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Initiative: Staatstheater lockt mit "Never Have I Ever!" Theater-Neulinge an

Initiative

Staatstheater lockt mit "Never Have I Ever!" Theater-Neulinge an

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    Auf der Bühne im Martini-Park suchte das Staatstheater Augsburg mit "Shockheaded Peter" ein Publikum mit noch wenig einschlägiger Erfahrung für das Theater zu gewinnen.
    Auf der Bühne im Martini-Park suchte das Staatstheater Augsburg mit "Shockheaded Peter" ein Publikum mit noch wenig einschlägiger Erfahrung für das Theater zu gewinnen. Foto: Jan-Pieter Fuhr

    Ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben hat man alle aufregenden ersten Male schon erlebt – oder etwa doch nicht? Mindestens eine Sache findet sich immer, deren erstes Mal noch bevorsteht. Das erste Mal ein neues Restaurant ausprobieren, in eine fremde Stadt fahren ... die Möglichkeiten gehen nicht aus. Für manche Menschen ist es eben das Theater, das noch nie erlebt wurde. Und genau diese Zielgruppe lockte das Staatstheater Augsburg nun in eine der Vorstellungen seiner Inszenierung "Shockheaded Peter" in den Martini-Park. 

    "Never have i ever!" ist eine Idee der Kuratorinnen der Begegnungsplattform A, zusammen mit der Theatervermittlung des Hauses, Maria Trump und Imme Heiligendorff. Das Ziel: Die Barrieren für einen Theaterbesuch abzubauen und eine positive erste Erfahrung mit dem Theater zu verbinden. Es geht auch darum, das "innere Ressentiment" (Theaterpädagogin Heiligendorff), Theaterstücke seien schwer zu verstehen, zu überwinden. "Wir wollen am Staatstheater Augsburg vermitteln: Wir sind kein künstlerischer Elfenbeinturm. Theater ist ein Ort des Erlebens und nicht des Verstehens." Die Begegnungsplattform A bietet Programm für Vernetzungsmöglichkeiten. Diese Beteiligungschancen sollen nicht nur an den Spielstätten des Staatstheaters und dem Alten Rockcafé stattfinden, sondern auch in weiteren Orten der Stadt, etwa in Kooperationen. Es geht darum, Theater nahbarer zu machen sowie ein "Gesicht dahinter zu zeigen", so Imme Heiligendorff. 

    Man zahlt, was einem gerechtfertigt scheint

    Mit der Anmeldung für "Never have i ever!" konnte die Vorstellung von "Shockheaded Peter", eine Junk-Oper nach Motiven aus Heinrich Hoffmanns "Struwwelpeter", besucht werden – für einen nicht festgelegten Preis. Stattdessen sollte man als niedrigschwelliges Angebot jenen Preis zahlen, den man konnte oder wollte. Ins Theater zu gehen ist nämlich "oft auch ein Kostenfaktor", so Maria Trump, eine der beiden Initiatorinnen des Projekts. Wer an jenem Tag besonders neugierig war, konnte sich im Rahmen der Aktion ebenfalls für eine Führung hinter die Kulissen anmelden oder einen Workshop zum Stück unter der Leitung von Nicoletta Kindermann besuchen. "Es geht auch darum, mehr Hintergrundwissen zu vermitteln, wie das beim Theater so abläuft", so Maria Trump. Besonders junge Menschen soll das Pilotprojekt des Staatstheaters Augsburgs ansprechen. Ins Theater zu gehen, "das haben in der Kindheit und Jugend vielleicht viele noch nie gemacht", sagt Heiligendorff. 

    Timo, 17 Jahre, war an jenem Abend zum ersten Mal in einem Theater. "Es hat sich für mich noch nie ergeben", erklärt er. Mit Freunden gehe er sonst lieber ins Kino. Für 18-Jährige wird es ab dem zweiten Quartal 2023 den Kulturpass geben, der ein Guthaben von 200 Euro für Kulturveranstaltungen vorsieht. Der noch 17-Jährige kann sich mit diesem Angebot zumindest vorstellen, öfter das Theater aufzusuchen. Wie Timo geht es zunächst vielen jungen Menschen. "Was ich mir wünsche, ist, dass junge Menschen das Theater als ein alltägliches Angebot wahrnehmen", sagt Heiligendorff. Es soll erreicht werden, dass das Theater den gleichen Angebotswert für Heranwachsende schafft wie auch das Kino oder der Club.

    Das Theater will näher an junge Lebenswelten rücken

    Stücke wie "Shockheaded Peter" schaffen jedenfalls die passende Gelegenheit, denn der Saal füllte sich für die Aufführung mit zahlreichen jungen Gesichtern, viele von ihnen gemeinsam mit ihren Schulklassen. Die humorvolle Junk-Oper mit ausgefallenen Kostümen konnte also das junge Publikum unter vielen Lachern begeistern. Aber auch abseits des Martini-Parks wird es im Rahmen des Klima-Festivals vom 28. bis 30. April in Augsburg eine Aftershow-Party im City Club geben, um das Theater erreichbarer für die Lebensrealität von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu gestalten. 

    Und mit "Never have i ever!" macht das Staatstheater einen Schritt in Richtung Öffnung für einen erweiterten Kreis von Besuchern und Besucherinnen. Denn das Angebot scheint von verschiedenen Altersklassen angenommen zu werden. Auch bei Menschen, die Berührungsängste mit dem Theater haben. "Ich wusste bis heute gar nicht, dass hier ein Theater ist", sagt Katharin. Die 29-Jährige hat bei all den Netflix-Angeboten zu Hause einen Theaterbesuch bisher ausgeschlossen. Jedoch: "Mit der Aktion muss ich in Zeiten von Corona nicht darauf achten, ob ich mir das leisten kann oder nicht. Ich finde, das sollten Theater öfter machen. Sonst findet immer ein Aussieben von sozialen Schichten statt", so Katharin.

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