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Corona: Musikunterricht: Digital fehlen Gefühl und Seele 

Corona

Musikunterricht: Digital fehlen Gefühl und Seele 

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    Online-Gitarrenunterricht ist für Holger Marschall nur eine Notlösung.
    Online-Gitarrenunterricht ist für Holger Marschall nur eine Notlösung. Foto: Holger Marschall

    Endlich. Endlich ein Signal vonseiten der bayerischen Regierung. Ab Montag, 11. Mai, kann nun auch wieder der Instrumentalunterricht – sei es an Musikschulen, sei es privat – wieder von Angesicht zu Angesicht erteilt werden. Das hatte das bayerische Kabinett am Dienstag beschlossen. Bedingung für die Öffnung ist auch hier ein Hygiene- und Schutzkonzept.

    Gruppenunterricht ist noch nicht möglich

    Karl Höldrich, Leiter der Sing- und Musikschule der Mozartstadt Augsburg, bei der rund 3500 Musikschüler/innen Unterricht erhalten oder in Ensembles spielen, freut sich über diesen ersten Schritt. Es kann wieder Einzel-Musikunterricht stattfinden, allerdings nur in den Räumen der Musikschule selbst, im Zeughaus und in der Villa Leopold in der Gögginger Straße. Der Unterricht in Gruppen, Ensembles oder auch an öffentlichen Schulen, mit denen die Sing- und Musikschule kooperiert, ist bislang noch nicht möglich.

    Die vergangenen Wochen waren eine große Herausforderung für all jene, die Musikunterricht gegeben und auch erhalten haben. Hatte man am Anfang noch gedacht, man könne auch hier mit Online- und Video-Unterricht einen guten Ersatz finden, wurde für viele nach und nach klar: Nichts geht über den Präsenz-Musikunterricht.

    Der Klang der Gitarre ist eingeschränkt

    Holger Marschall unterrichtet klassische Gitarre. Anfangs war er positiv überrascht, wie gut es funktionierte, seine Schüler per Video zu unterrichten. Er nahm wahr, dass sie zum Teil konzentrierter, ja disziplinierter bei der Sache waren. „Es ist ein verändertes Unterrichten“, sagt Marschall, der sich vorstellen könnte, sogar manch gute Erfahrung aus dem Online-Unterricht wieder in den Präsenzunterricht einfließen zu lassen. Etwa die, die Schüler öfter einmal längere Passagen spielen zu lassen, ohne sie gleich zu unterbrechen und zu korrigieren. Unterrichten per Video ist und bleibt für ihn jedoch eine Notlösung. Der Klang der Gitarre sei durch die digitale Übertragung schon sehr eingeschränkt. So wuchs auch bei ihm die Sehnsucht, den Klang des Instruments wieder uneingeschränkt zu erleben und mit dem Schüler teilen zu dürfen.

    „Man spürt die Lücke“, meint Geigenlehrerin Monika Koch, die an der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg unterrichtet. Digitale Unterrichtsstunden wollte sie nicht geben. „Das stresst mich total!“ So hat sie alles drangesetzt, um für sich und ihre Schüler eine für sie stimmige Lösung zu finden: Die Schüler haben von ihr eingespielte Stücke per Audio-Dateien bekommen, dazu die Noten und handschriftliche Hinweise, worauf sie zu achten haben. „Das macht viel Arbeit, aber der Stress ist weniger“, so Koch. Der Vorteil auch: Die Schüler konnten sich die Audio-Datei öfter anhören, konnten mitspielen. Doch mochte dieses Unterrichtsmaterial auch noch so sorgfältig gestaltet gewesen sein, auch für Monika Koch geht nichts über den persönlichen Kontakt mit ihren Schülern. Es habe ihr „in der Seele wehgetan“, dass der Musikunterricht in den vergangenen Wochen nicht als „lebensrelevant“ betrachtet worden sei.

    Nach fünf Stunden Digitalunterricht am Limit

    Gabriella Türk unterrichtet Klavier u. a. bei der Musikschule bei St. Anna, und auch privat. Ein Anruf bei ihr nach über fünf Stunden Digitalunterricht am Nachmittag: „Ich bin am Limit. Das ist viel anstrengender als der Präsenzunterricht!“, sagt sie. Ihre jüngeren Musikschüler hätten zunächst das Neue geschätzt und auch mehr geübt. Auch sei es durchaus möglich, Text, Rhythmus und Agogik eines Musikstücks digital zu vermitteln. Und trotzdem: „Musik ist einfach mit Seele, mit Gefühl verbunden“, sagt sie. Und das braucht die Präsenz. Die wird nun bald wieder möglich sein.

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