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Friedberger Schloss: Über diesen Auftritt hätte sich Beethoven gefreut

Friedberger Schloss

Über diesen Auftritt hätte sich Beethoven gefreut

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    Ein Weltstar im Friedberger Schloss: Isabelle Faust und friends geben einen in jeder Beziehung ungewöhnlichen Kammermusik-Nachmittag.
    Ein Weltstar im Friedberger Schloss: Isabelle Faust und friends geben einen in jeder Beziehung ungewöhnlichen Kammermusik-Nachmittag. Foto: Michael Hochgemuth

    Sie kommt gern, wenn es der Kalender des Weltstars zulässt. Isabelle Faust, die vor 32 Jahren als 15-Jährige beim ersten Leopold-Mozart-Wettbewerb sensationell triumphierte, konzertiert immer wieder in Augsburg, wie in diesem Jahr. Sie hat aber auch die Nachbarstadt Friedberg ins Herz geschlossen. Nicht zum ersten Mal gastierte sie in einem Sonderkonzert des Musiksommers, dessen Atmosphäre und Qualität offenbar nicht nur Festivalleiter Karl-Heinz Steffens seit vielen Jahren inspirieren. In einem umjubelten Auftritt im Schloss verlängerte sie jetzt quasi nach Noten die Sonne des Musiksommers. „Isabelle Faust & friends“ machten Werke von Ludwig van Beethoven und Johannes Brahms zum Ereignis.

    Das in Friedberg intensiv geprobte Programm war der Start einer Tournee mit ihren, teils auch jungen Kollegen, alle in gehobenen Stellungen bester Orchester. Diese Mischung zauberte einen in jeder Beziehung ungewöhnlichen Kammermusik-Nachmittag. Das Genre Septett und Nonett erlebte eine Sternstunde.

    Eine sinnlich-spielfreudige Musizierlust

    Und Isabelle wäre nicht Faust, würde sie sich mit dem Vollzug einer routinierten Aufführung begnügen. Sie ist immer bestrebt, hinter jeder Note das Besondere zu suchen und zu finden – und dies klingt dann nicht akademisch-orthodox bemüht, sondern wird getragen von einer sinnlich-spielfreudigen Musizierlust und packenden Virtuosität.

    Von Beethovens Septett Es-Dur op. 20 heißt es, dass er es nicht mochte, ja sich sogar über „den Beifall dafür ärgerte“. Man kann mutmaßen, dass die Zustimmung seiner für ihn wichtigeren Schöpfungen ihm zu wenig war, als für dieses 1800 erstmals aufgeführte Stück Unterhaltungsmusik, wer weiß, wie die Musiker es damals umsetzten. Doch was Isabelle Faust und ihre Freunde daraus machten, hätte dem großen Meister unter Garantie gefallen. Welche Ausstrahlung und Magie Isabelle Faust auf die Mitspieler ausübt, war schon vor dem ersten Ton zu spüren. Ihre Gestik beim Akkord-Einsatz für die Bläser der langsamen Einleitung war so zwingend, dass das Ensemble die Spannung über alle sechs Sätze hielt.

    Alle Spieler wurden mitgezogen

    Aus den scheinbar routiniert gefälligen flotten Passagen der schnellen Teile, im Auftaktsatz, den virtuos gesteigerten Variationen, im dahin stiebenden Finale zauberte Isabelle Faust einen Reigen tanzender, gleichsam übermütig Rad schlagender oder lässig schlendernder Figuren. Man glaubte, einer Commedia dell’arte beizuwohnen. Es swingte. Die Menuette, das Adagio waren Traumbilder.

    Vor allem aber: Alle Spieler wurden mitgezogen, taten es ihr gleich, von dem kongenialen Bratschisten (Timothy Ridout), Cellisten (Christoph Coin), Kontrabassisten (Wies de Boevé) bis zu den fabelhaften Bläsern (Pascal Moraguès, Klarinette; Marco Postinghel, Fagott; Carsten Duffin, Horn).

    Brahms’ Serenade D-Dur op. 11 war ein Experiment. Aus der Orchesterfassung rekonstruierte Jorge Rotte die nicht mehr existierende Ur-Version als Nonett. Man erlebte statt üppig strömenden Orchesterklangs Strukturen, Linien und harmonische Ereignisse, man durfte Brahms sozusagen beim Komponieren beiwohnen. Naturhymnen, folkloristisch ungarische Tanzbewegungen, Drehleier-Anmutungen ergaben durch das virtuose Spiel des Ensembles (zu dem sich Flötistin Emily Beynon und Moritz Roelckes Klarinette einfügten) ein manchmal durchaus herbes, doch musikalisch spannendes Erlebnis. Es gab minutenlange Standing Ovations.

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