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Konzert in Augsburg: "Frittenbude" in Augsburg: Sie kommen langsam, aber gewaltig

Konzert in Augsburg

"Frittenbude" in Augsburg: Sie kommen langsam, aber gewaltig

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    Johannes Rögner (l.) setzte eine Kampfansage an Rassisten.
    Johannes Rögner (l.) setzte eine Kampfansage an Rassisten. Foto: Mercan Fröhlich

    In der Münchner Technoinstitution „Rote Sonne“ war schon für viele Nachteulen Endstation. Für Frittenbude war der Klub vor 13 Jahren der Ort, an dem alles begann. Ihr aktuelles Album, dessen Tour die Band nach ihren umjubelten Auftritten beim Modular nun in die neue Kantine führte, heißt ebenfalls „Rote Sonne“. Ein Hinweis auf eine frühe Retrospektive einer alternden Band oder eine Allegorie für „die Liebe und die Revolution, die in uns allen brennt“, wie die Band dem Deutschlandfunk erzählte? Gespalten waren Fans und Presse. Da kommt ein schweißtreibendes Klubkonzert gerade recht, um den auf Platte vermissten Druck zurückzuholen.

    Konzert in Augsburg: "Frittenbude" in einer randvollen Kantine

    Johannes Rögner, ein Bär von einem Mann am Mikrofon, setzt mit der ersten Zeile sofort den Ton: Seine Kampfansage an die Rassisten in deutschen Parlamenten dröhnt über einen dampfwalzenden Bass in die randvolle Kantine, der sämtliche innere Organe einmal Ringelreihen tanzen lässt. Die Zeile „Ohne Flügel lebt es sich besser“ aus dem Opener „Und täglich grüßt das Murmeltier“ ist im Licht der innenpolitischen Schlagzeilen auch ein Gruß an einen gewissen Herrn, der in Thüringen lebt. Danach geschieht aber Unerwartetes: Frittenbude treten auf die Bremse. Vier, fünf Stücke im folgenden Block, darunter der Gruß ans Heimatlabel Audiolith, „Bilder mit Katze“, sind zu ähnlich, um nicht monoton zu wirken.

    Die Punkrockwurzeln der Exilberliner sind in diesem Teil offensichtlich – der stoische 4/4-Takt und die stakkatoartigen durchgehenden 16tel-Noten des Basses haben aber nicht diese zähneknirschende Unausstehlichkeit der Replacements vor 40 Jahren oder die Dringlichkeit einer Band wie Love A heute. Mit deren Sänger Jörkk Mechenbier schmiedeten Frittenbude den orkanartigen Rundumschlag „Die Dunkelheit darf niemals siegen“. Ein wichtiger Song. Inhaltlich; für das Konzert aber auch dramaturgisch.Von einer Sekunde auf die andere ist die vorher rätselhaft abwesende Energie plötzlich doppelt und dreifach wieder im Raum. Die agitatorischen Raps überfordern, die Dynamik des Songs baut eine nervenzerfetzende Spannung auf.

    "Frittenbude": Die Band hat Haltung, Humor sowieso

    Und dann lassen Frittenbude nicht mehr los, dazu sind sie eine zu erfahrene, zu gute Liveband. Der folgende Remix der alten Rabauken der Mediengruppe Telekommander hält das Energielevel hoch; ein überraschender Breakbeat-Teil mündet in ein Inferno, in dem der anfänglich schon gespürte Bass einmal mehr die Eingeweide umrühren darf – vielleicht ist das der Trick dieser Elektropunk-Füchse: der Spannungsbogen geht nicht durch einzelne Songs, sondern durch den ganzen Auftritt.

    Haltung hat die Band, Humor sowieso. Zuerst „Nie mehr zehn kleine Jägermeister“ zu brüllen und danach für fünf Sekunden wie die Toten Hosen auf Steroiden zu klingen hat mehr Witz als jede Pointe von Karl Dall. Man sieht deutlich mehr Hände und Fäuste in der Luft als Smartphonebildschirme, das Publikum ist nass geschwitzt und warm getanzt. Da wünscht man sich nach der Zugabe noch einmal die formidable Vorband shi offline auf die Bühne, die den Abend mit treibender, hypnotischer Leftfield-Elektronik eindrucksvoll eröffnete. Von ihnen ist bestimmt noch zu hören. Von Frittenbude weiterhin auch.

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