Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Feuilleton regional
Icon Pfeil nach unten

Festival: Eine musikalische Reise über den Atlantik

Festival

Eine musikalische Reise über den Atlantik

    • |

    Das Water and Sound Festival ist ein Idealbeispiel dafür, wie man eine langjährig etablierte Kulturveranstaltung, in diesem Falle das Festival der Kulturen, mit dem Welterbetitel der Stadt Augsburg für ihre Wasserwege auf eine neue Stufe heben kann. Es gehe darum, so Kultur- und Welterbereferent Jürgen Enninger, „die Menschen in Bewegung zu halten, sie zu engagieren, um den Mut nicht zu verlieren und im kulturellen Angebot der Stadt Sinn zu finden“. Der Fokus der diesjährigen Ausgabe liegt auf dem ein Fünftel der Erdoberfläche bedeckenden Atlantik, rund 350 Millionen Kubikkilometer Wasser, die das Leben auf dem europäischen Kontinent historisch, wirtschaftlich, kulinarisch, klimatisch und kulturell umfassend geprägt haben. 

    Im transatlantischen Dreieck aus dem afrikanischen, amerikanischen und europäischen Kontinent haben schon die Welser ihre kolonialen Spuren hinterlassen und damit an einem der dunkelsten Kapitel der Menschheit mitgeschrieben. Die teilweise unfreiwilligen Migrationsbewegungen und der Sklavenhandel bildeten „in der schwarzen Diaspora die kulturelle Grundlage für jegliche populäre Musik, von Blues bis Techno“, sagt Kurator Girisha Fernando. Um das Bewusstsein für das Erbe des sogenannten „Black Atlantics“ zu schärfen, um „Empathie und Austausch zu ermöglichen“, eröffnet das Festival in der Halle 1 des Glaspalasts mit dem Panel „Atlantic Exchange“ (25. Juli), bei dem Kulturhistorikerinnen, Musikerinnen und Aktivistinnen den "Black Atlantic" als historischen Raum und kulturellen Schmelztiegel erzählen.

    Die Wasservogelparade findet am 27. Juli statt

    Die mittlerweile dritte Wasservogelparade (27. Juli) trägt das Festival dann entlang der städtischen Wasserwege in die Innenstadt. „Der Vogel, dieses Jahr erschaffen von dem portugiesisch-französischen Künstlerduo Diogo da Cruz und Fallon Mayanja, symbolisiert spielerisch, dass Musik genau so elementar ist wie Wasser“, erläutert Fernando und auch dieses Jahr ist Musik in all ihren Facetten das Herzstück des Festivals. 

    Die beiden Extreme bilden einmal die Musikerinnen des Projekts Akutuk Origins aus Kamerun (3. August), die im Kuhsee mit bloßen Händen traditionelle, fast in Vergessenheit geratene Wasserperkussion aufführen werden. Auf der anderen Seite steht mit Gerald Donald (26. Juli) im City Club eine absolute Legende des Detroit Techno und der selbst organisierten, kollektiven Clubkultur auf der Bühne, die mit den Residents Djonni Laser und Lindenberg Support sein Set „Daughter Product“ spielt. Der City Club wurde als kulturpolitische Einrichtung im Geiste Donalds gegründet, daher ist es für Laser „eine besondere Ehre, mit dieser Legende zu spielen“.

    Water and Sound ist ein kuratierter Flug über drei Kontinente

    Das musikalische Programm dazwischen ist einmal mehr ein mit Expertise und Liebe kuratierter Flug über drei Kontinente, der zeigt, wie bei allen Differenzen die gesamte Menschheit nicht nur musikalisch verbunden ist. Bala Desejo (26. Juli), laut Fernando „die brasilianischen Beatles“, bringen aus Rio de Janeiro eine moderne Reminiszenz an die goldene Ära der brasilianischen Musik aus den 1960er- und 1970er-Jahren in den Annahof. Tags darauf zeigt Florence Adooni mit ihrer Band, wie viele verschiedene Einflüsse zu einem organischen Klang wachsen können. Die Frafra-Sängerin verbindet westafrikanische Musik mit westlicher Elektronik und Gospelgesang, der wiederum durch den britischen Kolonialismus in Ghana gelandet ist. 

    Die Band Waterbirds, ein Bläserensemble aus der lokalen Szene, wird wie schon 2023 mit einer Künstlerin ein einzigartiges Konzert spielen. Dieses Jahr arrangieren sie die avantgardistischen Popsongs der Portugiesin Ana Lua Caiano (27. Juli) und pflegen damit „den musikkulturellen Austausch in die lokale Szene hinein“, so die beteiligte Saxofonistin Eva Welz. Vor dem Höhepunkt auf der Freilichtbühne gibt es unter anderem noch moderne türkische Psychedelia der Künstlerin Gaye Su Akyol (27. Juli), deren Auftritte in Augsburg bisher durch Pandemie, Erdbeben und die restriktive Kulturpolitik Erdogans verhindert wurden, brasilianischen Indiepop von Ana Frango Eletrico (27. Juli) und marokkanischen Gwana-Wüstenblues von Hind Ennaira (3. August). 

    Am 4. August endet das Festival mit dem malischen Superstar Oumou Sangaré und der kapverdischen Sängerin Mayra Andrade, die mit Musikern der hiesigen Jazzszene und den Augsburger Philharmonikern auftritt. Wobei Festival vielleicht nicht der treffendste Begriff für das Water and Sound ist. Vielmehr ist es eine klimaneutrale, in allen Spektralfarben strahlende Reise durch die Klänge, die über fünf Jahrhunderte und drei Kontinente zu dem wurden, was sie heute sind.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden