
Hohe Zinsen, teure Baustoffe: Die Zahl der Baugenehmigungen sinkt

Plus Deutschland braucht Wohnungen – doch statt mehr werden weniger gebaut. Woran das liegt und warum es sich nicht so schnell ändern dürfte.

Wohnraum ist knapp, deswegen sollen mehr Wohnungen gebaut werden. Eigentlich. Die Bundesregierung will erreichen, dass pro Jahr 400.000 neue Wohnungen in Deutschland entstehen. Eigentlich. Tatsächlich ist das Bauministerium 2022 an diesem Ziel krachend gescheitert. Und es ist unwahrscheinlich, dass die Regierung das Ziel so bald erreicht. Denn statt mehr entstehen weniger neue Wohnungen.
"Bundesweit waren es 2022 etwa 280.000 Wohnungen. Und für dieses Jahr rechnen wir nur noch mit 245.000." Das sagt Andreas Demharter, Hauptgeschäftsführer vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen. Dass die Zahl der neuen Wohnungen sinken dürfte, lassen auch die Baugenehmigungen vermuten. Die sind so etwas wie die Früherkennung in der Baubranche – was gebaut wird, muss zuerst genehmigt werden. Die Zahl war einige Jahre gestiegen, zuletzt ist sie beträchtlich gesunken: Im Januar 2023 wurden in Deutschland ein Viertel weniger Wohnungen genehmigt als im Januar 2022. Zum Jahresbeginn war der Rückgang besonders extrem, doch auch über das komplette Jahr 2022 gab es fast sieben Prozent weniger Baugenehmigungen – das entspricht einem Minus von etwa 26.400 Wohnungen.
Ein Grund für den Rückgang der Baugenehmigungen ist Russlands Angriffskrieg
Auch in Bayern gibt es einen klaren Rückgang, wenn auch mit 4,6 Prozent nicht ganz so extrem wie im Bundestrend. Die Zahlen seien "erschreckend", sagt Demharter. Das Bündnis "Soziales Wohnen" hat kürzlich eine Studie vorgelegt, derzufolge bereits jetzt 700.000 Wohnungen fehlen – insbesondere im unteren Preissegment. Wenn sich nichts ändere, dürfte sich das Problem immer weiter verschärfen.
Die Menschen brauchen mehr Wohnungen, die Politik will mehr Wohnungen und auch die Bauwirtschaft würde gerne mehr bauen. Warum gibt es dann weniger Bauanträge? Das hängt unter anderem mit dem Krieg in der Ukraine und seinen Folgen zusammen, erklärt Demharter.
Denn Bauen wird teurer. Schon vor Russlands Angriffskrieg stiegen die Preise für Baustoffe, doch im vergangenen Jahr haben sich die Kosten extrem erhöht. Insbesondere Baustoffe, deren Herstellung energieintensiv ist, sind stark im Preis gestiegen, etwa Stahl und Glas.
Im Bauhauptgewerbe lägen die Preissteigerungen im vergangenen Jahr bei gut 16 Prozent, so Demharter. Und auch alle anderen Bereiche des Hausbaus seien betroffen. "Vom Rohbauer über den Sanitärer, Maler, Elektriker, Dachdecker, Zimmerer, bauen an einem Haus zig Gewerke mit", erklärt Demharter. "Und bei fast allen sind die Preissteigerungen in etwa in dieser Größenordnung."
Die Folge? "Die großen gewerblichen Investoren legen seit der zweiten Jahreshälfte 2022 keine neuen Projekte mehr auf", sagt Demharter. "Da kommt nur das, was schon so weit in Planung war, dass man es nicht mehr stoppen konnte."
Steigende Bauzinsen machen die Finanzierung für Privatleute deutlich teurer
Neben den Unternehmen sind private Häuslebauer von einer zweiten Auswirkung des Krieges stark betroffen. Für einen Hausbau müssen sie in der Regel einen Kredit aufnehmen. Und auch hier haben sich die Bedingungen, seit Russland die Ukraine überfallen hat, deutlich verschlechtert. Denn infolge der hohen Inflation stiegen die Zinsen. Der Jahreszins für einen Baukredit liegt laut dem Münchner Kreditvermittler Interhyp aktuell bei etwa vier Prozent, bei einer Laufzeit von zehn Jahren. Anfang 2022 lag er noch bei etwa einem Prozent.
Die deutlich teurere Finanzierung macht es für Privatleute schwerer, ein Bauprojekt zu stemmen. Dementsprechend ist besonders der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern eingebrochen. Es gebe da aber noch einen anderen Effekt, betont Demharter: 2021 wurden besonders viele Bauanträge für Einfamilienhäuser eingereicht und genehmigt, weil das Baukindergeld auslief. Um noch in die Förderung zu fallen, seien sicherlich einige Projekte vorgezogen worden.
Demharter vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen kritisiert fehlende Förderungen
Eine derartige Förderung gibt es, trotz des 400.000-Wohnungen-Ziels der Bundesregierung, aktuell nicht. Demharter kritisiert das. "Bauen wird immer teurer. Die Zinsen für Baudarlehen werden immer höher. Und gleichzeitig fährt die Bundesregierung die Förderung runter – und sagt, sie will 400.000 neue Wohnungen bauen. Das passt nicht zusammen."
Ein Problem ist, dass Neubauten tendenziell schlecht für die CO2-Bilanz sind. "Die Bundesregierung muss sich ehrlich machen", fordert Demharter. Wenn sie aus Klimaschutzgründen statt in Neubauten nur noch in den Bestand investiert wolle, müsse sie ihr 400.000-Wohnungen-Ziel canceln. "Und sie muss die Frage beantworten, wie sie künftig bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen will."
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Mal sehen, wer dieses Jahr am Verfehlen der Ziele dieser unfassbaren Regierung schuldig gemacht wird.
Zur Not einfach noch mal Putin. Die falsche Politik kann es ja nicht sein. Die Ampel-Regierung ist in ihrem Handeln unfehlbar.