlösschen von Affing und Blumenthal bis Unterwittelsbach, dazu die „abgegangenen“, also nicht mehr vorhandenen Burgställe, Turmhügelburgen und Ruinen zwischen Dasing und Mering? Das waren Hofmarken, erklärt der Historiker und Heimatpfleger Peter Fassl: die Wohnstätten der kleinen Adligen im altbayerischen Land, die auf ihrem Besitz Herrschaft ausübten und die niedere Gerichtsbarkeit innehatten. Ihre Wohnsitze waren meist bescheiden, eher Herrenhäuser oder Gutshäuser als veritable Schlösser.

    Das Friedberger Schloss ist „von herausragender Bedeutung“

    Das Schloss in Friedberg ist da von anderem Kaliber. 1257 ließ es der Bayernherzog Ludwig II. als Schutzfestung an der Grenze zur Freien Reichsstadt Augsburg errichten. Dominanz der Reichsstadt sollte ebenso verhindert werden wie die Expansionswünsche des Augsburger Bischofs, der sein Hochstift über den Lech hinüber ausdehnen wollte. Die Veste hat also durchaus wehrhaften Charakter, eine richtige Burg eben, die sich gegen Angriffe abschotten und verteidigen, die aber auch von ihrer erhöhten Lange aus Ausfälle wagen kann. Dieser Charakter ist über die Jahrhunderte erhalten geblieben, trotz vieler baulicher Veränderungen nach Belagerungen, Bränden, Zerstörung und Wiederaufbau. „Von herausragender Bedeutung“ ist das Schloss, sagt Bayerns Generalkonservator Mathias Pfeil, sowohl als Keimzelle der Stadtentwicklung wie als Bauzeugnis und als weithin sichtbare Landmarke.

    Die größte Veränderung erfuhr das Schloss 1541. Der Augsburger Chronist Paul von Stetten sollte 200 Jahre später notieren: „Im Monat September brannte das benachtbarte baierische Schloss Friedberg, durch Verwahrlosung der darin liegenden Söldner, bis auf den Grund ab.“ Die Soldaten hatten wohl nicht aufs Feuer geachtet. Für den Wiederaufbau macht der Augsburger Maurer Narziss Krebs den Kostenvoranschlag. 519 000 Mauersteine waren nötig und mussten bezahlt werden. Zwei Inschriftensteine zeugen noch heute von den Bauabschnitten: 1552 war der Turm fertig, 1559 die Remise. Der bayerische Herzog Albrecht V. hatte sich nun aus der hochmittelalterlichen Burg ein respektables Renaissance-Schloss gemacht, mit vier Gebäudeflügeln und weit gespannten Satteldächern, einem Innenhof mit Arkaden, einem Eingangsportal unterhalb des Turms mit wuchtigen Rustica-Steinen, mit Fassadenschmuck und Erker, mit den herrschaftlichen Wohnräumen im Obergeschoß.

    Jede Menge neue Technik wurde im Friedberger Schloss verbaut

    Sieht man heute davon noch etwas? Kann das jetzt sanierte und für öffentliche Nutzung – Museum und Veranstaltungen – umgebaute Schloss noch von seiner alten Geschichte erzählen? Ja, durchaus, und besser als zuvor, da vielerlei Um-, Ein- und Zubauten für unterschiedliche Nutzungen vom 17. bis 20. Jahrhundert (zuletzt Vermessungsamt und Landpolizei) beseitigt wurden. Das Renaissance-Schloss, sogar die Mittelalter-Burg sind wieder erlebbar geworden. Man tritt nach wie vor über die Burgbrücke ein. Die Arkaden des Südflügels sind wieder da, nachdem die darin eingebauten Garagen verschwunden sind. Die Unebenheiten in der Putzfassade des Nordflügels sprechen ebenso von Vergangenheit wie der Fassadenschmuck über dem Hauptportal. Der kann in der neuen, leicht grünlichen getönten weißen Putzfarbe leuchten, ohne schrill zu wirken. Und wer den Blick nach oben richtet, sieht staunend eine grandiose Dachlandschaft, die spitzgiebelig die gesamte Vierflügelanlage bekrönt, die mit krummem First und kurvigen Biberschwanz-Flächen bewegt und lebendig wirkt.

    Dass sie so viel Altes erhalten haben, das ist dem Münchner Architekturbüro Braun, da vor allem dem Projektleiter Ulrich Schimtenings, sowie dem Friedberger Stadtbaurat Carlo Haupt sehr zu danken. Dabei wurde in dem Schloss jede Menge neueste Technik verbaut – von den eleganten Ringleuchten des Münchner Licht-„Papstes“ Mohrmann angefangen über Lüftung und Fußbodenheizung bis zu Museumstechnik, Catering-Küchen und Schließtechnik. Eingriffe in die alte Bausubstanz waren freilich auch nötig – der heute gültige Brandschutz will sich nicht damit abfinden, dass eine Burg eben nur einen einzigen Zugang hat, der schnell mittels Zugbrücke verschließbar ist, er machte zusätzliche Fluchtwege erforderlich und damit neue Türen, Treppen, Wege. Ein altes Kreuzgratgewölbe musste für den Einbau einer Fluchttreppe geopfert werden, doch wenigstens bleibt der Gewölbebogen an der Wand des Treppenhauses ablesbar, eine sensible Lösung, die wiederum Denkmalpfleger Pfeil ausdrücklich lobt. Schließlich sollte das Schloss heute „barrierefrei“ sein, und deshalb war auch kein schönes altes Katzenkopf- oder Lechkiesel-Pflaster im Hof möglich. Man kann es bedauern, dass der 500 Quadratmeter große Schlosshof mit glatten Beton-Platten ausgelegt ist, aber dies ermöglicht eben die Teilhabe von Rollstuhl- und Rollator-Nutzern.

    Das aristokratische Schloss, so haben es die Friedberger formuliert, sollte ja als „Bürgerschloss“ neu erfunden werden. So paradox dieser Begriff anmutet, so sehr beinhaltet er doch Positives und Nachdenkenswertes: Wir Heutigen können die baulichen Relikte einer überkommenden Gesellschaft der Ungleichheit für eine neue Nutzung in Gleichheit und Offenheit in Besitz nehmen – ein Gedanke, der für alle Denkmale zutrifft und durchaus auch Verpflichtung beinhaltet. Im Friedberger Schloss kommt diesem Gedanken entgegen, dass die Architekten auch das Innere – nahezu zweieinhalbtausend Quadratmeter Nutzfläche – klar und durchschaubar strukturiert haben: im Südflügel das Museum mit der wieder geöffneten Enfilade, im Nordflügel der Veranstaltungsbereich mit dem großzügigen Saal unterm imposanten, zehn Meter hohen Dachstuhl, dazwischen der Haupteingang mit Kasse, Café und neuem Treppenhaus. Der architektonischen Klarheit entsprechen wenige Farben und hochwertige Materialien: graue Fenster- und Türrahmen, bronzene Handgriffe und Geländer, ein fein geschliffener hellgrauer Estrich im Erdgeschoß und der sensationell schöne Bodenbelag aus breiten Eichendielen im Obergeschoß.

    Mit dieser Reduktion in Material und Farbe bekommt das Gebäude etwas Elegantes – wir befinden uns ja in einem Schloss. Aber es bleibt als Bau dennoch dezent im Hintergrund – bespielen sollen dieses Schloss ja die Bürger mit ihrer Kultur. Das Konzept ist stimmig und leuchtet ein; man kann Friedberg nur gratulieren.

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