Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

Segeln: Runter vom Wasser, ab nach Hause

Segeln

Runter vom Wasser, ab nach Hause

    • |
    Philipp Autenrieth (links) und sein Kollege Simon Diesch auf dem Wasser. Dieses Bild entstand vor einem Jahr auf Mallorca. Nun ist auf der spanischen Insel die Weltmeisterschaft abgesagt worden. Die Segler sind daraufhin schnell in ihre Heimatländer abgereist.
    Philipp Autenrieth (links) und sein Kollege Simon Diesch auf dem Wasser. Dieses Bild entstand vor einem Jahr auf Mallorca. Nun ist auf der spanischen Insel die Weltmeisterschaft abgesagt worden. Die Segler sind daraufhin schnell in ihre Heimatländer abgereist. Foto: Lars Wehrmann, GST

    Von Corona-Absagen betroffen sind inzwischen auch die Segler. Die internationalen Regatten in Mallorca und Genua sind abgesagt. Betroffen ist auch der Augsburger Philipp Autenrieth, der diese Woche mit Simon Diesch (Friedrichshafen) bei der Weltmeisterschaft der olympischen 470er-Jollen segeln wollte.

    Für Montag waren die ersten Wettfahrten der WM geplant. Auf der Meldeliste standen 70 Männer- und Mixed-Teams sowie 33 Frauen-Teams. Die meisten dieser Crews hielten sich seit Wochen zur Vorbereitung in Arenal am östlichen Ende der Bucht von Palma de Mallorca auf. Am vergangenen Donnerstag waren die deutschen Segler für zwei Stunden Training auf dem Wasser. „Als wir zurückkamen, waren alle schon beim Einpacken“, schilderte Philipp Autenrieth. Corona war längst das Hauptthema der Segler dort. Doch bis dahin war nur bekannt, dass der World Cup ab dem 11. April in Genua (Italien) auf einen unbestimmten Termin verschoben werden muss. Für die WM standen die Signale noch auf Grün. Denn Zuschauer haben die Segler nur wenige, Körperkontakt mit anderen Teams auf dem Regattakurs in der Regel auch nicht. Mallorca hatte bis dahin auch relativ wenige Fälle für Spanien.

    Die Absage der WM kam daher für die Segler noch überraschend, sie erfolgte auf Geheiß der balearischen Behörden. Offiziell ist sie verschoben, noch nicht endgültig abgesagt. Doch einen neuen Termin zu finden, wird nicht einfach. Die ab dem 25. März geplante Regatta „Trofeo Princesa Sofia“ für alle olympischen Klassen, ebenfalls in der Bucht vor Palma, ist dagegen ersatzlos abgesagt.

    Am Freitagnachmittag sagte Philipp Autenrieth noch: „Wir bleiben jetzt erst einmal auf Mallorca. Die Segelbedingungen hier sind ideal.“ Für sie und die anderen deutschen Segler gilt es, den Spannungsbogen trotz geplatzter Saison-Höhepunkte aufrechtzuhalten. Denn das Ziel Tokio 2020 steht unverändert. Beim Training in der Bucht von Palma wäre die Gefährdung nicht höher gewesen, schließlich kommt man sich beim Segeln nicht näher als wie in zwei aneinander vorbei fahrenden Straßenbahnen. „Wir entscheiden von Tag zu Tag“, ergänzte Philipp Autenrieth.

    Doch dieser Plan hatte nur 24 Stunden Bestand. Als am Samstagabend klar wurde, dass über ganz Spanien eine Ausgangssperre verhängt werden soll, packten die deutschen 470er-Segler doch eilends alles zusammen, verluden das ganze Material auf den Anhänger und machten sich nachts auf den Heimweg. „Die Fähre war voll mit Booten und Seglern“, so Philipp Autenrieth. In den Morgenstunden erreichten sie das Festland.

    Die Fahrt am Sonntagmorgen um 8 Uhr durch Barcelona verlief ebenfalls ungewohnt. „Wir haben bis zum Ortsausgang niemanden auf der Straße gesehen“, beobachtete der Augsburger. Auf der spanischen Autobahn waren nur noch Gespanne unterwegs, die zuvor auch auf der Fähre waren. In Frankreich herrschte normaler Sonntagsverkehr. Um nicht noch weitere Probleme zu bekommen, vermieden sie die kürzere Route durch die Schweiz, fuhren stattdessen bei Freiburg zurück nach Deutschland: „Es war zwar eine Polizeikontrolle, aber wir sind noch gut durchgekommen“, so Autenrieth. Am Montagvormittag waren beide dann zu Hause, Simon Diesch am Bodensee und Philipp Autenrieth in Augsburg.

    Die Situation für die deutschen 470er-Segler ist jetzt besonders prekär. Während in anderen olympischen Klassen die deutschen Segler für Olympia bereits feststehen, waren genau die nun geplatzten drei Events als Ausscheidung für die 470er-Jollen vorgesehen. Der Deutsche Segler-Verband arbeite an einer Lösung, teilte dieser mit. Dazu kommt: Die deutschen 470er-Frauen haben bereits ihr Nationenticket geholt, sind also in Tokio dabei. Bei den Männern fehlt diese Startberechtigung noch. Der World Cup in Genua sollte ein Qualifikations-Event für Europa sein. Simon Diesch und Philipp Autenrieth konnten und können sich immer noch gute Chancen auf eine Olympia-Teilnahme ausrechnen. Seit Monaten waren sie die beste deutsche 470er-Mannschaft – und Deutschland wäre der Nachrücker, wenn ein Platz nicht besetzt wird oder der World Cup gar nicht mehr gesegelt werden kann.

    Zumal ohnehin noch nicht klar ist, ob die Olympischen Spiele überhaupt stattfinden. In der Familie Diesch gibt es eine bemerkenswerte Parallele zu den aktuellen Ereignissen: Eckart Diesch, der Vater von Simon, war mit seinem Bruder Jörg 1976 Olympiasieger in der FD-Jolle. Die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1980 hatten sie auf der Ostsee gerade klar für sich entschieden. Als sie freudestrahlend an den Strand kamen, erhielten sie die Nachricht, dass sich Deutschland dem politischen Boykott der Spiele von Moskau anschließen würde.

    Im Podcast „Augsburg, meine Stadt“ spricht Philipp Autenrieth über die Leidenschaft fürs Segeln, seinen Weltmeister-Titel und über Haie am Boot.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden