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Fotografie: Straßenfotokunst in Schwarz-Weiß

Fotografie

Straßenfotokunst in Schwarz-Weiß

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    Schwarz-weiß und unbearbeitet sind, wie dieses Selbstporträt, die Fotografien von Mercan Fröhlich-Mutluay.
    Schwarz-weiß und unbearbeitet sind, wie dieses Selbstporträt, die Fotografien von Mercan Fröhlich-Mutluay. Foto: Mercan Fröhlich-Mutluay

    Für die Ästhetik flüchtiger Straßenszenen braucht es ein besonderes Auge. Mercan Fröhlich-Mutluay hat es und hält ihre Kamera drauf. Mystisch wirken ihre Fotografien: schwarz-weiß, unbearbeitet, nur die Kontraste sind im Nachhinein rauf oder runter geregelt. Schemenhaft ist ein Mann zu erkennen, der in Anzug und mit Aktentasche Stufen in Rom hinaufeilt. Er könnte in Hektik sein – oder ist das die übliche Geschäftigkeit der brodelnden italienischen Metropole? Es war diese Stadt, die Fröhlich-Mutluay zur Kamera brachte. Acht Jahre hat sie hier gelebt, die beiden Töchter aufgezogen. Ihr Mann arbeitete an der deutschen Schule.

    Fotos mit Tempo und Vergänglichkeit

    „Als er mit unseren beiden Kinder mal zu einem unserer üblichen Deutschland-Heimaturlaube fuhr, bin ich in Rom geblieben“, erzählt sie. In dieser Leere entdeckte sie das Fotografieren. Sie fing an, ihre Umgebung neu wahrzunehmen, den Nachbarn, der auf der anderen Seite der Straße jeden Tag um sieben die Fensterläden aufklappte und seine Lappen ausschüttelte. Die Vögel auf den Antennen der Dachterasse, die Nonnen auf dem Weg zum Papst. Sie hielt Momente mit langen Belichtungszeiten fest. In der Vergrößerung und gedruckt auf Fine-Art-Papier erzeugen sie einen verwirrenden Eindruck von Tempo und Vergänglichkeit. Nur eines ihrer Fotos aus der römischen Serie, die derzeit bei „Feinkost di Carlo“ am Obstmarkt zu sehen ist (noch bis Ende Januar), nimmt Farbe auf: ein starkes Rot im städtischen Meer der Graustufen. „Die Frau trug sehr bunte Kleider, dahinter grau-weißes Marmorpflaster der Kontrast war schon beim Anschauen faszinierend“, erklärt die Künstlerin diese Ausnahme von der Regel.

    Fluss und Bewegung stecken auch in ihrer eigenen Biografie. Die Künstlerin wurde 1971 in einem anatolischen Dorf an der Schwarzmeerküste nahe der Provinzhauptstadt Corum geboren. Als sie vier war, entschieden die Eltern, nach Deutschland zu gehen. Knapp zehn Jahre gingen sie und ihre drei Schwestern in Baden-Württemberg zur Schule, bis ihr Vater als einer der letzten die Ablöse des von der Bundesregierung aufgelegten „Rückkehrerprogramms“ annahm.

    Wieder im Dorf, so erzählt sie, hatte sie Mühe, ihren Eltern klar zu machen, dass sie als Mädchen weiter zur Schule gehen wollte wie die Jungen. Mit 15 Buben legte sie anschließend jeden Tag den knapp einstündigen Fußmarsch zur Realschule zurück. Fürs Abitur zog sie zu Verwandten nach Istanbul. Insgesamt sechs Jahre lebte sie dann in der Millionenstadt, studierte nach dem Abi Biologie. „Aber im Kopf hatte ich eigentlich immer Deutschland“, erinnert sie sich. Sie bewarb sich und schloss ihr Studium in Bayreuth ab.

    Jetzt fotografiert Mercan Fröhlich-Mutluay in Augsburg

    Von Rom kehrte sie erst 2017 nach Deutschland zurück. Ihr Mann unterrichtet jetzt am Holbein-Gymnasium, und Fröhlich-Mutluay stellt ihre Straßenfotokunst von Rom auf Augsburg um. Drei ihrer Werke im „Carlo“ sind bereits hier entstanden. Weitere schwarz-weiße Augsburg-Interpretationen hängen zum Verkauf in der „Stilmanufaktur“ in der Maximilianstraße.

    Im letzten Jahr erfüllte sie sich einen großen Wunsch. Sie suchte Ara Güler, den berühmtesten Fotografen der Türkei, in seinem Istanbuler Café auf. Wollte sehen, wie der Mann ist, den man das „Auge von Istanbul“ nennt und der die Stadt sowie ihre Bewohner über 60 Jahre lang in beeindruckenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen portraitiert hat. „Er war mein Idol, irgendwie auch ein Vorbild. Man hatte mir gesagt, er sei ein wenig mürrisch. Das stimmte. Als ich ein Foto von ihm machen wollte, sagte er ‚mach schnell, Mädchen, ich hab nicht ewig Zeit’“, lächelt sie. Güler starb im Oktober 2018.

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