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Foto: Christian Kolbert
Foto: Christian Kolbert

„Es ist schon so, dass der Gregerl brutal gute Offensivqualitäten hat. (..) Aber er fällt auch immer mal wieder dem System zum Opfer“FCA-Trainer Manuel Baum (links) arbeitet am Defensiv-Verhalten von Michael Gregoritsch.

Fußball
18.10.2017

Baum will „Gregerl“ weiter schulen

Von Robert Götz

Der FCA-Trainer versucht Michael Gregoritsch auch die Rolle des defensiven Mittelfeldspielers beizubringen. Damit soll der Offensivspieler flexibler einsetzbar werden

Es lief die 75. Minute in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena als Michael Gregoritsch sein enormes fußballerisches Können zeigte. Der Österreicher im Dienste des FC Augsburg nahm einen weiten Pass von Philipp Max perfekt an, marschierte dann auf Hoffenheims Torhüter Baumann zu und vollendete mit einem unhaltbaren Schuss mit seinem starken linken Fuß ins lange Eck zum zwischenzeitlichen 1:1. Dass der FCA am Ende beim 2:2 einen durchaus verdienten Punkt vom Auswärtsspiel bei der TSG 1899 Hoffenheim mitnehmen konnte, lag zum Großteil an Gregoritsch, denn er hatte den FCA nach dem 0:1 wieder ins Spiel zurückgebracht.

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Einziger Wermutstropfen für den 24-jährigen Offensivspieler – er war erst 13 Minuten vorher für Alfred Finnbogason eingewechselt worden. Aber gerade deshalb hatte Gregoritsch im Sommer den Hamburger SV verlassen und war zum FCA gewechselt. Er wollte mehr als nur den Joker spielen. In zwei Jahren stand er bei 55 Bundesliga-Einsätzen 29 Mal in der Startelf. Das war dem ehrgeizigen Grazer zu wenig.

Deswegen forcierte der österreichische Nationalspieler seinen Wechsel, obwohl ihn die Hanseaten eigentlich gar nicht gehen lassen wollten. „Ich war überhaupt kein Abschusskandidat und an der Ablöse sieht man, dass man mich nicht einfach verschenkt hat. Aber es ist nicht mein Anspruch, nur von der Bank zu kommen, und das habe ich klar und deutlich kommuniziert“, erklärte er bei seinem ersten Interview-Termin nach seinem Wechsel im Trainingslager im Südtiroler Mals.

In Augsburg sah er die größten Chancen, Bundesliga-Stammspieler zu werden. Deshalb sagte er dem SC Freiburg und dem 1. FC Köln ab und wechselte für geschätzte 5,5 Millionen Euro zum FCA und unterschrieb hier einen Vertrag bis 2022. Doch seinen Platz hat Gregoritsch auch unter Trainer Manuel Baum noch nicht so richtig gefunden. Zwar stand er bei fünf von acht Spielen in der Startelf, doch den Schlusspfiff erlebte er auf dem Platz bisher noch nicht.

Gregoritsch hat nach vorne oft geniale Momente, wie in Hoffenheim oder bei seinem ersten Saisontreffer, dem Siegtor beim 1:0 gegen RB Leipzig. Doch in der Defensivarbeit ist er oft noch zu nachlässig.

Und gerade da sind auf seinen Positionen, der klassischen Mittelstürmerrolle (Neuner) oder dem offensiven Mittelfeldplatz als Zehner, die Konkurrenten noch zuverlässiger. Alfred Finnbogason ist als zentraler Stürmer derzeit gesetzt und im Mittelfeld muss sich Gregoritsch jede Woche gegen Ja-Cheol Koo und Sergio Cordova durchsetzen. Alles Spieler, die enorm nach hinten arbeiten. Deshalb will der Pädagoge Baum Gregoritsch auch weiter schulen. „Wir versuchen, ihm noch eine dritte Rolle anzueignen. Es ist schon so, dass der Gregerl brutal gute Offensivqualitäten hat. Man hat das bei dem Tor gesehen. Das war eine sensationelle Ballan- und -mitnahme und dann ein super Schuss. Aber er fällt auch immer mal wieder dem System zum Opfer.“

Und deshalb versuchen Baum und sein Trainerteam jetzt auch, ihm das Verteidigen aus der Tiefe beizubringen, um ihn flexibler einsetzen zu können. „Theoretisch kann er dann auch aus der Sechserposition spielen.“ Aber das sei ein anderer Pressing-Weg von hinten nach vorne, „als bei einem Stürmer, der eher nur zum Lenken da ist und seitlich presst“. An dem will Baum weiter mit Gregoritsch arbeiten und der will das auch. „Mit der Aufgabenstellung ist er zu uns gekommen. Er hat gesagt, er will sich da verbessern, damit er da flexibler wird.“

Baum fällt es schwer, Gregoritsch notfalls draußen zu lassen, wenn es taktisch notwendig ist. Wie Gregoritsch damit umgeht, gefällt ihm aber: „Ich finde es gut, dass er es akzeptiert. Natürlich zähneknirschend, das ist auch in Ordnung. Aber wie er derzeit reagiert, wenn er reinkommt, ist super. Wer weiß, wie es gegen Hannover aussieht.“

Wohl gut. Denn für Sergio Cordova kommt das Heimspiel gegen den Aufsteiger am Samstag (15.30 Uhr) zu früh. Obwohl der Venezolaner, dem bei der WM-Qualifikation am linken Sprunggelenk ein Außenband riss, gestern überraschend erste Gehversuche unternahm, wird er noch länger fehlen. „Er hat ein bisschen versucht zu laufen, aber er hatte noch Schmerzen.“ Baum glaubt nicht an ein schnelles Comeback. „Bis das richtig ausgeheilt ist, dauert es fünf bis sechs Wochen.“ Zwar kann man das Gelenk durch einen Tape-Verband stützen, doch Baum ist skeptisch: „Die Frage ist bei einem jungen Spieler, wie sinnvoll so etwas ist. Wenn die Bänder ausgeleiert werden und du dann immer wieder Probleme bekommst, ist es auch nichts.“

Gut verlaufen ist hingegen die Operation von Martin Hinteregger. Ihm wurde am Montag in der Hessingpark-Clinic ein kleiner Knochen aus dem rechten Sprunggelenk entfernt, der sich immer wieder entzündet hatte. Wie lange der Österreicher fehlen wird, konnte Baum gestern noch nicht sagen: „Es kommt aufs Heilfleisch an. Ich hoffe, Österreicher haben ein gutes.“

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